2012-02
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ostigen Eisengittern um die Grabflächen, unter denen die<br />
Gebeine derer bleichen, die, Träger der Geschichte, längst<br />
vergangene Zeiten lebendig werden lassen.<br />
Ein Land, das man nicht so leicht vergisst, wenn man<br />
es einmal gesehen hat; das einen mystischen Reiz ausübt<br />
und den Wanderer durch die Berge zum Wiederkommen<br />
auffordert.<br />
In Hull an der Humber-Mündung hatte ich abends das<br />
Schiff bestiegen, um zum Continent zurückzukehren. Am<br />
Horizont blühte die Sonne noch einmal auf und ließ die<br />
Konturen der Insel im rötlichen Schein versinken.<br />
Ganz in die Betrachtung des abendlichen Himmels versunken,<br />
stand an der Reling ein Mann, der meine Aufmerksamkeit<br />
erregte. Etwa 170 cm, schmal, hager, mit kurzgeschnittenen<br />
Haaren unter einem alten schwarzen, jetzt<br />
fast grau scheinendem Militärbarett der britischen Armee.<br />
Schwarze Halbschuhe aus kräftigem Leder, eine graue Anzughose<br />
und ein abgetragener Wettermantel, dessen Farben<br />
ins grau-grüne spielten. Etwas über 70? Wachsame hellblaueAugen<br />
musterten mich, als ich in Englisch eine banale<br />
Bemerkung über den Himmel machte, dann schienen sie zu<br />
lächeln und er sagte in akzentfreiem Deutsch:<br />
„Sie können Deutsch sprechen, ich bin Deutscher, auch<br />
wenn ich nicht so aussehe.“ Seine Stimme klang knapp,<br />
aber ruhig und melodisch und ergänzte die schmale, feinflüglige<br />
Nase, die schmalen Lippen und das zerfurchte Gesicht<br />
zu einem vertrauenerweckenden Bild.<br />
„Woher kommen Sie,“ fragte er, und damit meinte er nicht<br />
meine jetzige Reise.<br />
„Aus Siegen.“<br />
„Na, da sind wir ja fast Nachbarn,“ meinte er trocken, „ich<br />
bin aus Köln. Und was haben Sie hier gemacht?“ und dabei<br />
nickte er nach Nordwesten.<br />
„Ich habe meinen Urlaub wieder einmal in Schottland verbracht.<br />
Ein schönes Land.“<br />
„Ja, das kann man sagen,“ und seine Augen blickten mit<br />
einem Anflug von Traurigkeit nach Norden.<br />
„Und Sie wollen wieder hin?“, er schien interessiert.<br />
„Ja, mit Sicherheit.“<br />
„John Northern. Ich bin in Schottland geboren.“<br />
Es war kühl geworden und wir gingen in die Bar und setzten<br />
uns mit einem Glas an einen Tisch.<br />
Und nun nahm das Gespräch eine unerwartete Wendung. Er<br />
schien wie gehetzt und fing an zu erzählen:<br />
Ich bin 1900 in einem kleinen Ort an der Westküste<br />
auf McDonald-Land geboren. Mein Vater war ein kleiner<br />
Siedler mit nur wenig gepachtetem Land und musste als<br />
Totengräber dazuverdienen, weil wir sonst nicht hätten existieren<br />
können. Zwei Schwestern starben jung, der Bruder<br />
ging zur See und kam nicht wieder. Es war die Zeit der<br />
Queen Mary. Schottland wurde in London nicht gut vertreten,<br />
niemand interessierte sich für unsere Armut. Sobald<br />
ich nur ein Seil halten konnte, fuhr ich mit den Fischern auf<br />
die See. Manchmal, im Winter, konnte ich als Stalljunge<br />
arbeiten. Die Schule war nur unzulänglich, mit einem englischen<br />
Lehrer, der sich eher für die schottischen Mädchen<br />
interessierte, als für den Unterricht. Als ich 14 Jahre alt<br />
wikipedia.de<br />
Farbtupfer in einer immergrünen Landschaft<br />
war, starb mein Vater. Meine Mutter wurde schlecht und<br />
recht von Nachbarn versorgt, wo sie im Haushalt helfen<br />
konnte. Dann kamen die Werber der englischen Armee, die<br />
das Black-Watch Regiment auffüllten. Ich ging zur Armee.<br />
Damals war das möglich. Der Große Krieg begann. Überall<br />
waren Ausbildungscamps, wo wir gedrillt wurden und<br />
das Handwerk lernten, um irgendwann verheizt zu werden.<br />
Aber das wussten wir nicht. Wir hatten zu essen und soviel<br />
Löhnung, dass wir uns Tabak leisten konnten. Ich begann<br />
zu lesen, alles was mir in die Hände fiel. Scott, Poe, Twain,<br />
London, Burns. Seine Gedichte gefielen mir und manchmal<br />
konnte ich mit einem jungen Offizier darüber sprechen, der<br />
aus St. Andrews stammte.<br />
Nach zwei Jahren sprach alles von Flandern. Der Krieg<br />
war erstarrt. Die Truppen gingen im Granathagel zugrunde<br />
und uns redete man ein, wie schön es sei, für die Größe der<br />
britischen Nation zu kämpfen.<br />
Endlich kam der lang ersehnte Marschbefehl nach<br />
Frankreich, wo wir die dezimierten Regimenter auffüllen<br />
sollten. Und dann begann das Inferno der flandrischen<br />
Schlacht. Nichts mehr von der zahlenmäßigen und ausrüstungstechnischen<br />
Überlegenheit. Die Fronten be- !<br />
Zur Sicherheit!<br />
Johanniter-<br />
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