3-20_DER_Mittelstand_web
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
12 DEUTSCHLAND<br />
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 3 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
Gesundheitspolitik<br />
im Kreuzfeuer<br />
Sind die aktuellen Maßnahmen und Einschränkungen aus medizinischer Sicht notwendig? Darüber<br />
sprachen Professor Dr. Klaus Püschel, Direktor des Instituts für Rechtsmedizin des Universitätsklinikums<br />
Hamburg-Eppendorf, und der Mikrobiologe Professor em. Dr. Sucharit Bhakdi, Professor<br />
der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, im Webinar, das Mitte April stattfand. Das Interview<br />
führte Senator h.c. Dr. med. Hans-Joachim Petersohn, Vorsitzender der Kommission Gesundheit<br />
des BVMW.<br />
Dr. Hans-Joachim Petersohn: Sie haben seit Beginn der Covid-19-Pandemie<br />
in Deutschland bis Anfang April Obduktionen<br />
an Corona-Toten durchgeführt. Können Sie uns etwas<br />
zu diesen Ergebnissen sagen?<br />
Prof. Dr. Klaus Püschel: Ja, alle Toten waren über 50 Jahre alt und<br />
hatten relevante Vorerkrankungen. Der normale Bürger muss sich<br />
vor dieser Krankheit nicht mehr fürchten als vor vielen anderen Infektionskrankheiten.<br />
Das Problem ist, dass es sich bei Corona um eine<br />
Pandemie handelt. Deswegen ist die Ausbreitungsgeschwindigkeit<br />
so schnell, aber vor der Krankheit selbst müssen wir uns wirklich<br />
nicht fürchten.<br />
In Ländern wie Italien oder Spanien gibt es deutlich mehr Todesfälle<br />
durch Corona. In New York hat sich die Zahl der Toten in den<br />
letzten Wochen gegenüber der gleichen Woche im Vorjahr annähernd<br />
verdoppelt. Können Sie das erklären?<br />
K. P.: Prinzipiell ist das eine ganz andere Situation. Wir haben das<br />
gleiche Virus, aber unser Gesundheitssystem ist anders strukturiert<br />
und viel besser ausgebaut. Dank des harten Eingreifens der Bundesregierung<br />
ist es uns gelungen, die Ausbreitung abzubremsen. Wir<br />
haben frühzeitig vergleichsweise entschlossen reagiert. Das Robert<br />
Koch-Institut hat uns rechtzeitig gewarnt. Diese Bilder, die aus anderen<br />
Ländern kommen, sind einfach nicht repräsentativ für den Verlauf<br />
der Krankheit.<br />
Dänemark hat als erstes Land sehr schnelle, rigorose Shutdown-<br />
Maßnahmen ergriffen – die Schweden praktizieren bis heute einen<br />
wesentlich lockereren Umgang mit Restriktionen. Spricht das<br />
für ein Auftreten des Virus in Clustern, oder haben Sie eine Erklärung<br />
dafür?<br />
Prof. Dr. Sucharit Bhakdi: Ich bin davon überzeugt, dass es daran<br />
liegt, dass diese Maßnahmen nichts bewirken, deswegen auch nicht<br />
notwendig sind. Ich bin überzeugt, dass der Shutdown unvorstellbare<br />
sozioökonomische Folgen mit sich bringen wird. Ich sage es ganz<br />
deutlich: Diese Maßnahmen, die die Grundrechte einschränken, sind<br />
alle überzogen und unverhältnismäßig. Die Zahl der Menschen in diesem<br />
Land, die schon zu Schaden gekommen sind, die existenzgefährdet<br />
sind oder deren Existenzen bereits zerstört worden sind, wächst<br />
tagtäglich. Und die Zahl der Zustimmungen für die Maßnahmen wird<br />
immer geringer werden. Sehr bald wird die Stimmung kippen.<br />
Foto: © Kumiko Hirama von www.istockphoto.com