2012-02
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Unterhaltung<br />
wurde es „in“, sich einer Sportbewegung anzuschließen.<br />
Selbst die Krankenkassen werben bis heute mit Bonuspunkten<br />
und zielgerichteten Vorzügen zur Teilnahme.<br />
Zu einer kostensenkenden, gesundheitsbewussten Lebensführung,<br />
so die Devise, gehöre unbedingt – als sei es<br />
zum Überleben notwendig – auch die sportliche Betätigung.<br />
Während in alltäglichen Lebens- und Arbeitsbereichen immer<br />
mehr Wert auf körperschonende Nutzungen, auf Ruhepausen<br />
mit immer geringer werdendem Kraftaufwand gelegt<br />
wird, entstand für den sportlichen Freizeitbereich eine<br />
einträgliche Sparte. „Und sie bewegt sich doch“ sagte einst<br />
Galileo Galilei von der guten alten Erde, und dieser Satz<br />
ließe sich heute auch auf die Aktivitäten unserer Zeitgenossen<br />
übertragen. Sobald die Temperaturen des Sommers<br />
erreicht werden, sieht man sie überall und allerorts rumwuseln,<br />
die Homo sapiens mit ihrem Bewegungsdrang. Kaum<br />
ist die Luft sauerstoffreich, die Sonne umschmeichelt milde<br />
die Mitmenschen oder erfrischende Regentropfen beleben<br />
die erwärmten Körper, erlebt man sie hechelnd, klappernd<br />
oder klingelnd. Egal, ob nun die holde Weiblichkeit, die man<br />
am Tage zuvor noch in High Heels trippelnd beim Shoppen<br />
sah oder den gestressten Geschäftsmann, der knapp einem<br />
Bourn-out entging, sie bedienen sich dann der Gangart eines<br />
gereizten Roboters, treu in der Spur marschierend! Das rechte<br />
vor das linke Bein setzend, federnd oder leichten Schrittes,<br />
der eine schneller, der andere gemächlicher, aber immer das<br />
Ziel einer körperlichen Ertüchtigung vor Augen. Friedrich<br />
Ludwig Jahn nannte es Dauerlauf und so wurde es auch<br />
während unserer Schulzeit noch genannt. Heute spricht man<br />
von joggen und es hört sich wesentlich „cooler“ an. Ebenso<br />
erfreuen sich immer mehr Menschen der rechts-links-Bein-<br />
Schulter-Kombinationsbewegung, unter Zuhilfenahme von<br />
zwei klackernden Alu-Stöcken! Oftmals wundern sich einfache<br />
Spaziergängerinnen und Spaziergänger und belächeln<br />
diese „Irren“. Die Form dieses Bewegens nennt sich Nordic-<br />
Walking und tatsächlich soll es das Beste sein, was man für<br />
sein Wohlbefinden tun kann. Nun ja, der Anblick der „nordisch“<br />
gehenden mitteleuropäischen Körper trägt allgemein<br />
zur Aufheiterung bei. „Die Nordic-Walker seien sehr häufig<br />
in kleinen Gruppen getarnt – schwatzend im und durchs<br />
Gelände unterwegs“, erklärte mir vor einigen Wochen ein<br />
Ranger auf einer Teilstrecke des Rothaarsteiges, und weiter,<br />
„circa eine Viertelstunde, bevor man sie sieht, könne man sie<br />
schon hören. Sie bahnen sich ihren Weg durch Wald und Flur<br />
mit Klickediklickklack ziehen sie ihre Wegstrecken durch<br />
die freie Natur“.<br />
Inlineskating nennt sich eine Sportart, die in der Regel<br />
von Jugendlichen, unter Zuhilfenahme von Schuhen mit einer<br />
diversen Anzahl an Rädern ausgeführt wird. Wir nannten<br />
das noch Rollschuhlaufen. Andere Bewegungsjünger<br />
flitzen mit einem Affenzahn auf einem Brett mit Rollen<br />
(Skateboard) über Bürgersteige und erschrecken viel zu oft<br />
vor allem ältere Menschen. Aus Fahrrad wurde Velo. Radeln<br />
heißt neudeutsch „biken“.<br />
Ein normalwandernder Mitbürger unserer Zeit, der,<br />
ganz in Gedanken vertieft, seinen Waldspaziergang macht,<br />
sollte daher immer auf der Hut sein! Oftmals muss er nach<br />
hundert Metern gemächlichen Laufens mit einem Satz<br />
ganz rasch ausweichen, weil ein von hinten kommender<br />
Jogger an ihm vorbeihechelt. Fröhlichen Mutes der vorausliegenden<br />
Wegstrecke folgend muss er sich dann an den<br />
nächsten Baum retten, weil wieder einmal plötzlich und<br />
unerwartet Mountainbiker an ihm vorbeistrampeln, ohne<br />
sich zuvor bemerkbar gemacht zu haben. Kaum wieder auf<br />
dem Wege, kommt ihm in der nächsten Wegbiegung eine<br />
Reitertruppe der „Nordic-Riding-Sportler“ entgegen, der er<br />
wieder ausweichen muss.<br />
Noch die Trapp-trapp-trapp-Geräusche der Pferde im<br />
Ohr, hebt der Spaziergänger nach einigen Minuten vorsichtig<br />
den Kopf und steht einer sabbernden Dogge gegenüber,<br />
die gerade von der Leine gelassen wurde. „Sie will doch nur<br />
spielen“ ruft sein Besitzer, als das Hundchen den Wanderer<br />
bereits flachgelegt hat.<br />
Ja, die Begeisterung für alle diese Trendsportgruppen und<br />
Begeisterten kennt keine Grenzen. So zeigt sich der Sommer<br />
in bewegten Bildern.<br />
Eva-Maria Herrmann<br />
2/<strong>2012</strong> 25 Jahre durchblick 45