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Zeitschrift des Deutschen Olympischen Sportbundes und der ...

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Monique Berlioux, die langjährige Direktorin <strong>des</strong> IOC,<br />

beschreibt in ihrem Buch "Des Jeux et <strong>des</strong> Crimes 1936. Le<br />

piège blanc olympique.", dass Bailet-Latours Mitstreiter, <strong>der</strong><br />

Franzose Michel de Polignac, im "Dritten Reich" ein Bollwerk<br />

gegen den Kommunismus sah, <strong>der</strong> Brite Lord Burghley<br />

Deutschland generell bew<strong>und</strong>erte, <strong>und</strong> die späteren IOC-<br />

Präsidenten Sigfrid Edström aus Schweden sowie Avery<br />

Br<strong>und</strong>age, <strong>der</strong> damalige Präsident <strong>des</strong> <strong>Olympischen</strong> Komitees<br />

<strong>der</strong> USA (USOC), Hitlers Abneigung gegen Juden teilten. Der<br />

Amerikaner warb entschieden für eine Teilnahme an den<br />

Spielen von 1936 <strong>und</strong> hatte bei <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong>versammlung<br />

<strong>des</strong> USOC mit zwei Stimmen Mehrheit Erfolg. Dass die Fechterin<br />

Helene Mayer aus dem amerikanischen Exil anreisen<br />

<strong>und</strong> für Deutschland starten durfte, gehörte zu den Gesten,<br />

mit denen die internationale Öffentlichkeit beschwichtigt<br />

wurde. Die "blonde He", die Olympiasiegerin von 1928, die<br />

"aus rassischen Gründen" aus dem Offenbacher Fechtclub<br />

ausgeschlossen worden war, sollte als Olympiazweite zu den<br />

zwölf jüdischen Medaillengewinnern von Berlin zählen,<br />

darunter die ungarische Goldmedaillengewinnerin Ibolya<br />

Csák im Hochsprung. Dagegen war die Jüdin Gretel Bergmann,<br />

<strong>der</strong>en deutscher Rekord von 1,60 Meter <strong>der</strong> Siegeshöhe<br />

entsprach, kurz vor den Spielen zynisch ausgebootet<br />

worden.<br />

26<br />

1936 stellten schon die Winterspiele von Garmisch-Partenkirchen<br />

einen Modellfall dar, wie Olympia sich politisch instrumentalisieren<br />

ließ. Und in noch viel größerem Umfang<br />

geschah dies mit den Sommerspielen von Berlin. Die meisten<br />

teilnehmenden Nationen ließen sich, eingestimmt von einer<br />

gewaltigen Propaganda, durch die vorzügliche Organisation<br />

<strong>und</strong> die glanzvolle Masseninszenierung blenden. Zum Leidwesen<br />

<strong>der</strong> Nazis feierte das sportbegeisterte Publikum den<br />

vierfachen schwarzen Olympiasieger Jesse Owens als Liebling<br />

<strong>der</strong> Spiele. Der Respekt <strong>des</strong> IOC vor dem Organisationsvermögen<br />

<strong>der</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>und</strong> die Bew<strong>und</strong>erung für die nationalsozialistischen<br />

Machtentfaltung führte sogar zu <strong>der</strong> Absicht, die<br />

Winterspiele 1940 zum zweiten Mal Garmisch-Partenkirchen<br />

zu übertragen. Und das, obwohl die Verfolgung <strong>der</strong> Juden<br />

<strong>und</strong> politisch An<strong>der</strong>sdenken<strong>der</strong> bis hin zu unmenschlicher<br />

Behandlung in Konzentrationslagern nicht mehr zu übersehen<br />

war.<br />

Es passt ins Bild, dass die <strong>Olympischen</strong> Winter- <strong>und</strong> die<br />

Sommerspiele von 1940 mit Sapporo <strong>und</strong> Tokio Japan, dem<br />

großen Verbündeten Deutschlands im Fernen Osten, übertragen<br />

wurden. Nach dem Überfall auf China im Jahr 1937 sah<br />

sich Japan als Krieg führende Nation ein Jahr später gezwungen,<br />

1939 die Ausrichtung <strong>der</strong> beiden Spiele zurückzugeben.<br />

Und nach dem Ausbruch <strong>des</strong> Zweiten Weltkriegs kamen auch<br />

die "Ersatzorte" Garmisch-Partenkirchen <strong>und</strong> Helsinki nicht<br />

zum Zuge.<br />

Die finnische Hauptstadt richtete dafür 1952 Olympische<br />

Sommerspiele aus, die noch heute für ihre schlichte<br />

Ursprünglichkeit gerühmt werden. Der Auftritt <strong>des</strong> "Friedensengels",<br />

einer in Weiß gewandeten Frau aus Deutschland, die<br />

während <strong>der</strong> Eröffnungsfeier unplanmäßig eine Friedensbotschaft<br />

verlas, wirkt im Nachhinein wie ein Symbol. Denn mit<br />

dem Einzug <strong>der</strong> Sowjetunion in die Spiele wurde vor allem<br />

<strong>der</strong> olympische Sport zu einer Bühne <strong>des</strong> Klassenkampfs. Das<br />

sozialistische Lager bemühte sich, die Überlegenheit seiner<br />

Gesellschaftsform durch Titel <strong>und</strong> Medaillen zu beweisen. Die<br />

DDR hatte noch für 1952 das Angebot <strong>des</strong> IOC abgelehnt,<br />

sich unter <strong>der</strong> Führung <strong>des</strong> bun<strong>des</strong>deutschen NOK an einer<br />

Olympiamannschaft zu beteiligen. Zähneknirschend ließ sich<br />

später Ost-Berlin darauf ein, Sportler in die gesamtdeutschen<br />

Olympiamannschaften zu entsenden, die zwischen 1956 <strong>und</strong><br />

1964 an den Winter- <strong>und</strong> Sommerspielen teilnahmen. Dabei<br />

gab es keine härteren Wettkämpfe als die Olympiaqualifikationen<br />

für diese Teams, in denen die DDR-Funktionäre strikt<br />

darauf sahen, dass ihre Sportler möglichst nicht in Kontakt<br />

mit ihren westdeutschen Kollegen kamen. Zum Glück wurde<br />

dieses Verbot oft genug unterlaufen. 1965 erkannte das IOC,<br />

das <strong>der</strong> deutschen Querelen überdrüssig war, dem NOK <strong>der</strong><br />

DDR seine Eigenständigkeit zu. Zum ersten Mal starteten die<br />

Ostdeutschen 1968 bei den Sommerspielen in Mexiko mit<br />

einer eigenen Mannschaft, wenn auch noch unter gemeinsamen<br />

Symbolen mit den Westdeutschen. Die Strategie, die

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