ART DE VIVRE Kultur 16. Juni 2018 Bar-Le-Duc. Wir sind gefährlicher! Gefährlicher! Gefährlicher als Cigéo! In Bure hat es schon immer eine Opposition gegeben. Die Umweltschutzbewegung dort ist eine der ältesten Frankreichs. 82 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>
sondern verifiziert sind und die Handlung untermauert ist ». Es ist eine ehrliche Art, die Dinge zu präsentieren, die es dem Leser erlaubt, sich in der Folge ein objektives Urteil zu bilden. Der Comic nimmt den Leser in eine maßlose politische Entscheidung und in ein Bauvorhaben mit, das in kein Schema passt. Er erzählt vom unglaublichen Schicksal von Bure, einem sehr kleinen Dorf mit weniger als 100 Einwohnern, das im Departement Meuse, in der Region Grand-Est liegt. In den 1990er-Jahren beschloss der französische Staat, dort ein gigantisches Projekt umzusetzen, das die Region erschüttern sollte: den Bau eines der größten Industriestandorte Europas mit dem Namen Cigéo (Centre Industriel de Stockage Géologique). Das Ziel: 500 Meter unter der Erde Stollen in einer Länge von 265 Kilometern in das Tongestein zu hauen, um dort 85 000 Kubikmeter « Atommüll » aus der französischen Nuklearindustrie zu lagern. Stollen, länger als die Pariser Metro … Dieses Gestein, so erfährt man im Comic, soll nach Expertenmeinung « die Radioaktivität mehr als 100 000 Jahre lang abschirmen ». Die Inbetriebnahme des Endlagers, dessen Kosten auf 25 bis 35 Milliarden Euro geschätzt werden, ist für 2035 geplant. Die Gesamtbauzeit soll nach Hochrechnungen insgesamt 130 Jahre dauern. So lange dauert es also, um eine Art « Sarkophag für die Ewigkeit » fertigzustellen … Die Stärke und Besonderheit dieses Comics liegen darin, dass er sich nicht darauf beschränkt, das Projekt und die Bauarbeiten vorzustellen, das haben andere Medien bereits getan. Er beschäftigt sich vor allem mit den Menschen vor Ort und der Art und Weise, wie ihnen das Vorhaben letzten Endes aufgezwungen wurde. Anfänglich durch die komplexe Thematik überfordert, lernte die Bevölkerung nach und nach, sich zu organisieren und Gehör zu verschaffen. Mithilfe der präzisen zeichnerischen Umsetzung durch Cécile Guillard gehen die Autoren auf die – meist sogar in Frankreich nicht sehr bekannten – Informationsveranstaltungen, Demonstrationen und Auseinandersetzungen ein, die vor Ort stattgefunden haben. Und auf die Praktiken der Atomindustrie und einiger Politiker, die nicht davor zurückschreckten, lokale Investitionsvorhaben massiv zu subventionieren oder die Schaffung von Arbeitsplätzen zu versprechen, um sich die Unterstützung der Bewohner zu sichern … Man erfährt beispielsweise, dass bereits 2022 im rund 20 Kilometer von Bure entfernten Joinville eine « besondere » Reinigung eröffnen soll. Diese ist dazu bestimmt, die Kleidung aus Nuklearanlagen aufzubereiten. Damit zeichnet sich letzten Endes die Spezialisierung einer Region ab. Der örtliche Senator macht sich offen zum Sprachrohr eines noch ambitionierteren Projektes: Die Departements Meuse und Haute-Marne sollen nach dem Rhônetal und der Pointe du Cotentin in der Normandie eine Gegend werden, die sich auf die der Produktion von Atomstrom nachgelagerten Prozesse spezialisiert. Der Comic enthüllt damit eine Reihe an Informationen, die bisher in den traditionellen Medien des Landes niemals aufgegriffen wurden. In der Zwischenzeit gehen die Arbeiten in Bure weiter. Bis zur Stunde wird dort zwar noch kein Atommüll gelagert, das Bohren der unterirdischen Stollen schreitet jedoch voran und ein Forschungslabor ist bereits voll einsatzbereit. Vor Ort finden regelmäßig Demonstrationen gegen das Projekt statt. Der Staat jedoch scheint bislang unerschütterlich an dem Projekt festzuhalten. Die Autoren verhehlen nicht, dass sich die Frage stellt, ob wirklich eine Wahl besteht. Die französische Atomindustrie häuft Abfälle an und die Wiederaufbereitungsanlage in La Hague kann bald keine neuen mehr aufnehmen. Das Projekt Cigéo scheint also als Lösungsansatz für die Entsorgung dieser Abfälle unverzichtbar. Dennoch handelt es sich dabei um eine echte gesellschaftliche, wenn nicht sogar zivilisatorische Entscheidung: « Welche Erde wollen wir den zukünftigen Generationen hinterlassen? In welcher Welt wollen wir in 20, in 100 Jahren leben? In 100 000 Jahren? » Mit diesen Worten endet dieser wahrhaftig nützliche und mutige Comic. Gaspard d’Allens, Pierre Bonneau und Cécile Guillard: Cent mille ans: Bure ou le scandale enfoui des déchets nucléaires, La Revue Dessinée - Seuil, 152 Seiten, ISBN 9<strong>78</strong>-<strong>2021</strong>458921 Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 83
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