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Zeitschrift des Deutschen Olympischen Sportbundes und der ...

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hingelegt <strong>und</strong> Spaß dabei gehabt." Sollte ihr aber <strong>der</strong> große<br />

Wurf gelingen, wäre ihr ein Olympiasieg mehr wert als <strong>der</strong><br />

Weltmeistertitel. "Olympische Spiele sind nun einmal etwas<br />

ganz Beson<strong>der</strong>es. Zwei Wochen lang schaut die Welt auf den<br />

Sport. Und es ist etwas Tolles, dass man im <strong>Olympischen</strong> Dorf<br />

Kontakt zu vielen Athleten aus ganz verschiedenen Sportarten<br />

<strong>und</strong> vielen Län<strong>der</strong>n haben kann." Vor vier Jahren in<br />

Athen, wo sie sich über ihren vierten Rang freute, hatte sie<br />

dieses brodelnde Leben zum ersten Mal genossen.<br />

Die Konkurrenz vor allem aus China, Kuba, Polen <strong>und</strong> Russland<br />

ist sehr stark. Zwei Russinnen, die Weltrekordlerin Tatjana<br />

Lysenko <strong>und</strong> Jekaterina Choroschich, sind wegen Dopings<br />

gesperrt. Betty Heidler registriert, was sich auf diesem Gebiet<br />

so tut. "Aber ich kann's nicht beeinflussen. Ich kann nur mich<br />

<strong>und</strong> meine Leistungen beeinflussen, <strong>und</strong> darauf konzentriere<br />

ich mich." Sie wollte, wie sie einmal sagte, "die Beste <strong>der</strong><br />

Sauberen werden". Nun ist sie als Weltmeisterin die Beste von<br />

allen geworden. Da sieht sie sich selbst Zweifeln ausgesetzt:<br />

"Es ist mir schon klar, dass einige glauben, ich würde irgendwas<br />

machen. Viele Nei<strong>der</strong> können sich nicht vorstellen, wie<br />

man so stabil in diesem Leistungsbereich werfen kann." Die<br />

Skeptiker könnten gerne zum Training kommen. "Da werden<br />

sie erkennen, wo die Leistungssteigerungen herkommen."<br />

Schnellkräftige, explosive Athletinnen statt Kolosse katapultieren<br />

die vier Kilo schwere Wolframkugel am 1,19 m langen<br />

Drahtseil weit hinaus.<br />

1.000 bis 1.500 Würfe mit dem Wettkampfhammer, 10.000<br />

Würfe mit Geräten zwischen zwei <strong>und</strong> acht Kilo absolviert<br />

Betty Heidler im Jahr. Das summiert sich zu 30.000 Einzeldrehungen.<br />

Jeweils 200 bis 300 Kilopond Fliehkraft müssen<br />

beherrscht werden. Bei jedem Wurf wirkt ein Gewicht von<br />

36<br />

200 bis 250 Kilogramm auf die Hand. Es versteht sich, dass<br />

ein vielfältiges Training über die reinen Technikübungen<br />

hinaus notwendig ist, um den Anfor<strong>der</strong>ungen gewachsen zu<br />

sein. "Man muss schon vom Hammerwerfen fasziniert sein,<br />

um alles auf sich zu nehmen. Die Herausfor<strong>der</strong>ung ist, eine<br />

r<strong>und</strong>e Bewegung so hinzubekommen, dass man bei dem<br />

hohen Einsatz von Kraft <strong>und</strong> Schnelligkeit am Ende nach <strong>der</strong><br />

vierten Drehung steht." Die Kontrolle mit Videos <strong>und</strong> sporadisch<br />

mit Computerdarstellungen von Biomechanikern, bei<br />

denen die Bewegungsabläufe in einzelne Phasen zerlegt<br />

werden, hilft, Fehlern auf die Spur zu kommen. So beim<br />

schwierigen Übergang von <strong>der</strong> zweiten zur dritten Drehung.<br />

Am wichtigsten für die Weltmeisterin ist ihr Trainer. Sie<br />

rühmt "sein Auge, sein Temperament, seinen Ehrgeiz, immer<br />

<strong>der</strong> Beste zu sein. Und es wurmt ihn, wenn man nicht die<br />

Erste ist. Wenn man selber mal nicht so<br />

motiviert ist, dann pusht er einen. Ich<br />

gehe in den Ring <strong>und</strong> will für mich,<br />

aber auch für ihn gut sein, um ihm<br />

etwas zurückzugeben."<br />

Michael Deyhle wie<strong>der</strong>um nennt "Betty<br />

eine Beispielathletin für den deutschen<br />

<strong>und</strong> für den internationalen Hammerwurf.<br />

Sie ist sehr talentiert, sehr fleißig,<br />

ungewöhnlich konsequent in allem, was<br />

sie macht. Sie muss in bestimmten<br />

Bereichen arbeiten. Aber sie ist bereit, die<br />

Arbeit zu leisten. Ihre <strong>und</strong> meine Vorstellung<br />

decken sich, so lange an Schwachpunkten<br />

herumzudoktern, bis sie getilgt<br />

sind." Ab <strong>und</strong> zu komme ihr Temperament<br />

durch. "Sie hat ihren eigenen Kopf."<br />

Das gehört zu einer Persönlichkeit. "Das<br />

Positivste an ihr ist ihre offene Art, mit<br />

Menschen umzugehen." Trainer <strong>und</strong><br />

Athletin verlieren bei ihrer konsequent harten Arbeit nicht den<br />

Spaß aus den Augen. "Ohne Spaß ist man auf Dauer nicht in<br />

<strong>der</strong> Lage, Leistung zu bringen", sagt Deyhle. Und es wird viel<br />

gelacht beim Training in Fechenheim <strong>und</strong> an<strong>der</strong>swo.<br />

Seit dem überraschenden Triumph von Osaka ist Betty Heidlers<br />

Leben noch unruhiger geworden. Die Zahl <strong>der</strong> Interviews<br />

<strong>und</strong> an<strong>der</strong>er Verpflichtungen wie Sponsorentermine hat<br />

sprunghaft zugenommen. Doch die Athletin geht positiv<br />

damit um. Seit geraumer Zeit hat sie sogar einen Manager.<br />

Und ein bisschen was kommt schon rein, auch wenn Reichtümer<br />

mit dem Hammerwerfen nicht zu verdienen sind. Der<br />

Sport steht natürlich, zumal im Olympiajahr, im Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong>.<br />

Gibt es überhaupt ein Privatleben? "Aber natürlich", sagt die<br />

heiter wirkende Berlinerin. "Ich tanze gern <strong>und</strong> gehe gern ins<br />

Kino." Und im Herbst will Betty Heidler wie<strong>der</strong> öfters Inline<br />

skaten <strong>und</strong> Rad fahren. Nach dem - hoffentlich - großen<br />

Wurf von Peking.

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