10 - Digitale Bibliothek Braunschweig

Während der Streiktage wandten sich die Wolfenbüttder Lassalleane-r mit
folgendem Schreiben an J. Ph. Decker 20), das als eines der frühesten Dokumente
der Wolfenbütteler Arbeiterbewegung im Wortlaut wiedergegeben werden soll:
n Wolfenbüttel d. 12. Januar 1869
Herrn Joh. Phi!. Becker, Präsident der internationalen
Arbeiter-Association Genf.
Die hiesigen Mitglieder des allgem. deutsch. Arbeiter-Vereins haben durch
den Vorboten und Soc. Democrat Nachricht von der Arbeitseinstellung der
Seidenfärber in Basel erhalten; dieselben haben mich beauftragt, einliegende
2 fI. 20 gr., welche von denselben zur Unterstützung der Baseler Färber gesammelt,
an Sie mit der Bitte zu senden, dieselben zu genannten Zwecke verwenden
zu wollen.
Möge die Arbeitseinstellung mit einem Siege der Arbeiter endigen.
Mit social-democratischem Gruß und HandschIag
S. Schömers, Fabrik-Aufseher. U
In der ersten Hälfte des Jahres 1869 wurde das politische Leben der Braunschweiger
Arbeiterbewegung mehr und mehr von den Wirren und Spannungen
im ADAV bestimmt, bis schließlidl der "Staatsstrekh" des Präsidenten den
offenen Bruch zwischen Schweitzer und seinen zahlreichen Kritikern zur Folge
hatte. Am 22. Juni verbündeten sich die opponierenden Lassalleaner, unter
ihnen Bracke und Spier, mit den Führern der "Partei Marx" in Deutschland,
Bebel und Liebknecht. Im August gründeten sie in Eisenach die Sozialdemokratische
Arbeiterpartei, die Vorläuferin der heutigen S. P. D. Am Ende
des Kongress.es, zu dessem Gelingen Bracke wesentlich beigetragen hatte, wählten
die Delegierten Braunschweig-Wolfenbüttel zum ersten Vorort der Partei.
Bracke und seine Freunde im "Ausschuß der socialdemokratischen Arbeiterpartei"
trugen damit bis zu ihrer Verhaftung im September 1870 entscheidende
Verantwortung für die Entwicklung und politische Haltung der gesamten Partei.
Diese neue Aufgabe, mit ihrer Verknüpfung von nationalen und lokalen
Pflichten und Funktionen, bestimmte nicht zuletzt das Verhältnis zur Internationale
21). Der Eisenacher Kongreß hatte sich eindeutig zu ihren "Bestrebun-
20) Das Original befindet sich im IISG Amsterdam.
21) In den dramatis::hen Wochen vor dem Eisenacher Kongreß versuchten die beiden
rivalisierenden Fraktionen, die Internationale für sich zu gewinnen. Unmittelbar nach
dem Ausscheiden der Oppositon aus dem ADAV erklärte sich J. Ph. Becker im Namen
der deutschen Sektionen gegen Schweitzer, den er sdlon zuvor in Briefen an Bonhorst
u. a. bekämpft hatte. Kurz darauf behauptete liebknecht. der Londoner Generalrat
nähme gegen den ADA V Partei. Schweitzer, der in die Verteidigung gedrängt war, vermied
dagegen jeden offenen Bruch mit der I. A. A. und begnügte sich damit. Becker und
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