Nr. 78 - Frühling 2021
Hauts-de-France: musikalische Waldbäder Loire-Tal: im Reich der Blumenkönigin Burgund: ein essbarer Wald Nouvelle-Aquitaine: der Nabel der Welt Provence: die 27100 Jahre alte Hand eines Künstlers Alexandre Dumas: Wie der Vater, der Sohn Chantals Rezept: Crème catalane Produkt: Le parapluie de Cherbourg
Hauts-de-France: musikalische Waldbäder
Loire-Tal: im Reich der Blumenkönigin
Burgund: ein essbarer Wald
Nouvelle-Aquitaine: der Nabel der Welt
Provence: die 27100 Jahre alte Hand eines Künstlers
Alexandre Dumas: Wie der Vater, der Sohn
Chantals Rezept: Crème catalane
Produkt: Le parapluie de Cherbourg
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Interview:<br />
Fabrice Desjours<br />
Ein Vorreiter im Bereich von Ökosystemen mit essbaren Pflanzen,<br />
Gründer des Waldgartens in Diconne (Saône-et-Loire)<br />
Fabrice Desjours, Sie sind heute einer der wichtigsten<br />
Experten in Sachen Waldgarten im Hexagon. Dank ihres<br />
eigenen Waldgartens, den sie 2010 in Burgund anlegten,<br />
besitzen Sie einzigartige Erfahrungswerte. Wie ist es dazu<br />
gekommen?<br />
Ich glaube, dass viele Passionen, die einen Menschen<br />
sein ganzes Leben begleiten, auf die Kindheit zurückgehen.<br />
So auch bei mir. Aber Frustration spielte vermutlich<br />
ebenfalls eine Rolle. Ich lebte bis zum Alter von acht Jahren<br />
in einer Wohnung in der Stadt, und mir wurde schon früh<br />
klar, dass dies wahrlich nicht meine Welt war. Die Schule<br />
im Übrigen auch nicht. Dort fühlte ich mich nicht wohl.<br />
Sie sagte mir überhaupt nichts. Ich hatte permanent das<br />
Gefühl, eingeschlossen zu sein, egal ob im Klassenzimmer,<br />
in der Wohnung oder auf der Straße. Zum Glück konnte<br />
ich mit meiner Familie die Ferien in Burgund auf dem<br />
Land verbringen. Da erlebte ich dann echte Momente der<br />
Freiheit. Ich erinnere mich noch daran, wie ich – kaum,<br />
dass wir angekommen waren – aufs Fahrrad stieg und mit<br />
meinen Kumpels übers Land und durch die Wälder streifte<br />
oder an den Bächen entlang spazierte. Alles, was wir sahen,<br />
versetzte uns in Erstaunen. Das war so viel angenehmer<br />
als die Stadt! Das Leben auf dem Land war für mich eine<br />
Offenbarung. Bestimmt war es<br />
in gewisser Weise ein Schwarz-<br />
Weiß-Denken: das Eingesperrtsein<br />
in der Stadt, die totale<br />
Freiheit auf dem Land. Das hat mich zwangsläufig geprägt.<br />
Die Landschaft in Burgund hat in mir einen riesigen Durst<br />
nach Natur und dem Verständnis für sie geweckt.<br />
Sie sprechen von der Schule. Fördert diese Ihrer Meinung nach<br />
in Frankreich die Annäherung der Kinder an die Natur?<br />
Nicht wirklich, leider ist es eher das Gegenteil. Auch<br />
wenn sich das allmählich ändert. Ich gehöre zur Generation<br />
der 80er-Jahre. Es lässt sich nicht verleugnen, dass<br />
zu dieser Zeit in der Schule nichts, oder fast nichts unternommen<br />
wurde, um Kinder für Natur zu sensibilisieren.<br />
Egal wie alt man war, man hatte den ganzen Tag auf<br />
seinem Stuhl im Klassenzimmer zu sitzen und seine Nase<br />
in die Bücher zu stecken. Der Lehrer war ein Symbol für<br />
Wissen, man musste ihm zuhören, durfte nicht allzu viele<br />
Fragen stellen. Das erschien mir unglaublich weit vom Leben<br />
auf dem Land entfernt, das ich aus den Ferien kannte.<br />
Dort, inmitten der Felder und Bäume, fühlte ich mich<br />
energiegeladen, voller Ideen. Ich hatte Lust, unzählige<br />
62 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>