19.01.2013 Aufrufe

Zeitschrift des Deutschen Olympischen Sportbundes und der ...

Zeitschrift des Deutschen Olympischen Sportbundes und der ...

Zeitschrift des Deutschen Olympischen Sportbundes und der ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Der Überfall <strong>der</strong> Sowjetunion im Dezember 1979 auf Afghanistan<br />

provozierte die For<strong>der</strong>ung von US-Präsident Jimmy<br />

Carter nach einem umfassenden Olympiaboykott <strong>der</strong> Sommerspiele<br />

von Moskau. Zwei Monate nach <strong>der</strong> Invasion war<br />

schon bei den Winterspielen im amerikanischen Städtchen<br />

Lake Placid die Stimmung politisch so aufgeheizt, dass <strong>der</strong><br />

Sieg <strong>der</strong> USA über die favorisierte sowjetische Eishockey-<br />

Mannschaft frenetisch gefeiert wurde. Ein Beispiel dafür, wie<br />

im Kalten Krieg aus Ost-West-Begegnungen, nicht zuletzt<br />

zwischen <strong>der</strong> Bun<strong>des</strong>republik <strong>und</strong> <strong>der</strong> DDR, spannende "Derbys"<br />

wurden, bei denen Millionen Menschen mitfieberten.<br />

Bei den Moskauer Spielen im Sommer 1980 fehlten 64<br />

Län<strong>der</strong>. Die meisten davon boykottierten die Spiele wegen <strong>des</strong><br />

Einmarschs <strong>der</strong> sowjetischen Truppen in Afghanistan, darunter<br />

so bedeutende Län<strong>der</strong> wie die USA, Kanada, Japan <strong>und</strong> die<br />

Bun<strong>des</strong>republik Deutschland. Eine beson<strong>der</strong>e Pointe ist es mit<br />

Blick auf die Spiele von Peking, dass China sich ausdrücklich<br />

wegen <strong>der</strong> sowjetischen Invasion ebenfalls dazu entschloss,<br />

keine Mannschaft nach Moskau zu entsenden. Dass <strong>der</strong><br />

Olympiaboykott auf immensen Druck <strong>des</strong> US-Präsidenten<br />

zustande kam, stellte einen bis dahin beispiellosen Eingriff<br />

<strong>der</strong> Politik in die olympischen Belange dar. Die Menschenrechtsdiskussion,<br />

die bis 1979 zur Kritik am Gastgeberland <strong>der</strong><br />

Spiele geführt hatte, wurde durch den Boykott überlagert.<br />

Unter dem fadenscheinigen Vorwand, die Sicherheit <strong>der</strong><br />

Athleten sei in Los Angeles nicht gewährleistet, folgte vier<br />

Jahre später <strong>der</strong> Gegenboykott <strong>des</strong> sozialistischen Lagers.<br />

Rumänien <strong>und</strong> China, das ein viel beachtetes olympisches<br />

Comeback feierte, schickten dennoch ihre Mannschaften<br />

nach Kalifornien.<br />

Die Sommerspiele von Seoul 1988 führten die Welt wie<strong>der</strong><br />

weitgehend zusammen. Nur Nordkorea, dem IOC-Präsident<br />

Juan Antonio Samaranch bis zuletzt geschickt die Tür zur<br />

Teilnahme offen gehalten hatte, <strong>und</strong> sechs weitere Län<strong>der</strong>,<br />

darunter Kuba, blieben den Spielen in Südkorea fern, vermieden<br />

es aber, um Sanktionen <strong>des</strong> IOC zu umgehen, ausdrücklich<br />

einen Boykott zu erklären. Die <strong>Olympischen</strong> Spiele von<br />

Barcelona 1992 markierten mit dem Auftritt <strong>der</strong> ersten<br />

gesamtdeutschen Mannschaft die sportliche Wie<strong>der</strong>vereinigung<br />

<strong>des</strong> Lan<strong>des</strong>. Und auch Südafrika, das unter Mandela die<br />

Politik <strong>der</strong> Rassentrennung überw<strong>und</strong>en hatte, kehrte in die<br />

