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88 SERVICE<br />
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 3 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
Aktien:<br />
Bärenmarkt oder Korrektur?<br />
Wer in Aktien investiert, macht gerade eine schwierige Phase durch. Das liegt auch an der<br />
Unsicherheit, welches Phänomen wir an den Märkten momentan erleben. Ein Blick auf die<br />
klassischen Zykluserscheinungen kann bei der Einordnung helfen.<br />
Die Kursbewegungen der vergangenen drei Monate entsprechen<br />
im Prinzip den Eigenschaften einer Korrektur: ein plötzlicher<br />
Eintritt, hochgradige Volatilität und sehr emotionales<br />
Anlegerverhalten. Da die Märkte um mehr als <strong>20</strong> Prozent im Vergleich<br />
zum letzten Hochpunkt gesunken sind, ist es daher verständlich,<br />
von einem Bärenmarkt zu sprechen. Allerdings starten Bärenmärkte<br />
selten mit einem großen Knall, sondern zeichnen sich durch<br />
eine langsame Abwärtsbewegung über einen längeren Zeitraum aus.<br />
Eine Sondersituation mit offenem Ausgang<br />
In den meisten Fällen liegt die Ursache für Bärenmärkte im Verschwinden<br />
jeglicher negativer Marktstimmung begründet. Nun gab<br />
es vor dem Corona-Ausbruch keinerlei Anzeichen für euphorisches<br />
Anlegerverhalten, dieser Faktor kann also aus der Gleichung gekürzt<br />
werden. Zutreffender verhält es sich mit der zweiten Ursache, dem<br />
Keulenschlag: eine negative Überraschung mit dem Potenzial, das<br />
globale BIP um mehrere Billionen US-Dollar zu erleichtern. Welches<br />
Ausmaß der durch das Virus verursachte Wirtschaftsabschwung annehmen<br />
wird, bleibt abzuwarten. Die derzeitige Lage an den Aktienmärkten<br />
ist speziell und kann noch nicht mit völliger Klarheit einem<br />
bestimmten Phänomen zugeordnet werden. Bleibt der wirtschaftliche<br />
Lockdown noch länger bestehen, können sich die Anzeichen für<br />
einen klassischen Bärenmarkt verstärken. Wird das Virus hingegen<br />
zügig eingedämmt, kann eine rasche Erholungsphase schneller einsetzen,<br />
als es viele Marktteilnehmer für möglich halten.<br />
Emotionale Reaktionen erhöhen das Verlustrisiko<br />
Innerhalb des Bärenmarktterrains ist es nicht empfehlenswert, den<br />
exakten Tiefpunkt timen zu wollen. Die sich anschließende Erholungsbewegung<br />
verläuft in der Regel ähnlich dynamisch wie vorangegangene<br />
Kursverluste. Für die aktuelle Situation heißt das: Vollführt<br />
der Markt eine schnelle V-Bewegung, könnten am Seitenrand stehende<br />
Anleger große Teile der Marktrendite verpassen. Bei einem Lockdown<br />
auf unbestimmte Zeit – ein eher unwahrscheinliches Szenario<br />
– kann eine tiefe Rezession folgen, die eine zeitweise defensive Umschichtung<br />
des Portfolios sinnvoll macht. Aktuell durchleben Anleger<br />
eine sehr emotionale Marktphase, in der es festzuhalten gilt: Wer die<br />
dynamische Erholung auf eine kräftige Korrektur oder einen Bärenmarkt<br />
verpasst, gefährdet seine langfristigen Anlageziele. Der beste<br />
Ratgeber heißt jetzt Geduld und Ruhe. Auf lange Sicht geht es immer<br />
nach oben – Bullenmärkte sind stets stärker und währen länger.<br />
Gut zu wissen<br />
Anleger können sich über den aktuellen Aktienkurs auf den gängigen<br />
Plattformen wie beispielsweise www.onivista.de oder www.finanzen.net<br />
informieren. Inhaltlich sind besonders die Artikel des Handelsblatts zu<br />
empfehlen. Auf www.handelsblatt.com wird unter dem Reiter „Finanzen“<br />
täglich eine aktuelle Einschätzung der Märkte getroffen.<br />
Torsten Reidel<br />
Geschäftsführer Grüner Fisher Investments<br />
BVMW-Mitglied<br />
www.gruener-fisher.de<br />
Foto: © Lightspring von www.shutterstock.com