Nr. 78 - Frühling 2021
Hauts-de-France: musikalische Waldbäder Loire-Tal: im Reich der Blumenkönigin Burgund: ein essbarer Wald Nouvelle-Aquitaine: der Nabel der Welt Provence: die 27100 Jahre alte Hand eines Künstlers Alexandre Dumas: Wie der Vater, der Sohn Chantals Rezept: Crème catalane Produkt: Le parapluie de Cherbourg
Hauts-de-France: musikalische Waldbäder
Loire-Tal: im Reich der Blumenkönigin
Burgund: ein essbarer Wald
Nouvelle-Aquitaine: der Nabel der Welt
Provence: die 27100 Jahre alte Hand eines Künstlers
Alexandre Dumas: Wie der Vater, der Sohn
Chantals Rezept: Crème catalane
Produkt: Le parapluie de Cherbourg
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FRANKREICH HEUTE Kulturerbe / Provence<br />
Henri Cosquer liebt das Mittelmeer. Er erforscht seit seiner<br />
Jugend den Meeresgrund, leitete lange Zeit das Tauchzentrum<br />
in Cassis und ist unbestritten einer der besten Kenner<br />
der berühmten Calanques zwischen Cassis und Marseille.<br />
Eines schönen Tages, im Jahr 1985, entdeckte Henri Cosquer bei<br />
einem seiner unzähligen Tauchgänge dort in 40 Metern Tiefe den<br />
Eingang zu einer Art Tunnel. Darin war es sehr dunkel, sodass er<br />
zunächst nicht vorzudringen wagte. Doch schließlich siegte seine<br />
Neugier. Ohne jemandem davon zu erzählen, kam er im Laufe der<br />
Wochen immer wieder an diesen Ort zurück, tauchte jedes Mal<br />
etwas weiter in den Hohlraum hinein, der offensichtlich eine tiefe<br />
Höhle war. Cosquer war sich darüber bewusst, dass dieses Abenteuer<br />
mit einem hohen Risiko verbunden war, und beschloss daher<br />
im Oktober 1985, jedes Mal einen « Lebensfaden » mitzunehmen,<br />
den er beim Eindringen in den langen und dunklen Tunnel abrollte,<br />
um mit seiner Hilfe wieder sicher zurück zum Ausgang zu<br />
gelangen. Er wusste noch nicht, was er finden würde, aber er war<br />
davon überzeugt, dass es am Ende des Tunnels etwas geben musste.<br />
Was auch immer das sein würde … Nach mehr als 150 Metern<br />
gelangte der Taucher schließlich in eine, wie er vermutete, ausgedehnte<br />
Höhle. Er stieg langsam höher und erreichte die Wasseroberfläche,<br />
wo er im Schein seiner kleinen Lampe einen überfluteten<br />
Saal entdeckte. Henri Cosquer beschloss, etwas nahezu Unglaubliches<br />
zu wagen, nämlich das Druckminderungsventil abzunehmen,<br />
das ihn mit dem Sauerstoff aus seinen Flaschen versorgte.<br />
Ihm war durchaus klar, dass die seit Jahrtausenden in der Höhle<br />
eingeschlossene Luft möglicherweise verbraucht oder verschmutzt<br />
sein könnte. Dennoch ging er das Risiko ein. Und das Wagnis<br />
zahlte sich aus, denn er konnte normal atmen. Durch diese Tatsache<br />
bestärkt, suchte er die Unterwasserhöhle in der Folge immer<br />
wieder auf.<br />
Zu dem Zeitpunkt wusste Henri Cosquer noch nicht, dass<br />
seine Entdeckung sein Leben auf den Kopf stellen würde und er<br />
damit Wissenschaftlern aus der ganzen Welt eines der schönsten<br />
Kleinode der Höhlenmalerei und gleichzeitig eine Goldgrube an<br />
Erkenntnissen über die Urgeschichte unserer Vorfahren schenken<br />
würde. Er konnte zu dem Zeitpunkt ebenfalls noch nicht<br />
absehen, dass damit eine der grandiosesten submarinen Entdeckungen<br />
seinen Namen tragen würde. Ein Name, der in den<br />
kommenden Jahren vermutlich ebenso berühmt werden wird,<br />
wie Lascaux …<br />
Plötzlich tauchte im Lichtstrahl eine Hand auf<br />
Nach den ersten Erkundungen musste Henri Cosquer die<br />
Erforschung der Höhle aufgrund beruflicher Verpflichtungen<br />
einige Jahre unterbrechen. Erst im Juli 1990 kehrte er – nach<br />
wie vor alleine – an den Ort zurück und stieß erneut mit einer<br />
Mischung aus Aufregung und Furcht vorsichtig in die Höhle vor,<br />
die für ihn noch immer ein Buch mit sieben Siegeln war. Cosquer<br />
ist Autodidakt, weder Forscher noch Wissenschaftler. Dennoch<br />
hatte er schon immer ein Gespür für manche Dinge, ließ sich oft<br />
von seiner Intuition leiten. Und auch 1990 spürte er, dass diese<br />
Höhle etwas zu enthüllen hatte. Im Bewusstsein des Risikos,<br />
das er bei seinen regelmäßigen Tauchgängen dorthin einging,<br />
installierte er entlang der Strecke nun dauerhaft einen Lebens-<br />
70 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>