2012-02
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Gesundheit<br />
Der Demenzkranke kann sich<br />
über Schmerzen nicht äußern,<br />
er sagt nicht, wo und wie sehr<br />
es schmerzt. Schreien, Stöhnen,<br />
Wimmern können indirekte Hinweise<br />
auf Schmerzen sein, ebenso<br />
wie Nahrungsverweigerung<br />
Auch Demenzkranke können<br />
verschiedene andere Erkrankungen<br />
haben, z.B. Diabetes mellitus,<br />
Nierenerkrankungen. Wie<br />
steht es hier mit der Dialyse? Osteoporose?<br />
Also alles chronische<br />
Langzeitkrankheiten!<br />
Wie ist es mit Operationen?<br />
Der Leistenbruch kann sicher bleiben,<br />
aber das Hüftgelenk macht<br />
sehr starke Schmerzen, bedingt<br />
Gehunfähigkeit, wie ist es mit einer<br />
Operation bei einem Krebsleiden,<br />
z. B. Bei Brustkrebs? Wie mit<br />
einer Chemotherapie? Gewichtige<br />
ethische Fragen!<br />
Das Prinzip ist: der Demenzkranke<br />
hat ein Recht auf Operation<br />
oder Chemotherapie, wenn<br />
dadurch sein Leiden gemindert<br />
wird! Im Einzelfalle ist das immer<br />
abzuklären.<br />
Der Demenzkranke<br />
und sein Auto<br />
Natürlich sind wir alle gute<br />
Autofahrer, wir fahren sicher,<br />
haben Übersicht, erkennen gefährliche<br />
Situationen früh genug<br />
und fahren defensiv, wir passen<br />
die Fahrgeschwindigkeit der<br />
Verkehrssituation an, können die Abstände zum nächsten<br />
Verkehrsteilnehmer genau abschätzen und reagieren auf<br />
gefährliche Situationen, schnell, sicher, mit Ruhe und mit<br />
Übersicht. So beurteilt ein Demenzkranker auch seine eigene<br />
Fahrtüchtigkeit, auch wenn er Kilometermillionär ist.<br />
Unser Auto ist ein wichtiges Glied in unserem sozialen Gefüge,<br />
und wer möchte schon darauf freiwillig verzichten?<br />
Schwierig ist es, einem Demenzkranken beizubringen, er<br />
möchte doch freiwillig auf seinen Führerschein verzichten,<br />
ihn abgeben, und sein Auto seinem Enkel schenken. Logische,<br />
verstandesmäßige Argumente sind hier sinnlos, niemand<br />
wird hier einsichtig, verzichtet auf seinen Führerschein<br />
und sein Auto freiwillig, das er in den vergangenen Jahren<br />
mehr gepflegt hat als....<br />
Hier muss man jetzt mit Geschick vorgehen, Argumente<br />
der Familie sind sinnlos, eine Logik ist fehl am<br />
Platze. Wohlwollende Freunde haben nichts zu sagen, der<br />
Hausarzt hält ja sowieso zu seiner Ehefrau, die Kinder<br />
sind nur scharf auf sein Auto. Am besten arbeitet man hier<br />
mit Tricks. Polizei, Behörden oder das Gericht stecken<br />
ja sowieso mit der Familie unter einer Decke und machen<br />
Ärger.<br />
Man sollte den Kranken ablenken, dasAuto fahruntüchtig<br />
machen, vielleicht die Batterie herausnehmen, die Zündkabel<br />
durchschneiden, „es fährt einfach nicht, es springt nicht<br />
an, siehst du doch, wer weiß, wie teuer die Reparatur werden<br />
wird!“ Wenn das einige Wochen durchgestanden wird, denkt<br />
der Kranke nicht mehr an sein Auto, und wenn er das Thema<br />
dann doch noch einmal kurz aufgreift, kann er abgelenkt<br />
und zu einem anderen Gesprächsthema übergeleitet werden.<br />
Aber tragisch ist es doch.<br />
Dr. Wolfgang Bauch<br />
2/<strong>2012</strong> 25 Jahre durchblick 61