2012-02
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Erzählung<br />
nach Hause kam, manchmal war in<br />
der Firma weniger zu tun, stand eine<br />
Ambulanz vor unserm Haus. Gruppen<br />
von Menschen aus der Nachbarschaft<br />
standen herum. Verstohlen<br />
blickten sie nach mir und tuschelten.<br />
Meine Frau hatte sich erhängt.<br />
Sie lag auf einem Tisch, Sanitäter<br />
hantierten an ihr herum. Ihr kleines<br />
süßes Gesicht war ganz spitz und<br />
bleich. Von der Familie ließ sich<br />
keiner blicken.<br />
Das war im Herbst 1927. Ich<br />
brauchte lange, um mich von diesem<br />
Schicksalsschlag zu erholen.<br />
In England ging alles seinen<br />
gewohnten Gang. In Deutschland<br />
spitzte sich die politische Lage zu.<br />
Die Nationalsozialisten hatten ihre<br />
ersten größeren Erfolge. Man hörte<br />
von Putschereignissen, Straßenkämpfen<br />
und Parteischlägereien, in<br />
denen mal die Nationalsozialisten,<br />
mal die Kommunisten die Oberhand<br />
behielten. Nun fing man an, mir auch<br />
wikipedia.de Köln 1945<br />
in der Familie wegen meiner Nationalität Schwierigkeiten<br />
zu machen. Mein Onkel konnte sich nicht durchsetzen. Als<br />
Schotte hatte er den Mund zu halten.<br />
Ende 1927 ging ich nach Deutschland zurück. Durch die<br />
Vermittlung meiner Kriegskameraden und meines Schwagers<br />
kam ich bei den Kölner Verkehrsbetrieben unter.<br />
Ich kaufte mir ein kleines Motorrad, eine DW und tuckerte<br />
in meinen Ferien durch Deutschland bis nach Ostpreußen,<br />
das mir gut gefiel. Mein Motorrad war eine kleine<br />
Attraktion, so dass ich an weiblicher Begleitung keinen<br />
Mangel litt. Eine feste Bindung verbot mir aber meine Erinnerung.<br />
Ich las viel und kaufte mir, mehr aus Interesse als aus<br />
praktischer Nutzanwendung, eine „Bibliothek des geistigen<br />
und praktischen Wissens“, ein Werk aus fünf Bänden, aus<br />
dem ich mich über Stenographie, Buchführung, Nationalkunde,<br />
Französisch, Rechnen, Literatur, Philosophie, Geschichte<br />
und anderes unterrichten konnte. Der Unterrichtsteil<br />
über die englische Sprache machte mir viel Spaß, wenn<br />
ich las: Im Schuhladen: Zeigen Sie mir ein Paar schwarze<br />
Schuhe mit weichem Oberleder, ich habe heiklige Füße.<br />
Vor allem die Literatur hatte es mir angetan, und ich fing<br />
an, kleine Geschichten zu schreiben. Auf den Gedanken,<br />
etwas für die Zeitung zu schreiben oder zu veröffentlichen,<br />
kam ich nicht.<br />
Dann kam 1933 der Machtwechsel. Vieles änderte sich.<br />
Im Volksempfänger konnte man großartige Reden hören.<br />
Langsam verbesserte sich die wirtschaftliche Lage. Die<br />
Zahl der Arbeitslosen nahm ab. Kommunisten aus der<br />
Nachbarschaft wurden abgeführt. Juden verschwanden,<br />
Ich kam in die furchtbar zerstörte Stadt Köln zurück.<br />
Meine Wohnung existierte nicht mehr.<br />
Kollegen wurden entlassen. Die Zurückbleibenden bedauerten.<br />
Andere sahen voller Hoffnung in die Zukunft.<br />
Das Rheinland wurde von deutschen Truppen besetzt.<br />
Ein Aufatmen ging durch die deutsche Bevölkerung, war<br />
doch ein Teil des Versailler Vertrages ohne Widerspruch<br />
revidiert.<br />
1938 wurden die Verhältnisse drohender. Die Unterredung<br />
mit Chamberlain in München verbarg noch einmal<br />
die sich abzeichnende Kriegsgefahr. Österreich kam zum<br />
Reich. Deutsche Regimenter zogen in die Tschechei.<br />
Die politische Situation wurde ernster. Es roch bereits<br />
nach Krieg. Die deutsche Wehrmacht rüstete auf.<br />
Dann kam der Überfall auf Polen, zwei Tage später die<br />
Kriegserklärung von England und Frankreich. Jeder, der<br />
den ersten Weltkrieg mitgemacht und darüber nach- !<br />
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