04.02.2021 Aufrufe

Nr. 78 - Frühling 2021

Hauts-de-France: musikalische Waldbäder Loire-Tal: im Reich der Blumenkönigin Burgund: ein essbarer Wald Nouvelle-Aquitaine: der Nabel der Welt Provence: die 27100 Jahre alte Hand eines Künstlers Alexandre Dumas: Wie der Vater, der Sohn Chantals Rezept: Crème catalane Produkt: Le parapluie de Cherbourg

Hauts-de-France: musikalische Waldbäder
Loire-Tal: im Reich der Blumenkönigin
Burgund: ein essbarer Wald
Nouvelle-Aquitaine: der Nabel der Welt
Provence: die 27100 Jahre alte Hand eines Künstlers
Alexandre Dumas: Wie der Vater, der Sohn
Chantals Rezept: Crème catalane
Produkt: Le parapluie de Cherbourg

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Frankreich erobert<br />

Und das im Übrigen nicht ohne Erfolg. Die Konsumenten<br />

nahmen diese Absatzschiene an, sodass Discounter heute<br />

zum Bild in den Einkaufszonen am Rande der Städte<br />

gehören. Die beiden deutschen Branchengiganten arbeiten<br />

ihrerseits weiter daran, die Konsumgewohnheiten in<br />

Frankreich zu verändern, teilweise sogar mit schweren<br />

Geschützen. Vor allem Aldi. Der Einzelhandelsriese legte<br />

im letzten Jahr für 545 französische Filialen des 1990<br />

gegründeten Discounters Leader Price, zwei Casino-<br />

Supermärkte und drei Zentrallager 717 Millionen Euro<br />

auf den Tisch. Damit sind die Expansionsabsichten von<br />

Aldi in Frankreich klar, denn mit dem Deal verdoppelt<br />

der Discounter sein Filialnetz (bisher 862 Läden) nahezu,<br />

und sein Marktanteil dürfte von 2,4 % auf 4 % steigen.<br />

Die Konzernleitung hält mit ihren Ambitionen nicht<br />

hinter dem Berg: « Wir wollen, dass jeder Franzose in 15<br />

Minuten eine unserer Filialen erreichen kann », kommunizierte<br />

man im Rahmen dieses kolossalen Abschlusses.<br />

Wenn das nichts ist! Dies wird zweifellos die französischen<br />

Konkurrenten in diesem Sektor noch etwas mehr<br />

in Unruhe versetzen. Vor allem, wenn man weiß, dass der<br />

zweite deutsche Discounter, Lidl, seine Marktposition<br />

ebenfalls von Monat zu Monat verbessert. Und das seit<br />

Jahren. Laut einer Untersuchung des Instituts Kantar,<br />

das die Ausgaben der Franzosen im Zeitraum vom 15.<br />

Juni bis 12. Juli 2020 analysierte, hat das Unternehmen<br />

inzwischen einen Marktanteil von 6,5 % erreicht und liegt<br />

damit hinter dem traditionsträchtigen Konzern Casino,<br />

zu dem die Handelsketten Casino, Monoprix, Franprix<br />

und Géant gehören und der einen Marktanteil von 9,4 %<br />

auf sich vereint. Die Plätze eins und zwei der Branche sind<br />

mit Leclerc (Marktanteil 22,6 %) und Carrefour (19,8 %)<br />

zwar ebenfalls in französischer Hand, doch den Akteuren<br />

des Landes ist mittlerweile klar geworden, dass sie<br />

die Ambitionen ihrer deutschen Konkurrenten genau im<br />

Auge behalten müssen.<br />

Und wenn die Franzosen noch nicht ihr<br />

letztes Wort gesprochen haben?<br />

Die Branchenspezialisten in Frankreich sind sich<br />

darüber bewusst, dass ein Konzern wie Aldi den Einzelhandelsmarkt<br />

in ihrem Land innerhalb weniger Jahre<br />

ziemlich durcheinandergebracht, wenn nicht sogar revolutioniert<br />

hat. Es ist ihm gelungen, einem Sektor, in dem<br />

die Franzosen scheinbar eingefahrene und nur schwer<br />

veränderbare Gewohnheiten hatten, seine Spielregeln<br />

aufzuzwingen. Dennoch ist man weit davon entfernt,<br />

sich mit den kontinuierlich steigenden Marktanteilen<br />

von Aldi & Co. abzufinden. Offensichtlich ist das letzte<br />

Wort noch nicht gesprochen. Es könnte gut sein, dass<br />

die deutschen Konkurrenten in absehbarer Zeit einer<br />

französischen Initiative die Stirn bieten müssen, die die<br />

Karten neu verteilt. Vor Kurzem haben drei einflussreiche<br />

französische Unternehmer und Investoren angekündigt,<br />

gemeinsam einen « europäischen Leader des nachhaltigen<br />

Konsums » zu gründen. Bei den drei Managern handelt<br />

es sich um Xavier Niel (den Gründer und Hauptaktionär<br />

von Illiad, neben Free einer der Marktführer im Bereich<br />

Telekommunikation in Frankreich), Moez-Alexandre<br />

Zouari (der mit Casino und Picard eines der bedeutendsten<br />

Lebensmittelhandelsimperien des Hexagons aufbaute)<br />

und Matthieu Pigasse (der lange Zeit als einer der führenden<br />

Investmentbanker Frankreichs angesehen wurde<br />

und heute ein bedeutender Investor im Medienbereich<br />

ist). Ihr Projekt wird zwar derzeit noch geheim gehalten,<br />

bekannt ist jedoch mittlerweile, dass die drei von den anvisierten<br />

Investitionskosten in Höhe von zwei Milliarden<br />

Euro bereits rund 300 Millionen Euro beschafft haben.<br />

« Wir möchten einen Champion für Dauerhaftigkeit und<br />

Nachhaltigkeit schaffen, wir können dafür aber ein ‚Allroundunternehmen‘<br />

kaufen und es in der Folge umwandeln<br />

», haben die drei Investoren bestätigt. Auch wenn die<br />

Transaktion – die, so scheint es, im ersten Halbjahr <strong>2021</strong><br />

abgewickelt werden soll – nicht direkt die Einzelhandelsketten<br />

anvisiert, kann dies auch nicht ausgeschlossen werden.<br />

Zumindest könnte ein derartiges Projekt gravierende<br />

Auswirkungen auf diese Branche in Frankreich haben<br />

… Wird es den Franzosen gelingen, diesem wichtigen<br />

Wirtschaftssektor wieder ihre eigenen Spielregeln aufzuzwingen?<br />

Vor allem gegenüber dem deutschen Riesen<br />

Aldi? Es ist noch zu früh, um diese Frage zu beantworten,<br />

die Zukunft wird es zweifellos zeigen. In den kommenden<br />

Monaten könnte es also zu einigen Ankündigungen und<br />

tiefgreifenden Veränderungen kommen …<br />

Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 67

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!