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sen, er solle sich nicht so anstellen. »Und<br />
dass es da um sehr viel Geld geht.«<br />
»Wie war denn sonst ihr Verhältnis zu<br />
dem Jungen?«, erkundigt sich der Vorsitzende.<br />
»Sie war mit ihm überfordert«, sagt<br />
Christian L. Das Kind habe die Nähe der<br />
Mutter gesucht, sie umarmt, aber sie habe<br />
ihn immer in sein Zimmer geschickt, ihm<br />
keine Liebe gezeigt.<br />
Ihn hingegen habe Berrin T. bedient<br />
und bemuttert: »Wenn ich einen Kaffee<br />
wollte, ist sie gerannt.« Als das Familiengericht<br />
L. verbot, ihre Wohnung zu betreten,<br />
ließ sie ihm mit dem Taxi Essen bringen.<br />
Geld genug war ja da.<br />
In den Akten findet sich ein Chatverkehr,<br />
darin bringt Christian L. Berrin T.<br />
dazu, ihm Zugang zu der dreijährigen<br />
Tochter einer Bekannten zu verschaffen,<br />
auf die Berrin T. gelegentlich aufpasste.<br />
Anfangs schreibt sie über den geplanten<br />
Missbrauch: »Sehen will ich das nicht, und<br />
meiner (ihr Sohn –Red.) ist tabu.« Dann:<br />
»Ich mach das nur für dich. Hast du gedacht,<br />
dass mal jemand so hinter dir<br />
steht?« Am Ende vergeht sie sich laut Anklage<br />
als Erste an dem weinenden Kind,<br />
damit er es leichter hat. Sie schreibt ihm:<br />
»Hey, pass morgen auf, dass man an der<br />
Kleinen äußerlich nichts sieht, an den Händen<br />
oder so.«<br />
Die Staatsanwältin zweifelt an Berrin<br />
T.s Opfergeschichte: Wenn es stimmt, dass<br />
sie alles nur unter dem Druck ihres Lebensgefährten<br />
tat, fragt <strong>No</strong>vak, warum<br />
sieht man sie dann in den Videoausschnitten<br />
so mitleidlos agieren? »Wir erkennen<br />
bei ihr keinerlei Empathie«, hält die Staatsanwältin<br />
Christian L. vor. »Sie sieht doch,<br />
wie das Mädchen weint, als sie es vorbereitet<br />
auf den Analverkehr mit Ihnen, und<br />
wie sie es Ihnen dann überlässt, mit Handschellen.«<br />
In einem anderen Video sieht man Berrin<br />
T.s Sohn an Händen und Füßen ans<br />
Bett gefesselt, die Augen verbunden, sie<br />
macht sich mit einem Dildo an seinem Genitalbereich<br />
zu schaffen, beschimpft ihn<br />
mit despektierlichen Worten, er weint,<br />
sagt, es tue ihm weh. Da fährt sie ihn an:<br />
»Halt den Mund.«<br />
»Gab es Drehbücher für diese Übergriffe?«,<br />
will <strong>No</strong>vak wissen. Christian L. nickt.<br />
Er habe ihr geschrieben, was sie tun und<br />
mit welchen Worten genau sie das Kind<br />
dabei beschimpfen sollte. »Aber ›Halt den<br />
Mund‹ war nicht von mir vorgegeben.«<br />
Die Frage ist, wie viel Eigeninitiative<br />
sonst noch von Berrin T. ausging.<br />
Christian L. hat vor Gericht den Verdacht<br />
geäußert, er sei womöglich nicht der<br />
Erste gewesen, der das Kind missbrauchte.<br />
»Sie haben auch mal gesagt, sie hätte<br />
selbst Interesse gehabt, das auszuprobieren«,<br />
erkundigt sich die Anwältin des Jungen.<br />
»Halten Sie daran fest?« – »Das hat<br />
sie so gesagt, aber wahrscheinlich nur, um<br />
mir zu imponieren.«<br />
Christian L. zufolge war Berrin T. erst<br />
von 2016 an aktiv am Missbrauch ihres<br />
Kindes beteiligt. Auf ihrem Handy fand<br />
die Polizei ein Video, auf dem der nackte<br />
Unterleib des Kindes zu sehen ist und eine<br />
weibliche Hand in Aktion, mit den Ringen<br />
von Berrin T., Zeitstempel: Mai 2015.<br />
Christian L. wirkt irritiert: »Das Video<br />
kenne ich nicht.«<br />
Wegen eines anderen Videos, das wieder<br />
Berrin T. mit dem Jungen zeigt, bittet<br />
der Vorsitzende Richter einen Ermittler<br />
um seine Einschätzung: »Ich meine <strong>vom</strong><br />
Hören her, dass sie zum Orgasmus kommt<br />
vor dem Kind«, sagt der Richter. <strong>Der</strong> Ermittler<br />
teilt den Eindruck.<br />
Und Christian L.? An seinem Platz auf<br />
der Anklagebank sieht man ihn unwill -<br />
kürlich nicken.<br />
Berrin T. schweigt dazu.<br />
An der Universität Regensburg läuft<br />
noch die Auswertung von Daten aus dem<br />
»Mikado«-Projekt zur Erforschung des sexuellen<br />
Kindesmissbrauchs im Dunkelfeld,<br />
im Zentrum die Frage, wie man solche<br />
Straftaten verhindern kann. Mehr als ein<br />
Dutzend Studien flossen hier bis 2015 zusammen,<br />
beauftragt und gefördert <strong>vom</strong><br />
Bundesfamilienministerium. Keine einzige<br />
davon beschäftigt sich explizit mit Täte-<br />
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