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2012-02

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Mundart<br />

ERLKÖNIG<br />

von Johann Wolfgang von Goethe<br />

Wer reitet so spät durch Nacht und Wind?<br />

Es ist der Vater mit seinem Kind;<br />

er hat den Knaben wohl in dem Arm,<br />

er faßt ihn sicher, er hält ihn warm.<br />

Mein Sohn, was birgst du so bang dein Gesicht?-<br />

Siehst Vater du den Erlkönig nicht?<br />

Den Erlkönig mit Kron und Schweif?-<br />

Mein Sohn, es ist ein Nebelstreif.-<br />

„Du liebes Kind, komm geh mit mir!<br />

Gar schöne Spiele spiel ich mit dir;<br />

manch bunte Blumen sind an dem Strand,<br />

meine Mutter hat manch gülden Gewand.“<br />

Mein Vater, mein Vater, und hörest du nicht,<br />

was Erlenkönig mir leise verspricht?-<br />

Sei ruhig, bleibe ruhig, mein Kind;<br />

in dürren Blättern säuselt der Wind.-<br />

„Willst, feiner Knabe du mit mir gehn?<br />

Meine Töchter sollen dich warten schön;<br />

meine Töchter führen den nächtlichen Reihn<br />

und wiegen und tanzen und singen dich ein.“<br />

Mein Vater, mein Vater und siehst du nicht dort<br />

Erlkönigs Tochter am düsteren Ort?-<br />

Mein Sohn, mein Sohn, ich seh es genau:<br />

Es scheinen die alten Weiden so grau.-<br />

„Ich liebe dich, mich reizt deine schöne Gestalt;<br />

und bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt.“<br />

Mein Vater, mein Vater, jetzt faßt er mich an!<br />

Erlkönig hat mir ein Leids getan!-<br />

Dem Vater grausets, er reitet geschwind,<br />

er hält in den Armen das ächzende Kind,<br />

erreicht den Hof mit Mühe und Not;<br />

in seinen Armen das Kind war tot.<br />

übersetzt von Gerda Greis<br />

Wä kom gerere so schbä duerch Nacht on Wend?<br />

Dat woar en Fadder met sinnem Kend;<br />

hä hadde d’r Jong en sinnem Arm,<br />

packde än secher on hel än warm.<br />

Min Jong, wat ferschdechst du din Gesechd?-<br />

Babbe, d’r Erlkönig! Sist du än wi ech,<br />

hä drät en Kron on och noch en Schwaif?-<br />

Min Jong, darres nuer en Näwelschdraif.-<br />

„Du lewer Jong, kom! Kom, gear met mier!<br />

Ech well och scheane Schbeln schbeln met dier;<br />

am Schdrand fel bondiche Blome sin,<br />

met goldene Glearer min Modder geat hin.“<br />

Babbe, Babbe!, kasdet hearn wi ech,<br />

wat d’r Erlkönig mier lais ferschbrecht?<br />

Blif ruig, blif ganz ruig, min Kend,<br />

em derre Geäst bewäjt sech nuer d’r Wend.-<br />

„Wedde met mier go, du fainer Jong?<br />

Min Mädcher got met dier emgä konn;<br />

de Märercher senge en d’r Nacht,<br />

si danze met dier, on gä gearn of dech acht.“<br />

Babbe, Babbe, kasde do henne,<br />

och Erlkönigs Mädche em disdern fenne?-<br />

Min Jong, min Jong, se’ ka ech wat do,<br />

mier schinnt, de al Waide sin so gro.<br />

„Ech ha dech rächt gearn, din Figur macht mech a.<br />

Wedde net? Met Gewalt ka ech dech ha!<br />

Babbe!Babbe! Hä es m’r so no’!<br />

Erlkönig hät m’r itz wat gedo.<br />

Met Angst es d’r Fadder gerere geschwend,<br />

hel en de Arme dat granke Kend,<br />

kom nohaim met groaser Me’ on Noat;<br />

en sinne Arme d’r Jong woar doat.<br />

EMANZIPATION 1948<br />

Afang 1945 gräj ech bi Bertrams en Seje of d’r Iserfäller<br />

Schdrose en Learschdell om Bürro, on dat woar kän Zofall,<br />

dänn d’r Bürro-Scheff fa dänn les sech bi minnem Fadder<br />

mänchmo en näjje A’zoch schnierern, sin Frou gräj altemo<br />

e näjj Kostüm orrer fa ner al Botze en enge Rock agebasst,<br />

Fleckarwet on Ofbejjeln komen d’rzo.<br />

Aines Daches säde min Modder zo osem Kunde: “Si<br />

konn och emo wat foar os do!” Min Modder hadde sech<br />

nämlech en d’r Kobb gesatt on beschlosse, darrech “Buchhalterin”<br />

wearn sall, dat wär en gorer Berof foar mech,<br />

domet kenn m’r fel Gäld ferden. On so kom ech zo dä<br />

Learschdäll. Bi d’r Firma woarn all zefrere met minner Arwet,<br />

on em Frejoar 1948 ha ech min Prefong als “Industrie-<br />

Kaufmann” beschdanne.<br />

No gobet me Gäld. Min Modder reb ser alt de Hänn.<br />

Em earschde Learjoar gräj ech ze, em zwaide zwanzich,<br />

38 25 Jahre durchblick 2/<strong>2012</strong>

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