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Nr. 78 - Frühling 2021

Hauts-de-France: musikalische Waldbäder Loire-Tal: im Reich der Blumenkönigin Burgund: ein essbarer Wald Nouvelle-Aquitaine: der Nabel der Welt Provence: die 27100 Jahre alte Hand eines Künstlers Alexandre Dumas: Wie der Vater, der Sohn Chantals Rezept: Crème catalane Produkt: Le parapluie de Cherbourg

Hauts-de-France: musikalische Waldbäder
Loire-Tal: im Reich der Blumenkönigin
Burgund: ein essbarer Wald
Nouvelle-Aquitaine: der Nabel der Welt
Provence: die 27100 Jahre alte Hand eines Künstlers
Alexandre Dumas: Wie der Vater, der Sohn
Chantals Rezept: Crème catalane
Produkt: Le parapluie de Cherbourg

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UNGEWÖHNLICHE GESCHICHTEN AUS FRANKREICH<br />

Der Beginn eines normalen Lebens<br />

Alexandre Dumas senior wird in der Zwischenzeit<br />

immer erfolgreicher und bekannter: zunächst durch seine<br />

Theaterstücke, später durch seine Fortsetzungsromane in<br />

französischen Zeitungen, die zwischen 1840 und 1850<br />

die Leser in Atem halten. Mit ihnen beginnt für ihn der<br />

wahre Erfolg, sie legen den Grundstein für seinen Reichtum.<br />

Trotz eines ausschweifenden Lebens und zahlreicher<br />

Liebschaften vergisst Dumas seinen Sohn nicht. Er<br />

besucht diesen regelmäßig und lädt ihn zu Vorstellungen<br />

seiner Stücke ein. Auch die Beziehung zu seiner ehemaligen<br />

« Geliebten vom Treppenabsatz », Laure Labay,<br />

verbessert sich. Mit seiner Reputation als mittlerweile<br />

bekannter Autor unterstützt er sogar deren Bemühungen,<br />

eine Genehmigung für die Eröffnung einer Buchhandlung<br />

zu erhalten, und finanziert diese. Damit kommen die<br />

Dinge allmählich zur Ruhe.<br />

Eine schlüpfrige Kameradschaft<br />

Als Dumas senior jedoch 1840 Ida Ferrier heiratet,<br />

kommt es erneut zum Bruch. Für seinen Sohn, der inzwischen<br />

16 Jahre alt ist, bringt dies das Fass zum Überlaufen:<br />

Abgesehen von den unzähligen Liebschaften seines<br />

Vaters, die er als « vorübergehend » betrachtet und akzeptiert<br />

hat, ist dies nun die dritte Frau, die sich in dessen<br />

Armen « einnistet ». Zudem mag er Ida nicht besonders.<br />

Er greift also zur Feder und schreibt seinem Erzeuger<br />

einen Brief, in dem er diesem die Heirat untersagt. Immerhin!<br />

Obwohl Dumas senior sich dadurch nicht von<br />

seinem Vorhaben abbringen lässt, nimmt er sich die Zeit<br />

für eine eingehende Unterhaltung mit seinem Sohn über<br />

dieses Thema – und über Frauen ganz allgemein. Das geht<br />

so weit, dass sich zwischen den beiden im Laufe der Jahre<br />

etwas entwickelt, was der Literaturkritiker und Journalist<br />

Maurice Spronk (1861-1921) als « eine ziemlich schlüpfrige<br />

Kameradschaft zwischen einem Vater und seinem<br />

Sohn » bezeichnet, « die beide den Abenteuern hinterherlaufen<br />

[…] sich gegenseitig ihre Liebschaften anvertrauen,<br />

eine gemeinsame Kasse führen und<br />

das Geld mit vollen Händen ausgeben<br />

».<br />

Lesetipps:<br />

auf großem Fuß und gehen verschwenderisch mit ihrem<br />

Geld um. Während dieser Zeit macht Dumas junior die<br />

Bekanntschaft von Marie Duplessis (1824-1847), einer in<br />

Paris gut bekannten Kurtisane. Die beiden verlieben sich<br />

unsterblich ineinander, und nach Maries Tod im Jahr 1847<br />

beschließt Alexandre, sie unter dem Namen Marguerite<br />

Gautier zur Heldin seines Romanes Die Kameliendame zu<br />

machen. Das Werk, das 1848 erscheint, hat einen riesigen<br />

Erfolg und stellt den jüngeren Dumas auf dieselbe Stufe<br />

mit seinem Vater. Alexandre Dumas senior wird sich bei<br />

dieser Gelegenheit des schriftstellerischen Talents seines<br />

Sohnes bewusst und schätzt dieses. Die beiden Männer,<br />

die sich sowieso schon nahestehen, sind nun auch durch<br />

ihre literarische Arbeit verbunden.<br />

Die Anerkennung zweier Talente<br />

Nach dem Tod von Alexandre Dumas senior schreibt<br />

Victor Hugo (1802-1885) einen Brief an den Sohn, in dem<br />

er der schriftstellerischen Begabung seines Freundes, dem<br />

älteren der beiden Alexandres, in aufrüttelnder Weise Bewunderung<br />

zollt: « Seine Erfolge sind mehr als Erfolge, es<br />

sind Triumphe […] Der Name Alexandre Dumas ist nicht<br />

nur französisch, er ist europäisch; er ist nicht nur europäisch,<br />

er ist universell […] Alexandre Dumas gehört zu den<br />

Menschen, die man […] einen kulturellen Sämann nennen<br />

kann […] Er befruchtet die Seelen, das Denken, die<br />

Intelligenz; er macht Durst auf Lesen; er befasst sich mit<br />

der menschlichen Genialität und sät sie aus. Was er sät,<br />

ist der französische Gedanke. » Eine solche Lobrede von<br />

diesem großen Dichter ist gewaltig. Zumal Hugo seine<br />

Botschaft mit den Worten « Lieber Kollege, mein Freund,<br />

ich umarme Sie » beendet, und auf diese Weise dem jüngeren<br />

Dumas ebenfalls seine unendliche Anerkennung<br />

ausdrückt. Damit betrachtet der große Victor Hugo den<br />

Sohn seines guten Freundes also ebenfalls als « Kollegen »<br />

und « Freund ». Welch schöne Bestätigung für den « anderen<br />

» Alexandre Dumas, der in seinen jungen Jahren<br />

durchaus dazu verleitet war, seinen Vater zu hassen …<br />

Verbundenheit sogar<br />

beim Schreiben<br />

Einige Jahre später, nach der<br />

Trennung von Ida, wird die Beziehung<br />

zwischen den beiden Alexandres<br />

nahezu idyllisch. Vater und Sohn<br />

beschließen, sich eine gemeinsame<br />

Wohnung in Saint-Germain-en-<br />

Laye (Yvelines), in der Nähe von<br />

Paris, zu nehmen. Sie leben dort<br />

Dumas fils ou l’anti-Œdipe, Marianne und Claude Schopp,<br />

Éditions Phébus, 342 Seiten, ISBN 9<strong>78</strong>-2752911193<br />

Dictionnaire amoureux de Alexandre Dumas, Alain<br />

Decaux, Éditions Plon, 652 Seiten,<br />

ISBN 9<strong>78</strong>-2259211055<br />

Dumas, Textsammlung,<br />

zusammengestellt von<br />

Sylvain Ledda unter Mitarbeit<br />

von Claude Schopp, Éditions<br />

L’Herne, 288 Seiten,<br />

ISBN 979-1031903972<br />

86 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>

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