Olympische Bewegung zurück.<br />

Die Winterspiele von Salt Lake City fünf Monate nach den<br />

Anschlägen <strong>des</strong> 11. September zeigten, dass <strong>der</strong> Terrorismus<br />

nach dem Ende <strong>des</strong> Kalten Krieges zur großen politischen<br />

Belastung auch für den olympischen Sport wurde. Die Amerikaner<br />

ließen sich nicht durch den Aufruf <strong>des</strong> IOC zu einer<br />

olympischen Waffenruhe bei ihrem Feldzug gegen die Taliban<br />

in Afghanistan aufhalten. Und ausgerechnet dem amerikanischen<br />

Präsidenten George W. Bush blieb es vorbehalten, als<br />

erstes Staatsoberhaupt die traditionelle Eröffnungsformel <strong>der</strong><br />

28<br />

Spiele patriotisch zu erweitern: "Stellvertretend für eine<br />

stolze, entschlossene <strong>und</strong> dankbare Nation erkläre ich die<br />

Spiele von Lake Placid zur Feier <strong>der</strong> Winter-Olympiade für<br />

eröffnet." Während Sportler für ähnliche politische Demonstrationen<br />

mit strengen Sanktionen hätten rechnen müssen,<br />

bekam Bush vom neu gewählten IOC-Präsidenten Jacques<br />

Rogge nicht einmal ein Wort <strong>des</strong> Protestes zu hören.<br />

Die <strong>Olympischen</strong> Spiele von Athen 2004 blieben frei von<br />

politischen Belastungen. Dafür trat umso schärfer das<br />

Dopingproblem zutage, das den Spitzensport fatal auszuhöhlen<br />

droht. Wer aber gedacht hatte, dass es nun zu einem<br />

dauerhaften olympischen Frieden kommen würde, sah sich<br />

getäuscht. Der Aufstand <strong>der</strong> Tibeter <strong>und</strong> die brutale Nie<strong>der</strong>schlagung<br />

durch die chinesischen Staatsorgane haben die<br />

Menschenrechtsfrage <strong>und</strong> die Bedrohung Olympias durch die<br />

Politik wie<strong>der</strong> auf die Tagesordnung gesetzt.<br />

Olympia zwischen Yin<br />

<strong>und</strong> Yang<br />

Von Günter Deister<br />

In <strong>der</strong> Jahrtausende alten chinesischen Philosophie <strong>des</strong><br />

Daoismus bezeichnen Yin <strong>und</strong> Yang eine Zweiheit, aus<br />

<strong>der</strong>en Wechselspielen die Welt hervorgeht. Yin bedeutet<br />

das Prinzip <strong>des</strong> Schattens, Yang steht für die Sonne. Die<br />

<strong>Olympischen</strong> Spiele in Peking sind eine unerhörte Prüfung<br />

auf die mo<strong>der</strong>ne Auslegung <strong>des</strong> Begriffs, nämlich einen<br />

Ausgleich zu schaffen zwischen zwei Gegensätzen. Die könnten<br />

größer kaum sein. Auf <strong>der</strong> einen Seite steht die diktatorisch<br />

regierte Volksrepublik China mit ihrem unbedingten<br />

Anspruch, im 21. Jahrh<strong>und</strong>ert als Supermacht aufzusteigen.<br />

Dafür will sie sich nun die olympischen Weihen geben lassen.<br />

Mit Blick auf die Spiele schrieb die maßgebliche Pekinger<br />

"Volkszeitung" Anfang 2008: "Dies ist das Jahr, auf das die 1,3<br />

Milliarden Söhne <strong>und</strong> Töchter Chinas sehnsüchtig gewartet<br />

haben." Den Gegenpol bildet das 114 Jahre alte Internationale<br />

Olympische Komitee (IOC), ausgerüstet nur mit seiner Idee:<br />

Die Welt durch friedliche Spiele zu vereinen.<br />

Es scheint, als würden sich Feuer <strong>und</strong> Wasser begegnen. Doch<br />

verbal bemühen sich China <strong>und</strong> das IOC um eine friedliche<br />

Koexistenz auf Zeit. Die Gastgeber bestreiten jeden politischen<br />

Gehalt <strong>der</strong> Spiele, <strong>und</strong> das IOC definiert Olympia als<br />

politikfreien, demokratischen Raum, was IOC-Präsident<br />

Jacques Rogge so umschreibt: "Wir können nicht alle Probleme<br />

dieser Welt lösen. Aber wir machen die Welt besser." Das<br />

muss sich nun erweisen bei diesen fünften <strong>Olympischen</strong>

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!