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Nr. 78 - Frühling 2021

Hauts-de-France: musikalische Waldbäder Loire-Tal: im Reich der Blumenkönigin Burgund: ein essbarer Wald Nouvelle-Aquitaine: der Nabel der Welt Provence: die 27100 Jahre alte Hand eines Künstlers Alexandre Dumas: Wie der Vater, der Sohn Chantals Rezept: Crème catalane Produkt: Le parapluie de Cherbourg

Hauts-de-France: musikalische Waldbäder
Loire-Tal: im Reich der Blumenkönigin
Burgund: ein essbarer Wald
Nouvelle-Aquitaine: der Nabel der Welt
Provence: die 27100 Jahre alte Hand eines Künstlers
Alexandre Dumas: Wie der Vater, der Sohn
Chantals Rezept: Crème catalane
Produkt: Le parapluie de Cherbourg

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FRANKREICH HEUTE Wirtschaft<br />

Discounter: Wenn Deutschland<br />

Es ist eines der Paradoxe in Frankreich: Man malt sich oft aus,<br />

dass Franzosen gemütlich zum kleinen lokalen Händler um die<br />

Ecke schlendern, plaudernd ihre Einkaufstasche mit frischem<br />

Gemüse füllen und auf dem Weg nach Hause noch ein knuspriges<br />

Baguette hineinstecken. Doch wie sieht die Realität aus?<br />

Zwei Drittel kaufen ihre Lebensmittel in Super- oder Verbrauchermärkten.<br />

Diese Konsumtempel entstanden in Frankreich in<br />

den 60er-Jahren nach amerikanischem Vorbild; inzwischen werden<br />

dort Jahr für Jahr rund 110 Milliarden Euro umgesetzt. Der<br />

lukrative Markt wird heute von den beiden Handelsriesen Carrefour<br />

und Leclerc angeführt, die einen Anteil von knapp 40 % des<br />

Supermarktumsatzes auf sich vereinen, gefolgt von Unternehmen<br />

wie Intermarché, Casino, Système U und Auchan. Daneben<br />

breiten sich jedoch auch ausländische Handelsketten immer<br />

mehr auf dem französischen Markt aus, vor allem die deutschen<br />

Discounter Lidl und Aldi sind inzwischen zu bedeutenden Akteuren<br />

der Branche aufgestiegen.<br />

Das geruhsame Leben der französischen<br />

Einzelhandelsunternehmen<br />

Was die Einkäufe anging, machten sich die Franzosen<br />

lange Zeit keine großen Gedanken. Jeder<br />

hatte seine Gewohnheiten und ging zum Einkaufen<br />

zu Carrefour, Leclerc oder Intermarché. Den Ausschlag<br />

für die Wahl gab vorwiegend ein praktischer und<br />

daher gut nachvollziehbarer Aspekt: die Erreichbarkeit.<br />

Selbstverständlich spielte auch der Preis eine Rolle, aber<br />

nicht ausschließlich. Im Grunde genommen unterschieden<br />

sich die Supermärkte nicht sehr stark: Mithilfe von « Promotionen<br />

» und anderen « Sonderaktionen », die in den<br />

Medien und Briefkästen breit gestreut wurden, war abwechselnd<br />

immer eines dieser Unternehmen « dasjenige<br />

mit den günstigsten Preisen », sodass am Ende niemand<br />

mehr wusste, welcher Supermarkt das Budget tatsächlich<br />

am meisten schonte. Es war also meist weniger eine bewusste<br />

Entscheidung, sondern eher die Gewohnheit, die<br />

die Franzosen dazu bewog, « ihrem » Supermarkt die Treue<br />

zu halten. Letztendlich kam diese Situation allen entgegen.<br />

Auf diese Weise konnten die französischen Einzelhandelsketten<br />

ohne viel Aufwand und durchaus einträglich wachsen.<br />

Lediglich Fusionen zwischen den verschiedenen Konzernen<br />

oder Übernahmen sorgten ab und zu für Unruhe in<br />

der Branche. Dass irgendwann Schluss<br />

mit diesem geruhsamen Leben war, lag<br />

daran, dass europäische Konkurrenten<br />

auf den Markt drängten und die Konsumgewohnheiten<br />

veränderten. Vor<br />

allem deutsche Mitbewerber standen in<br />

den Startlöchern …<br />

Frischer Wind aus Osten<br />

Vor rund dreißig Jahren bereitete<br />

sich aus Osten kommend eine neue<br />

Handelsform, die Discounter, in Frankreich<br />

aus, was zu einer regelrechten<br />

Umwälzung in diesem Sektor führte.<br />

Mit der Ankunft der beiden deutschen<br />

Handelsketten Aldi und Lidl änderten<br />

sich die Einkaufsgepflogenheiten vieler<br />

Franzosen, die sich von den neuen und<br />

viel aggressiveren Verkaufspraktiken<br />

in Bann ziehen ließen. Französische<br />

Konsumenten entdeckten den Preis als echtes Verkaufsargument<br />

und hinterfragten plötzlich, ob die bequemeren<br />

Einkaufsbedingungen in den gewohnten Geschäften den<br />

höheren Preis für die Produkte rechtfertigten oder nicht.<br />

Die Warenpräsentation war zwar aufs Notwendigste<br />

reduziert und daher ungewohnt – oft bediente man sich<br />

direkt aus den Kartons –, die Geschäfte sahen eher wie<br />

Lager aus und die Marken waren oft unbekannt, doch<br />

konnte man dies nicht in Kauf nehmen, wo doch die Preise<br />

viel günstiger waren? Innerhalb weniger Jahre machten<br />

sich die Discounter in Frankreich einen Namen, die Firmenschilder<br />

von Aldi und Lidl waren bald ein gewohnter<br />

Anblick in der Einzelhandelslandschaft, die bestehenden<br />

Marktplayer verstanden die Welt nicht mehr.<br />

Das Ziel von Aldi: « Jeder Franzose soll<br />

in 15 Minuten eine Filiale erreichen »<br />

Auch wenn im Hexagon der Anteil der Discounter am<br />

Branchenumsatz mit knapp 15 % noch relativ überschaubar<br />

ist, darf man nicht darüber hinwegsehen, dass dieses<br />

Segment stark wächst. Das wurde auch den französischen<br />

Handelsunternehmen klar, und sie eröffneten Filialnetze<br />

mit einem günstigeren Preisniveau unter neuen Marken.<br />

66 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>

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