Weg in die trojanische Gesellschaft befänden. Kommunikation wie etwa Werbung, aber auch politische Aussagen, so lehre in dieser Sicht die Erfahrung, sei oft ein trojanisches Pferd, <strong>und</strong> daher lohne es sich immer weniger, Glauben zu schenken. Wenn aber Trojanisierung von Wirtschaft <strong>und</strong> Gesellschaft wirklich <strong>der</strong> "Normalfall" wäre, dann gäbe es gar keine Täuschung <strong>und</strong> damit auch keine Enttäuschung mehr, weil man das Vertrauen, das sich ja immer prospektiv in die Zukunft richtet <strong>und</strong> Ungewissheit mil<strong>der</strong>n soll, längst aufgegeben hat. Was sind nun die Konsequenzen <strong>der</strong>artiger Sachverhalte, also die Dysfunktionen fehlenden Vertrauens? Und um diese geht es, nicht um kulturpessimistische Szenarienmalerei o<strong>der</strong> sozialromantisch eingefärbte Krisenrhetorik. Führt das manipulative Verhalten von Akteuren zu einem Generalverdacht, dann wird generalisiertes Misstrauen zur Verhaltensgr<strong>und</strong>lage mit <strong>der</strong> dramatischen Auswirkung einer Destabilisierung sozialer Beziehungen. Nachlassen<strong>des</strong> Vertrauen führt zu verstärkten Kontrollanstrengungen mit entsprechend wachsenden Kontroll- <strong>und</strong> Koordinierungskosten, etwa bei <strong>der</strong> Dopingbekämpfung durch eine höhere Zahl von Kontrolleuren, Probenahmen, Analysen in Laboren, Laborpersonal. Allerdings würde ein völlig zwangskontrolliertes <strong>und</strong> damit totalitäres Wettkampfsystem <strong>der</strong>art immense Transaktionskosten verursachen, dass sein Fortbestand unter Finanzierungsaspekten höchst gefährdet wäre. Im Übrigen bleibt das Problem <strong>der</strong> Kontrolle <strong>der</strong> Kontrolleure <strong>der</strong> Kontrolleure <strong>der</strong> Kontrolleure ... gr<strong>und</strong>sätzlich bestehen. Es handelt sich hier um einen infiniten Regress, <strong>der</strong> sich letztlich wie<strong>der</strong> nur durch Vertrauen in die Kontrolleure, in die Objektivität, Gerechtigkeit <strong>und</strong> Unabhängigkeit <strong>der</strong> Kontrolleinrichtungen, also <strong>der</strong> Sportorganisationen mit ihren Schieds- <strong>und</strong> Kampfrichtern <strong>und</strong> ihrer Schiedsgerichtsbarkeit, durchbrechen lässt. Das generalisierte Vertrauen ist risikobehaftet <strong>und</strong> verlangt nach stabilisierenden Maßnahmen. Der Spitzensport hat wegen seiner immanenten Maximierungslogik <strong>und</strong> wegen seiner Vereinnahmung für an<strong>der</strong>e Zwecke, die zu einer Radikalisierung bei <strong>der</strong> Verfolgung <strong>des</strong> Siegesco<strong>des</strong> <strong>und</strong> <strong>des</strong> Konkurrenzprinzips führen, einen deutlichen Bedarf an einem extern induzierten Misstrauen. Für Staat <strong>und</strong> Medien bietet sich hier die Aufgabe, durch kritische Beobachtung, durch Öffentlichkeit <strong>und</strong> Öffentlichmachung von Verfehlungen vertrauensbildende <strong>und</strong> vertrauensstabilisierende Funktionen für den Hochleistungssport zu übernehmen. Dadurch tragen sie zur Aufhebung <strong>des</strong> schönen Scheins <strong>und</strong> zur "Ent-Täuschung" aller am Hochleistungssport Beteiligter bei <strong>und</strong> damit zur Sicherung von Identität <strong>und</strong> Glaubwürdigkeit <strong>des</strong> Hochleistungssports insgesamt. Sponsoren reagieren 10 dann auf eine imageschädliche öffentliche Diskussion zum Beispiel durch Geldentzug. Nun scheint eine weitere Beson<strong>der</strong>heit <strong>des</strong> Sports eine Gefahrenquelle darzustellen. Personalisiertes Vertrauen kennzeichnet im Sport die Beziehungen zwischen Athlet <strong>und</strong> Trainer, Psychologe <strong>und</strong> Athlet o<strong>der</strong> Arzt <strong>und</strong> Athlet. Eltern vertrauen Trainern <strong>und</strong> Betreuern, wenn sie diesen ihre Kin<strong>der</strong> anvertrauen, <strong>und</strong> sie vertrauen <strong>der</strong>en Qualifikationen. Hier werden starke "gesichtsabhängige", persönliche Bindungen angestrebt, die Motivation för<strong>der</strong>n <strong>und</strong> die Entscheidungen <strong>des</strong> Trainers, <strong>der</strong>en Folgen eben erst in <strong>der</strong> Zukunft liegen, akzeptieren lassen, sowie Kooperationen <strong>und</strong> Wir-Gefühl in <strong>der</strong> Gruppe aufbauen <strong>und</strong> festigen helfen. Man kennt sich, man versteht sich, man weiß, mit wem man es zu tun hat. Enge personalisierte Beziehungen können sich auch zwischen Trainern, Funktionären, Betreuern, Managern, Kampfrichtern, Ärzten, Physiotherapeuten bilden. Es entwickeln sich dann starke Bindungen auf "gesichtsabhängiger" Basis, die manchmal mit dem Etikett "Sportkameradschaft" emotional aufgeladen sind, mit - <strong>und</strong> das ist <strong>der</strong> Punkt im Rahmen <strong>der</strong> hier angestellten Betrachtungen - möglichen Einflussnahmen auf die Integrität <strong>des</strong> Wettbewerbs. Ein solches starkes personalisiertes Vertrauen, das Abgrenzungen zu an<strong>der</strong>en produziert <strong>und</strong> sich in Schweigekartellen nie<strong>der</strong>schlägt, verringert das generalisierte Vertrauen. Zweifel an <strong>der</strong> erwähnten kritischen Funktion <strong>der</strong> Medien werden immer wie<strong>der</strong> gerade dann auftauchen, wenn auch Journalisten in die "gesichtsabhängigen" Netzwerke intensiv eingeb<strong>und</strong>en sind. Mit dem durch die Ausrichtung <strong>des</strong> Hochleistungssports an <strong>der</strong> internationalen Konkurrenz schrankenlosen Überbietungsimperativ sind zahlreiche unerwünschte Folgeprobleme verb<strong>und</strong>en, die bei einer angestrebten Erhaltung <strong>der</strong> - auch ein gewisses Maß an Eventisierung <strong>und</strong> Entertainisierung ertragenden - Identität <strong>des</strong> Systems Hochleistungssport, zu <strong>der</strong> Vertrauen in die Integrität <strong>des</strong> Wettkampfs gehört, nach Bewältigung verlangen. Die Anwendung <strong>und</strong> Durchsetzung seiner Regeln <strong>und</strong> <strong>der</strong> ethischen <strong>und</strong> humanen Gr<strong>und</strong>sätze muss <strong>der</strong> Sport, <strong>der</strong> nicht in die Beliebigkeit einer Showzirkusinszenierung mutieren will <strong>und</strong> dem etwa Risiken <strong>der</strong> körperlichen Unversehrtheit, Verletzungen <strong>der</strong> Chancengleichheit <strong>und</strong> "Handel" etwa mit jungen Fußballtalenten aus Südamerika <strong>und</strong> Afrika, ohne Verantwortung für <strong>der</strong>en Schicksale, nicht gleichgültig sind, in erster Linie selbst leisten. Denn es handelt sich bei <strong>der</strong> Maximierungslogik <strong>und</strong> den personalisierten Nahverhältnissen, die als Problem erzeugend erkannt wurden, um sportendogene Faktoren, also um potenziell selbstzerstörerische Kräfte - allerdings verstärkt durch Außenbeziehungen <strong>des</strong> Spitzensportsystems.
Ludger Beerbaum, Meredith Michaels Beerbaum <strong>und</strong> Markus Beerbaum, mehrfache Olympiasieger, Weltmeister <strong>und</strong> erfolgreiche Unternehmer. Zusammen geht mehr. Als Geschäftsbank, Allfinanz-Holding <strong>und</strong> Zentralbank sorgenw sorgen wir gemeinsam mit über 1.000 Volksbanken Raiffeisenbanken für Ihren Erfolg. Denn zusammen geht mehr. Zusammen geht mehr.