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Der Spiegel Magazin No 32 vom 04. August 2018

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Ausland<br />

ADAM DEAN / DER SPIEGEL<br />

Touristen in Angkor Wat: »Wir staunen, wie arm es hier ist«<br />

Die Übernahme<br />

Kambodscha Premier Hun Sen hat einen Traum: Er will bis zum Jahr 2020<br />

rund zwei Millionen chinesische Gäste anlocken. Rund um die<br />

weltberühmte Tempelanlage Angkor Wat hat China sein Land bereits in der Hand.<br />

J<br />

eden Morgen um sieben Uhr, wenn<br />

sich die Sonne aus den Wolken<br />

schält und die Europäer ihre letzten<br />

Fotos vor der Silhouette von Angkor<br />

Wat schießen, legt sich über das Plätschern<br />

der Stimmen im Dschungel ein dröhnendes<br />

Brummen. Jeder Händler an den Rändern<br />

von Siem Reap im <strong>No</strong>rdwesten Kambodschas<br />

weiß, was das heißt: Die Reisebusse<br />

der Chinesen rollen an.<br />

Gegen halb acht drängen sich Hunderte<br />

Chinesen vor der Tempelanlage, darunter<br />

23 Touristen aus Guangzhou, mit<br />

Hut und surrendem Handventilator. Sie<br />

versammeln sich um ihren Reiseleiter<br />

Dara Say*, einen Kambodschaner mit<br />

wachem Blick und breitem Silberring, der<br />

die Reisenden aus Guangzhou für die<br />

kommenden fünf Tage begleiten wird.<br />

Er erklärt ihnen durch ein knarzendes<br />

* Name geändert.<br />

Mikrofon, dass Angkor Wat im zwölf -<br />

ten Jahrhundert gebaut worden sei, als<br />

die Macht des Khmer-Reichs auf ihren<br />

Höhepunkt zustrebte. »Ein Wunder!«,<br />

ruft Say.<br />

Aber die Chinesen hören ihm nicht zu.<br />

Sie sind mit ihren Smartphones beschäftigt.<br />

Fotografieren einen See. Fotografieren<br />

einander. Machen Selfies.<br />

Einer von ihnen, Liu Jianxi, ein 41-jähriger<br />

Medizintechniker in orangefarbener<br />

Jacke, tritt hervor. »Meine Frau und ich<br />

reisen zum ersten Mal ins Ausland«, sagt<br />

er. »Freunde haben uns Kambodscha empfohlen.<br />

Wir staunen, wie arm es hier ist.<br />

Für fünf Tage haben wir nur 900 Dollar<br />

bezahlt.«<br />

Früher einmal war Siem Reap ein<br />

Dschungelnest mit sandigen Pisten, um -<br />

geben von Landminen, in das sich nur<br />

interessierte Kulturreisende verirrten.<br />

Heute ist die 200 000-Einwohnerstadt das<br />

Ziel von Zehntausenden chinesischen<br />

Touristen. Am Stadtrand stehen immer<br />

noch ärmliche Hütten, in der Innenstadt<br />

aber sprießen Hotels aus dem Boden,<br />

warten Heere von Tuk-Tuk-Fahrern, Tische<br />

für riesige Gruppen stehen in der<br />

Partymeile bereit. Hier werden täglich<br />

Tausende Besucher aus China durch -<br />

geschleust.<br />

Rund 5,6 Millionen Reisende haben<br />

Kambodscha im vergangenen Jahr besucht;<br />

darunter 1,2 Millionen Chinesen.<br />

Bis 2020 sollen es zwei Millionen werden,<br />

so lautet die Vision der kambodschanischen<br />

und der chinesischen Regierung. Seit<br />

ein paar Jahren haben Reiseagenturen für<br />

Chinesen große Teile der Stadt übernommen<br />

und wetteifern hier um Profit.<br />

Das entspricht den Wünschen des Premiers<br />

Hun Sen und seiner immer autokratischer<br />

agierenden Regierung. <strong>Der</strong> 65-Jährige,<br />

seit 33 Jahren an der Macht, ließ sich<br />

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