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Zeitschrift des Deutschen Olympischen Sportbundes und der ...

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Olympische Idee -<br />

universell <strong>und</strong> international<br />

Die Spiele sollen diese Botschaft weltweit ausstrahlen<br />

Von Ommo Grupe<br />

Internationalität ist ein wichtiges Merkmal <strong>des</strong> Olympismus,<br />

nach Coubertins Auffassung mit das wichtigste. Im<br />

Charakter <strong>der</strong> <strong>Olympischen</strong> Spiele soll sich dies wi<strong>der</strong>spiegeln:<br />

Fairness <strong>und</strong> gegenseitiger Respekt sollen sie kennzeichnen,<br />

trotz weltanschaulicher, politischer <strong>und</strong> religiöser Unterschiede.<br />

Nationalistische <strong>und</strong> rassistische Einstellungen dürfen<br />

in ihnen <strong>und</strong> in Zusammenhang mit ihnen keinen Platz<br />

finden.<br />

Es gibt viele Verbände, Institutionen <strong>und</strong> Einrichtungen, die<br />

"international" sind <strong>und</strong> sich als Organisationen auch so<br />

nennen, zum Beispiel die internationalen Fachverbände <strong>und</strong><br />

auch das IOC selbst. Wenn man im Zusammenhang mit dem<br />

Ethos <strong>des</strong> olympischen Sports jedoch von "Internationalität"<br />

spricht, hat dieses Wort noch eine an<strong>der</strong>e Bedeutung. Über<br />

ein Organisationsprinzip hinaus ist es ein Sinnprinzip. Internationalität<br />

ist konstitutiv für das olympische Selbstverständnis.<br />

Deshalb ist sie ihrem Sinn nach in <strong>der</strong> <strong>Olympischen</strong><br />

Charta als dem Gr<strong>und</strong>gesetz <strong>der</strong> <strong>Olympischen</strong> Bewegung<br />

auch fest verankert. Coubertin verdanken wir ja nicht nur<br />

die Wie<strong>der</strong>gründung <strong>der</strong> <strong>Olympischen</strong> Spiele, son<strong>der</strong>n eben<br />

auch die Neu- <strong>und</strong> Uminterpretation <strong>der</strong> <strong>Olympischen</strong> Idee<br />

als einer international orientierten Friedens- <strong>und</strong> Erziehungsidee.<br />

Nach dem in <strong>der</strong> IOC-Charta formulierten<br />

Anspruch soll sie das bis heute sein. Seit Coubertin gehört<br />

Internationalität <strong>des</strong>halb auch zu dem Ensemble <strong>der</strong> wichtigsten<br />

olympischen Sinnmuster, vielleicht sagt man besser<br />

Tugenden, also Fairness, Friedlichkeit, Regeleinhaltung,<br />

gegenseitiger Respekt. Diese sollen als geschriebene <strong>und</strong><br />

ungeschriebene Maxime eine Art "Leitlinie" für "olympisches"<br />

Verhalten sein, nicht nur für die einzelnen sporttreibenden<br />

Menschen, son<strong>der</strong>n auch für die olympischen Organisationen<br />

<strong>und</strong> Funktionäre.<br />

Natürlich gilt auch heute noch die Einsicht Coubertins, dass<br />

selbst ein ausdrücklich friedens- <strong>und</strong> fairnessorientierter<br />

Olympismus kriegerische Auseinan<strong>der</strong>setzungen, ethnische<br />

16<br />

Blickpunkt Peking:<br />

<strong>und</strong> religiöse Konflikte <strong>und</strong> politische Spannungen nicht<br />

verhin<strong>der</strong>n kann, schon gar nicht lösen. Aber er war doch<br />

überzeugt, dass <strong>der</strong> wirklich authentisch olympische Sport<br />

mit seinen Verhaltensmustern <strong>und</strong> Regeln ein nachvollziehbares<br />

<strong>und</strong> weltweit verständliches Verhaltenskonzept anbietet,<br />

das - wenn letztlich auch nur auf einem schmalen ethischen<br />

Konsens begründet - zumin<strong>des</strong>t doch zeigt, wie man<br />

trotz religiöser, politischer, rassischer <strong>und</strong> ethnischer Unterschiede<br />

miteinan<strong>der</strong> umgehen kann (<strong>und</strong> soll). Nämlich,<br />

obwohl man sich im sportlichen Wettkampf um etwas streitet,<br />

was alle wollen, aber nur einer o<strong>der</strong> eine o<strong>der</strong> einige<br />

bekommen können, alles in allem möglichst fair, respektvoll<br />

<strong>und</strong> den geschriebenen <strong>und</strong> ungeschriebenen Regeln <strong>des</strong><br />

Sports folgend.<br />

Für Coubertin war dieses Verhaltens- <strong>und</strong> Sinn-Ensemble das<br />

Wichtigste am olympischen Sport, er definierte ihn überhaupt<br />

erst als "olympisch". Insofern ist es auch ein Vermächtnis, das<br />

in einer Zeit zunehmen<strong>der</strong> Internationalisierung <strong>und</strong> Globalisierung,<br />

auch offensichtlich verbreiteter Orientierungslosigkeit<br />

<strong>und</strong> Sinnsuche auf <strong>der</strong> einen Seite, <strong>und</strong> auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />

überall aufbrechen<strong>der</strong> ethnischer, sozialer <strong>und</strong> kultureller<br />

Konflikte, beson<strong>der</strong>e Beachtung verdient. Dieses ethisch<br />

allerdings sozusagen reduzierte Konzept war für Coubertin<br />

zunächst auf den Sport beschränkt, speziell auf den wettkampforientierten<br />

internationalen Leistungssport. Aber als<br />

Pädagoge war ihm das dann doch zu wenig. Er hoffte sehr<br />

darauf, dass es als Beispiel <strong>und</strong> Modell in an<strong>der</strong>e Lebensbereiche<br />

hinein wirken würde (<strong>und</strong> möglichst auch noch geeignet,<br />

dem olympischen Hauptziel zu dienen: Friedlichkeit <strong>und</strong><br />

Völkerverständigung).<br />

Hans Lenk, Philosophieprofessor <strong>und</strong> Olympiasieger, hat diese<br />

Art von olympischem Ethos als mehrdeutig <strong>und</strong> vielverträglich<br />

bezeichnet. Man kann es mit unterschiedlichen Zielen<br />

<strong>und</strong> Interessen verbinden <strong>und</strong> <strong>des</strong>halb auch mit solchen, die<br />

keineswegs "olympisch" sind, was lei<strong>der</strong> oft passiert ist. Und<br />

<strong>der</strong> hochrenommierte Soziologe Helmut Plessner hat in<br />

einem Aufsatz bereits Anfang <strong>der</strong> 50er Jahre zum Sport in<br />

mo<strong>der</strong>nen Industriegesellschaften <strong>und</strong> <strong>des</strong>sen Ethos diese Art<br />

von Ethos als formal <strong>und</strong> neutral <strong>und</strong> als auf die beson<strong>der</strong>e<br />

Struktur von industriellen Gesellschaften zugeschnittenes<br />

Ethos bezeichnet, das Klassen-, Rassen- <strong>und</strong> politische Unterschiede,<br />

sogar solche <strong>des</strong> Glaubens, neutralisiere, sie sozusagen<br />

"in Klammern" setze. Gleichwohl sei ein solches Ethos in<br />

einer zerklüfteten Industriegesellschaft nützlich <strong>und</strong> vielleicht<br />

notwendig, um ihr Funktionieren zu ermöglichen.

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