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98 BVMW<br />
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 3 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
Die Inklusion als Chance genutzt<br />
Wenn Unternehmen nach Fachkräften suchen, sollten sie auch an Menschen mit Einschränkungen<br />
denken. Inklusion hat mehrere Vorteile: Unternehmen können damit qualifizierte Fachkräfte<br />
gewinnen, und gleichzeitig normalisiert sich unser aller Zusammenleben durch diese Begegnungen<br />
im Arbeitsalltag.<br />
Im Gewerbegebiet Weimar-Legefeld ist der Sitz der Drinks Union<br />
Deutschland GmbH. Von hier aus verkaufen zwölf Mitarbeiter<br />
tschechisches Bier wie Březňák, Krušovice und Zlatopramen an<br />
alle Handelsketten in ganz Deutschland. Als Tochter der Heineken<br />
Česká republika, a. s. gehört das Unternehmen zum zweitgrößten<br />
Bierkonzern der Welt. Seit 22 Jahren sind die Mitarbeiter auf einem<br />
sehr umkämpften Markt tätig. Die Stimmung im Büro ist familiär. „In<br />
unserem Team gibt es vier Kollegen, die das Leben schwer getroffen<br />
hat. Entweder leiden sie unter einer starken Behinderung oder an den<br />
Folgen einer schweren Erkrankung. Wir haben ihnen eine berufliche<br />
Chance gegeben. Sie sind aufgeblüht, denn hier merken sie, dass sie<br />
mit ihren Qualifikationen gebraucht werden“, sagt Geschäftsführerin<br />
Heike Winter.<br />
Einer von ihnen ist der 40-jährige André Seidel. Seit fünf Jahren ist<br />
der gelernte Bürokaufmann im Unternehmen und kümmert sich um<br />
die Rechnungen, den Zoll, die Werbung sowie die IT-Technik. Den<br />
Einstieg ins Unternehmen hat die Arbeitsagentur Erfurt im Rahmen<br />
eines Praktikums vermittelt. „Weil er so unglaublich schüchtern war,<br />
kam er mit seiner Mutter zum Vorstellungsgespräch. Nach kurzer<br />
Zeit habe ich seine Begabung für die Technik entdeckt. Jetzt managt<br />
er unsere Computertechnik. André ist viel selbstbewusster geworden,<br />
seitdem er hier arbeitet, er geht auf andere Menschen zu und<br />
macht Dienstreisen im In- und Ausland“, erzählt Winter. Nur ein höhenverstellbarer<br />
Tisch und ein spezieller Bürostuhl lassen erahnen,<br />
dass er ein starkes Rückenleiden hat.<br />
Im Büro gegenüber sitzt Kathrin Bergter. Die studierte Finanzwirtin<br />
ist stark sehbehindert, was in der Vergangenheit immer wieder ein<br />
Einstellungshindernis war. Bei der Drinks Union ist sie seit Juni <strong>20</strong>17<br />
gemeinsam mit einer Kollegin für die Buchhaltung verantwortlich.<br />
Um diese Tätigkeit auszuüben, hat sie verschiedene Hilfsmittel erprobt<br />
und herausgefunden, welche zu ihr passen. Am besten kommt<br />
sie mit dem Bildschirmlesegerät zurecht. Wie mit einer Lupe wird ihr<br />
André Seidel und Kathrin Bergter am Arbeitsplatz mit Bildschirmlesegerät.<br />
kleine Schrift direkt auf dem Computermonitor angezeigt. Auf dem<br />
Tisch liegt eine Tastatur mit übergroßen Buchstaben. Bezahlt hat die<br />
Hilfsmittel das Integrationsamt. „Damit kann ich ganz normal arbeiten<br />
und auch die kleinsten Texte lesen. Ich bin endlich beruflich gefordert<br />
und fühle mich hier sehr wohl“, freut sich die junge Frau.<br />
Zufrieden ist auch die Geschäftsführerin: „Wir brauchten qualifizierte<br />
Mitarbeiter. Da spielte eine Behinderung keine Rolle. Natürlich muss<br />
man sich auf die Menschen und ihre Bedürfnisse einlassen. Und zu<br />
Beginn dauern die Abläufe erstmal länger. Doch wir haben vier sehr<br />
gute Mitarbeiter gefunden, die unser Team komplett gemacht haben<br />
– wie bei einem Puzzle, in dem genau diese Stücke gefehlt haben“,<br />
zieht Winter einen Vergleich heran.<br />
Drinks Union Deutschland GmbH<br />
Gründung: 1998<br />
Firmensitz: Weimar-Legefeld<br />
Geschäftsführerin: Heike Winter<br />
Mitarbeiter: 12<br />
BVMW-Mitglied<br />
www.drinksunion.de<br />
Ringo Siemon<br />
BVMW Pressesprecher Thüringen<br />
ringo.siemon@bvmw.de<br />
Foto: © Lydia Schöller; Reimond Munschke