phantast14
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sich näher an ihn. War so viel<br />
weicher als das herzförmige<br />
Plüschbett, auf dem er lag, nassgeschwitzt<br />
und mit rasendem<br />
Herzen.<br />
„Bald gibt‘s keine anderen Kunden<br />
mehr“, sagte Sang. „Ich hol<br />
dich hier raus. Wie ich‘s versprochen<br />
hab.“<br />
„Wie du’s versprochen hast.“<br />
Als er aufwachte, zitterten seine<br />
Hände wie nach einem Stromschlag.<br />
Diffuses Licht brannte in<br />
seinen Augen. Sang spürte die<br />
trügerische Weichheit einer<br />
Kunststoffliege unter sich. Der<br />
Alterreal-Tempel. Er musste hergekommen<br />
sein, als Cherry ihn<br />
für einen anderen Freier verlassen<br />
hatte. Sang setzte sich auf.<br />
Böser Fehler. Der ganze Raum<br />
drehte sich. Oder drehte sich nur<br />
sein Gehirn?<br />
„Scheiße.“<br />
Er übergab sich auf den gekachelten<br />
Boden. Erst als er sich die<br />
Reste vom Mund wischte, bemerkte<br />
er, dass er nicht allein<br />
war. Ein Kerl mit grünen Dreadlocks<br />
hatte ihn die ganze Zeit<br />
beobachtet.<br />
„Hey, du bist doch der, der mich<br />
rekrutiert hat?“, stellte Sang erstaunt<br />
fest. Ihm wollte der Name<br />
des Hackers nicht mehr einfallen.<br />
Case? Nein. Aber so ähnlich.<br />
„Du hättest den Kelch nicht leertrinken<br />
sollen, Sang. Tut dir nicht<br />
gut.“<br />
Sein Gegenüber sah verdammt<br />
jung aus. Die grünen Dreads<br />
waren gut gepflegt, was man von<br />
seinen Klamotten nicht behaupten<br />
konnte. Sang wuchtete seinen<br />
zittrigen Körper von der Liege<br />
und ging auf den Hacker zu.<br />
Chain. Der Name war Sang ganz<br />
plötzlich in den Sinn gekommen.<br />
Doch nun war er sich ganz sicher.<br />
Der Kerl hieß Chain und<br />
war eine Traumgeburt des<br />
Kerns, genau wie er.<br />
„Setzt dich lieber wieder“, meinte<br />
Chain und machte sich an seiner<br />
Manteltasche zu schaffen.<br />
Sang nickte verständnislos. Die<br />
ganze beschissene Welt rotierte<br />
in seinem Schädel. Sitzen war<br />
gut. Sang sah eine Nadel aufblitzen<br />
und verstand. Beobachtete<br />
stumm, wie Chain eine rötliche<br />
Flüssigkeit aufzog und ihm<br />
spritzte. Schlagartig blieb die<br />
Welt stehen. Sein Herz setzte aus<br />
– und schlug in einem ruhigeren<br />
Takt weiter.<br />
„Komm mit“, sagte Chain.<br />
Der Boden schwankte noch ein<br />
wenig, doch Sang schaffte es,<br />
dem Hacker zu folgen. Sie traten<br />
durch einen Saal aus blau<br />
schimmerndem Licht, das sich in<br />
den gläsernen Säulen und dem<br />
Boden tausendfach spiegelte.<br />
Eine kleine Gruppe verhüllter<br />
Personen stimmte in der Mitte<br />
des Raumes einen tiefen Gesang<br />
an. Ein paar andere, Leute von<br />
der Straße, bestaunten den religiösen<br />
Akt. Damit lockte Alterreal<br />
neue Anhänger. Sang war<br />
immer noch fasziniert von der<br />
okkulten Beschwörung, die ein<br />
neues Leben versprach. Auch er<br />
hatte ein neues Leben erhalten –<br />
ein besseres als diese ahnungslosen<br />
Schafe, die sich dem technoiden<br />
Kult opferten. Sie konnten<br />
nicht einmal im Ansatz erahnen,<br />
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