3-20_DER_Mittelstand_web
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108 KULTUR<br />
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 3 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
KLARTEXT<br />
Erster-sein in Zeiten von Corona<br />
Wer als Erster lächelt, als Erster grüßt, als Erster die Arme<br />
öffnet, hat allerbeste Laune und ein spektakuläres Leben.<br />
Doch was tun in diesen Zeiten, wenn wir maskiert durch die<br />
Gegend und in Läden laufen?<br />
Ich praktiziere dieses Erster-sein ja schon eine ganze Weile. Meine<br />
Erfahrung: Es funktioniert, Fratzen werden für einen Moment zu<br />
Freunden. Durch geschlossene Autofenster, mit Kopftuch oder Basecap,<br />
bei alten Überkämmern und jungen Übermütigen – ab dem<br />
zweiten Mal ist es einfach und macht so viel Freude.<br />
Erster-sein gehört also zu den kleinen Bessermachtipps, neudeutsch<br />
Life-Hacks. Doch was, wenn unser Mund hinter einer FFP-1-Maske<br />
verschwindet? Hier gibt es zwei offensichtliche Auswege: Man bitte<br />
sein Kind, einen dicken Smiley- oder Clownmund auf die Maske zu<br />
malen. Alternativ hilft Vertrauen auf die Ausstrahlung und die eigenen<br />
Augen. Denn wenn wir lächeln, verändern sich unsere Augen, unser<br />
Blick, unsere Haltung. Einfach mal im Supermarkt ausprobieren,<br />
klappt prima – bloß weil wir Masken tragen und jeder eine potenzielle<br />
Virenbombe ist, müssen wir noch lange nicht unfreundlich miteinander<br />
umgehen, oder?<br />
Vielen kommt dieses Masken tragen noch sehr fremd vor. Da hilft<br />
der Blick nach Asien: Bereits in den 1980ern bin ich selbst mit Gaze-Maske<br />
durch Tokio gejoggt – hinterher war die Maske außen<br />
schwarz vor lauter Dreck in der Luft. In Asien ist es seit Jahrzehnten<br />
eine Selbstverständlichkeit, in der (überfüllten) Öffentlichkeit eine<br />
Maske zu tragen, um sich selbst vor dem Dreck in der Luft und andere<br />
vor den eigenen Erregern zu schützen. Letzteres gilt dort als Akt<br />
der Höflichkeit.<br />
Aber das Thema ist kein rein privates, der Ansatz lässt sich nahtlos<br />
ins Professionelle übertragen: Wenn ein Unternehmen einem Kunden<br />
eine Mail schickt – ist es nicht ein Mensch, der einem Menschen<br />
begegnet? Wenn in einer Bedienungsanleitung steht, wie ich dieses<br />
verflixte Regal zusammenschrauben soll – ist es nicht ein Mensch,<br />
der einem anderem Menschen helfen will? Wenn auf einer Webseite<br />
steht, was eine Firma so alles hat, kann und will – ist es nicht ein<br />
Mensch, der von einem anderen Menschen dafür gemocht werden<br />
will, wie er ist?<br />
Was passiert wohl mit der Kommunikation eines Unternehmens,<br />
vom Gemüsehändler an der Ecke bis zum Weltkonzern, wenn an allen<br />
wichtigen Schnittstellen zu jenen Menschen, die Freunde dieses<br />
Unternehmens sein sollen (manche nennen sie auch Kunden), Menschen<br />
sitzen, die Erster sein wollen, die lächeln?<br />
Menschen spüren das.<br />
Erster-sein ist der Zaubertrank der Kundenkommunikation. Erstersein<br />
ist eine Haltung, eine Entscheidung, wie ich anderen Menschen<br />
begegnen möchte. Mit Maske und ohne.<br />
Guido Augustin<br />
Geschäftsführer Cornelia Augustin Home Staging<br />
www.cornelia-augustin.de