10 - Digitale Bibliothek Braunschweig
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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
Der Bauernstand, heißt es in dem Entwurf seiner Adresse, sei nicht allein<br />
auf Grund seiner großen Zahl, sondern vor allem dank seiner Leistung für die<br />
Gesellschaft berufen, eine wichtige Rolle in der Nation zu spielen. Zunächst<br />
müßten sich die Bauern jedoch die Bildung erwerben, die man ihnen bislang<br />
vorenthalten habe. Sie müßten nicht allein "so viel zu lernen erstreben" wie<br />
möglich, sondern vor allem selbständig denken, "selber überlegen, ob das was<br />
man thuen will, auch recht ist, ob man es später vor seinem eigenen Verstand<br />
und Gewissen auch vertheidigen könne". "Ihr laßt in allen Dingen, die Staat,<br />
Kirche oder Gemeinde angehen", heißt es weiter, "noch viel zu viel Andere<br />
für Euch denken." Nähme es unter diesen Umständen wunder, daß man die<br />
Bauern immer wieder als "Stimmvieh" mißbrauche? Jedermann sei im Stande<br />
zu erkennen, "was wahr, recht und gut ist". "Und Ihr", wendet sich Bonhorst<br />
an die Bauern, "solltet nicht gleich stark mit einem ersten Minister in Euch<br />
fühlen, was Wahr und Recht ist, weil Ihr uns für die Zucht ven Pflanzen und<br />
Thieren sorgt? Reißt die Augen weit auf, Ihr Bauern, und schaut um Euch, daß<br />
Ihr Euere eigentlichen Lenker in der Ferne auch erkennt, die Euch an Bändern<br />
zu gängeln glauben. Zieht aber auch dann Euer Messer und zerschneidet<br />
unbarmherzig diese Bänder, auf daß Ihr beweist: Ihr könnt auch auf eigenen<br />
Füßen .stehen, - Ihr habt keine Lenker nötrug, die Euch im Grunde ihres Herzens<br />
denn doch verhöhnen und - verachten, weil Ihr Euch von ihnen, in Euerer<br />
angeborenen Gutmüthigkeit nach ihrem Belieben lenken und leiten ließet. Das<br />
müßt Ihr, das SlCid Ihr Euerer Ehre, Euerer Selbständigkeit schuldig. Zwar ist es<br />
ein mühevoller, ein langwieriger Weg, aber es ist der einzige, der Euch aus den<br />
Irrgängen ven widerstrebenden Ansichten, aus Euerer durchschnittlich recht<br />
bitterschlechten Lage herausführen kann." Um dieses Ziel zu erreichen, müsse<br />
sich die Bauernschaft vereinigen, müsse der einzelne Landmann seine Isolierung<br />
überwinden. Es genüge nicht, .sich auf "Märkten, Kirchweihen und Holzversteigerungen"<br />
zu treffen. Man mÜ.5se vielmehr einen "regelmäßig wiederkehrenden<br />
Verkehr der Bauern untereinander" schaffen. "Etwa so: die Bauern ven<br />
Nassau, Hessen etc. bilden einen Verein, den ,Mittelrheinischen Bauernverein<br />
oder Bauernbund' , der in jedem Ort, wenn er auch noch se klein ist, seine<br />
Abtheilung hat. Die auf 4-6 Stunden in der Runde liegenden Abtheilungen<br />
kommen alle Sonntag Morgen oder Mittag an einem vorher bestimmten Ort<br />
zusammen und berathschlagen über Alles, was auf ihr Leben Bezug haben kann,<br />
besprechen die pelitische Lage und ihre Stellung im Staate. Alle Jahr ein oder<br />
zweimal kommen dann alle Bauern die zu dem Bunde gehören und abkommen<br />
können, an einem bestimmten Ort zusammen." "Se steht's, Ihr Bauern'", fährt<br />
Bonhorst fort. "Wollt Ihr die UebeIstände, die Euch drücken, weg haben, dann<br />
müßt Ihr zusammengehen und Euch über dieselben besprechen. Jeder muß seine<br />
Erfahrungen mittheilen und muß sich die seiner Collegen mittheilen lassen.<br />
Dann werden auch die Männer der Wissenschaft nicht säumen, wenn Ihr den<br />
Wunsch aussprecht, Euch die Resultate ihrer Forschungen zu Eurem Nutz und<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042500<br />
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