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WIKO 2022 – Das Wirtschaftsmagazin für Altmühlfranken

Der Wirtschaftskompass Altmühlfranken stellt leistungsfähige Unternehmen der Region vor und widmet sich in Reportagen, Interviews und Meinungsbeiträgen der Gegenwart und Zukunft der regionalen Wirtschaftswelt.

Der Wirtschaftskompass Altmühlfranken stellt leistungsfähige Unternehmen der Region vor und widmet sich in Reportagen, Interviews und Meinungsbeiträgen der Gegenwart und Zukunft der regionalen Wirtschaftswelt.

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Klimastreber nur im Traum<br />

Der Landkreis produziert<br />

mehr grünen Strom, als<br />

er verbraucht. Von einer<br />

echten Energiewende<br />

ist er trotzdem 100 Milliarden<br />

Toast entfernt.<br />

<strong>Das</strong> Land, die Republik, Europa, ach<br />

was, die Welt steht vor gewaltigen Aufgaben.<br />

Nur in Weißenburg-Gunzenhausen<br />

ist man schon fertig?! Also mit<br />

dem Wechsel vom fossilen Zeitalter zu<br />

einer nachhaltigen Energieversorgung.<br />

Man produziert ja längst mehr Strom<br />

aus erneuerbaren Energien, als man im<br />

Landkreis selbst verbraucht, heißt es<br />

immer wieder.<br />

Während die Welt um ihre Zukunft<br />

kämpft, können wir also mal Pause machen<br />

und den Klimawandel eine gute<br />

Frau, einen guten Mann sein lassen?!<br />

Nein, natürlich nicht.<br />

Tatsächlich produziert man im Landkreis<br />

mehr Strom aus erneuerbaren<br />

Quellen, als man selbst verbraucht.<br />

Laut Energieatlas Bayern kommen<br />

114 Prozent des eigenen Bedarfs aus<br />

Wind, Sonne, Biomasse und Wasser.<br />

<strong>Das</strong> sieht auf den ersten Blick fantastisch<br />

aus, auf den zweiten immer noch<br />

toll, aber auf den dritten geht der Begeisterung<br />

die Luft aus. Aber der Reihe<br />

nach …<br />

Zuerst ein Blick auf die Nachbarn.<br />

Der Landkreis Eichstätt bringt es auf<br />

nur 14 Prozent erneuerbarer Energien<br />

an seinem Stromverbrauch, in Roth<br />

sind es 52 und im Donau-Ries 92 Prozent.<br />

Im Landkreis Ansbach allerdings<br />

glänzt man mit 157 Prozent. Der mittelfränkische<br />

Schnitt liegt bei 42 Prozent,<br />

der oberbayerische bei 39. Fazit:<br />

<strong>Altmühlfranken</strong> liegt tatsächlich gut.<br />

<strong>Das</strong> ist allerdings auch kein Wunder.<br />

Man ist dünn besiedelt, hat viel Fläche,<br />

in Bayern stabile Sonnenstunden und<br />

mit dem Hahnenkamm und dem Juraanstieg<br />

zwei der in Bayern gar nicht so<br />

häufigen windkraft-geeigneten Gebiete.<br />

Die Region ist prädestiniert, um den<br />

Klimastreber zu geben. Aber ist man<br />

denn auch einer?<br />

„ Es fehlen<br />

mindestens 750.000<br />

Megawattstunden„<br />

Zweifel kommen auf, wenn man eine<br />

Ebene tiefer in die Statistik eintaucht.<br />

Die 114 Prozent Strom aus erneuerbaren<br />

Energien sind ein rechnerischer<br />

Wert. Er ergibt sich, indem man einfach<br />

alle Kilowattstunden zusammenzählt,<br />

die über das Jahr erzeugt werden,<br />

und sie dem Jahresbedarf gegenüberstellt.<br />

Systemversorgungstechnisch ist das<br />

eine Milchmädchenrechnung. Sie lässt<br />

außer Acht, dass man mittags an einem<br />

windigen Sommertag in <strong>Altmühlfranken</strong><br />

viel zu viel Strom hat und an einem<br />

dunklen, windstillen Dezembertag viel<br />

zu wenig. Um eine Speicherlösung<br />

wird man mittelfristig nicht herumkommen,<br />

wenn man die Energiewen-<br />

de schaffen will. Nur frisst jede Umwandlung<br />

von Strom in eine andere<br />

Energiequelle selbst Energie <strong>–</strong> und das<br />

nicht zu knapp. Der tatsächliche Bedarf<br />

<strong>für</strong> eine komplett klimaneutrale<br />

Energieversorgung ist erheblich höher,<br />

als es die aktuellen Prozentzahlen vorgaukeln.<br />

<strong>Das</strong> ist allerdings noch nicht mal der<br />

entscheidende Punkt. Die eigentliche<br />

Schlacht ums Klima wird nämlich<br />

beim Wärmebedarf geschlagen. Der<br />

Beleg? Weißenburg-Gunzenhausen<br />

braucht pro Jahr in allen Privathaushalten,<br />

Gewerbebetrieben und sonstigen<br />

Einrichtungen rund 500.000 Megawattstunden<br />

Energie aus Strom. Für<br />

Wärme <strong>–</strong> im Wesentlichen Warmwasser<br />

und Heizung <strong>–</strong> braucht es dagegen<br />

gute 1,8 Millionen Kilowattstunden.<br />

Also mehr als das 3,5-Fache.<br />

Und hier sieht die Lage in Sachen regenerativer<br />

Energiequellen erheblich<br />

schlechter aus. Lediglich 27 Prozent<br />

des Energiebedarfs von Weißenburg-<br />

Gunzenhausen werden laut Energieatlas<br />

Bayern im Wärmebereich aus<br />

erneuerbaren Quellen gedeckt. <strong>Das</strong><br />

ergibt locker über den Daumen gepeilt<br />

eine Versorgungslücke von rund<br />

750.000 Megawattstunden pro Jahr in<br />

<strong>Altmühlfranken</strong>. <strong>Das</strong> ist eine Energiemenge,<br />

die <strong>–</strong> noch ein bisschen lockerer<br />

über den Daumen gepeilt <strong>–</strong> in etwa<br />

dazu reicht, um 100 Milliarden Scheiben<br />

Brot zu toasten oder 7,5 Milliarden<br />

Stunden an einem Desktop-PC zu arbeiten,<br />

was immerhin 850.000 Jahren<br />

entspräche.<br />

Erneuerbare Energien im Landkreis<br />

Strom: Photovoltaik Windkraft Biogas Wasserkraft<br />

Installierte Nettonennleistung: 204 Megawatt 112 Megawatt 46 Megawatt 1,7 Megawatt<br />

Produzierter Strom: 118 000 MWh/a 197 000 MWh/a 229 000 MWh/a 2200 MWh/a<br />

Zahl der Anlagen: 8373 56 170 24<br />

Beanspruchte Fläche: 182 ha 543 ha 11141 ha k.A.<br />

Anteil an Stromverbrauch des Landkreises: 32% 38 % 44 % 0,4%<br />

Technisches Ausbaupotenzial im Landkreis<br />

gemessen am Stromverbrauch im Landkreis: 68 % 357% 27% kleiner 0,5%<br />

88<br />

<strong>WIKO</strong> Ausgabe <strong>2022</strong>

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