ART DE VIVRE Kultur Der Comic: ein eigenständiges Medium in Frankreich ( 4 ) Cent mille ans Bure ou le scandale enfoui des déchets nucléaires Ich kann gut nachvollziehen, dass es in Bure einen Bürgeraufstand gibt, denn niemand will so etwas unter seinen Füßen haben! <strong>78</strong> · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>
Es ist unbestritten, dass der Comic sich in Frankreich zu einem eigenständigen Medium entwickelt hat. Immer mehr engagierte Alben entstehen durch die Zusammenarbeit von Zeichnern und Journalisten, die nicht zögern, heikle Themen anzusprechen, die von den klassischen Medien nur selten aufgegriffen werden. Nach dem Skandal der Grünalgen in der Bretagne, der in Algues vertes l’histoire interdite (siehe Frankreich erleben <strong>Nr</strong>. 72) angeprangert wurde, stellen wir Ihnen nun Cent mille ans: Bure ou le scandale enfoui des déchets nucléaires vor. Auch dieser Comic basiert auf gut belegten Tatsachen. Er fordert zum Nachdenken über eines der größten Industrieprojekte Europas auf: Der französische Staat will nämlich ein riesiges unterirdisches Endlager in Form von 265 Kilometer langen unterirdischen Stollen bauen, in denen radio aktive Abfälle des Hexagons für die nächsten 100 000 Jahre gelagert werden sollen. Der Comic hinterfragt auf sehr lehrreiche Art die Maßlosigkeit, die sowohl hinter dem gigantischen Bauvorhaben als auch hinter dem politischen Entscheidungsprozess steht. Bis zur Stunde wird dort noch kein Atommüll gelagert, es gibt lediglich ein Forschungslabor, das in den 2000-er Jahren gebaut wurde. Doch dieses gigantische Projekt erschüttert bereits das Departement Meuse. Französische Journalisten wissen nur zu gut, dass alle Themen rund um Atomstrom und Atomindustrie zu den heikelsten und komplexesten gehören. Das liegt unter anderem daran, dass dieser Sektor sich – wie in vielen anderen Ländern auch – jahrzehntelang in einen Mantel des Schweigens hüllte. Unter dem Vorwand « nationaler strategischer Interessen », der « Landesverteidigung » oder auch von « Betriebsgeheimnissen » war der Zugang zu Informationen durch die diversen Akteure der Branche – vorneweg der Staat – genau geregelt – wenn nicht sogar unterbunden. Heute hat sich die Situation glücklicherweise verbessert. Die öffentliche Meinung lässt sich immer weniger mit diesem Schweigen abspeisen, sondern fordert mehr und mehr Aufklärung über die strategischen Entscheidungen, vor allem, wenn diese Weichen für die Zukunft stellen. Unter ihrem Druck halten sich die Medien in Frankreich heute gegenüber Staat und Akteuren der Branche auch mit unangenehmen Fragen nicht mehr zurück. Obwohl es also inzwischen möglich ist, über das Thema zu schreiben, so ist der Zugang zu bestimmten Informationen bei Weitem noch nicht einfach. Eingefahrene Gewohnheiten und ein gewisser « Geheimniskult » halten sich offenbar hartnäckig … In diesem Kontext leistet der Comic Cent mille ans: Bure ou le scandale enfoui des déchets nucléaires einen sehr interessanten Beitrag, denn es handelt sich dabei um echte journalistische Arbeit. Gaspard d’Allens und Pierre Bonneau sind nämlich Journalisten. Für ihre Recherchen verbrachten sie zwischen 2016 und 2018 zwei Jahre in Bure (Meuse), genau dort, wo der Staat das Endlager baut. Ein solcher Zeitaufwand, den traditionelle Medien ihren Reportern kaum ermöglichen können, scheint für einen Comic offensichtlich realisierbar zu sein. Derartig lange Recherchen sind zwar selten, in diesem Fall aber unerlässlich. Und offensichtlich ermöglicht das Medium « Comic » Autoren auch eine wohltuende Freiheit in ihren Äußerungen, das spürt man beim Lesen sofort. Während klassische Medien meist von Aktionären oder öffentlichen Unterstützungen abhängig sind, ist der Comicverleger – in diesem Fall La Revue dessinée gemeinsam mit Seuil – unabhängig. Nichts hindert einen solchen Verlag also daran, eine engagierte Arbeit zu veröffentlichen. Gleich am Anfang erfährt der Leser, dass die Autoren « auf der Seite der Gegner gekämpft haben und demnach für einen immersiven und engagierten Journalismus stehen » und dass « ihre Informationen daher nicht weniger verlässlich, Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 79
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