10 - Digitale Bibliothek Braunschweig
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die Kolonielehrer entweder haupt- oder nebenberuflich Handwerker, entweder<br />
zeichneten sie sich nun durch eine angeborene pädagogische Ader aus, oder das<br />
Schulmeisteramt wurde als zusätzliche Einnahmequelle betrachtet. Eine päd<br />
Egogische .. Ausbildungha.tten, die Lehrkräfte keinesfalls genossen, es blieb alles<br />
mehr oder weniger dem Zufall überlassen, nach MÖglichkeit zog man solche<br />
Kräfte heran, die sich durch ein natürliches Lehrgeschick auszeichneten, jedoch<br />
war das Angebot nicht groß. Die Elementarschulen bildeten ein wesentliches<br />
Anliegen der reformierten Kirchenverfil;sung. Dadäs Schulmeisteramt mit dem<br />
des Lektors und Kantors gekoppelt war, dürfte es sich bei der Kolonieschule<br />
nach dem hugenottischen Grundsatz "L'ecole est la pepiniere [Pflanzstätte] de<br />
l't!glise" um eine Zubringereinrichtung für die Kirche gehandelt haben. Die<br />
Lehrer werden, wenn es hoch kommt, die drei Kulturtechniken vermittelt<br />
haben, und zwar nach Lernschulart bei starker Beanspruchung und Strapazierung<br />
des Gedächtnisses. Wie Disziplinschwierigkeiten gemeistert wurden, erhellt aus<br />
den Akten ebenfalls nicht, vermutlich huldigte man dem "abgekürzten Verfahren",<br />
d. h. dem Gebraudl des Stockes. Maßnahmen zur Auflockerung des starren<br />
Unterrichtsschemas nach durchdachten, methodisch-didaktischen Prinzipien<br />
durmzuführen, wäre bestimmt einer Überforderung der Lehrkräfte gleichgekommen.<br />
Zur Ehre der Lehrer wollen wir annehmen, daß wenigstens allgemein<br />
anerkannte pädagogische Grundüberlegungen bei der Planung und<br />
Durchführung des Unterrichts Pate gestanden haben, z. B. Beherzigung von<br />
Prinzipien wie Vom Nahen zum Femen und vom Leichten zum Schweren,<br />
Anschauung als Grundlage jedes BildungsprozeSöes, Kindertümlichkeit, Einstieg<br />
in ein Problem unter Berücksichtigung der kindlichen Interessensphäre usw.<br />
Über das Vorhanderuein einer Kolonieschule der <strong>Braunschweig</strong>er Hugenottengemeinde<br />
erfahren wir erstmals etwas in einer Aktennotiz vom 8. XI. 1717 16 •<br />
Der Lehrer Gedeon Benoit *) wird darin ermahnt, sich nicht ohne genehmigten<br />
Urlaub auf Reisen zu begeben, sich betreffs Erhöhung seines Jahressalärs von<br />
20 Talern an den Dienstweg über das Presbyterium zu halten und nicht direkt<br />
den Landesfürsten um Erhöhung seiner Gage anzugehen. Mit seinen Leistungen<br />
und Fähigkeiten als Vorsänger in der Kirche scheint es etwas gehapert zu haben,<br />
und es wurde ihm bedeutet, die Kirche benötige dringender eines Kantors denn<br />
eines Vorlesers.<br />
Sein Amtsnachfolger war sein gIeidmamiger Sohn GeJeon Benoit jun., der<br />
jedoch bereits gegen Ende September 1722 aus Gesundheitsgründen um seinen<br />
Abschied einkommt. Das Presbyterium ermuntert ihn zum Ausharren, bis<br />
Ersatz gefunden ist, "jusqu'it ce que la providence nous fournit l'occasion de<br />
la remplir par quelqu'un qui fut capable de conduire le chant des psaumes" 16.<br />
*) Gedeon Benoit, ursprünglich Bierbrauer und aus Bemeuil - sur - Aisne in der<br />
Picardie gebürtig <strong>10</strong>, um 1697 in Kassel ansässig 60 und seit 1709 in <strong>Braunschweig</strong>. wo<br />
er am 13. IV. 1722 das Zeitliche segnete 1; seine Gattin ludith Malherbe überlebte ihn<br />
um mehr als ein Jahrzehnt und starb am S. J. 1733 1 in der Okerrnetropole.<br />
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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
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