phantast14
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noch fest umgriffen hatten,<br />
durch ein Labyrinth aus buntem<br />
Licht und konnte einfach nicht<br />
mehr erkennen, was Hologramm<br />
und was wirklich war.<br />
Am Ende seiner Kräfte angekommen,<br />
ging er schließlich in<br />
einem Durchgang zum nächsten<br />
Raum auf die Knie nieder. Das<br />
vor ihm liegende Gewölbe schien<br />
eine Art Testraum zu sein. In den<br />
zahlreichen Sitzecken lagen oder<br />
saßen junge Frauen, die gerade<br />
dabei waren, neue Stims auszuprobieren.<br />
Viele von ihnen waren<br />
japanischer Herkunft, aber<br />
ebenso viele schienen aus dem<br />
Ausland zu stammen. Einige<br />
trugen durchsichtige Regenmäntel,<br />
andere moderne Kunststoffdamenjacken<br />
oder langärmelige<br />
Pullover mit integrierten Holoschirmen<br />
in Brusthöhe. Niemand<br />
schien ihn zu beachten, sie<br />
alle waren ihren Träumen erlegen,<br />
während sie in einem virtuellen<br />
Meer dahinglitten, auf<br />
dem auch er sich lange Zeit hatte<br />
treiben lassen. Das blonde Mädchen,<br />
das er noch vor wenigen<br />
Momenten am Eingang beobachtet<br />
hatte, hockte nun in einem<br />
großen, sich der Körperform anpassenden<br />
Sessel, das SimStim-<br />
Deck vor sich auf dem Schoß<br />
seiner schwarzen, ausgefranzten<br />
Jeans.<br />
Es war nicht Stacy, wusste er<br />
nun. Das hieß, sie war zumindest<br />
nicht mehr Stacy, als es jede andere<br />
Frau hier oder sonst wo in<br />
Neo Tokyo hätte sein können.<br />
Aber wenn Stacy gar nicht existierte,<br />
wenn das Bild von ihr nur<br />
ein verwaschener Traum aus<br />
zerfließendem Licht war, was<br />
war dann mit ihm selbst? Mit all<br />
den anderen Bildern in seinem<br />
Kopf, den Erinnerungen, Gefühlen<br />
und seinem Leben.<br />
Hatte Stacy seine Sehnsucht nach<br />
dem Ziel entfacht, oder hatte<br />
seine Sehnsucht Stacy erst entstehen<br />
lassen? Cross schloss die<br />
Augen, spürte seinen heißen<br />
Atem aus sich herausströmen,<br />
das Schlagen seines Herzens. Es<br />
ist doch egal, ob ich weiß, ob es<br />
wirklich war oder nicht. Ich bin<br />
hier und damit muss ich nun<br />
zurechtkommen.<br />
Hinter sich hörte er Schritte, und<br />
als er sich umblickte, noch immer<br />
auf dem Boden kniend, sah<br />
er Musashi, durchnässt und in<br />
Blut getränkt, die beiden Schwerter<br />
in seinen starren Händen haltend.<br />
„Komm mit mir, Cross-San. Ich<br />
werde dir zeigen, wie du das<br />
innere Wesen der Dinge finden<br />
kannst. Komm mit mir.“<br />
Stumm erhob er sich und ging<br />
hinaus, folgte dem Japaner über<br />
den Platz, der nun, wo es zu regnen<br />
aufgehört hatte, ihm keine<br />
verschwommenen Bilder mehr<br />
zu zeigen vermochte.<br />
So oder so. Die Wahl lag bei ihm.<br />
Warum sich also nicht einfach<br />
treiben lassen?<br />
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