Dieter Kochheim, Verdeckte Ermittlungen im Internet - Cyberfahnder
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<strong>Kochhe<strong>im</strong></strong>, <strong>Verdeckte</strong> <strong>Ermittlungen</strong> <strong>im</strong> <strong>Internet</strong>, S. 11<br />
Abs. 1 StPO).<br />
Die Gefahrenabwehr, also die unmittelbare Reaktion<br />
auf Gefahren und die Verhütung von Straftaten<br />
(Vorbeugung, Prävention), ist die Kernaufgabe der<br />
Polizei. Die Leitungsbefugnis der Staatsanwaltschaft<br />
32 gilt nur in Bezug auf strafrechtliche <strong>Ermittlungen</strong><br />
und nicht für die Gefahrenabwehr. Sie darf<br />
und muss zur Prävention allerdings <strong>im</strong> Rahmen ihrer<br />
zugewiesenen Aufgaben, dem Rechtsstaatsgebot<br />
(Art 20 Abs. 3 GG) und ihrer Verpflichtung zum<br />
Schutz der Grundrechte (Art 1 Abs. 3 GG) beitragen<br />
33 .<br />
Die Vorfeldermittlungen 34 (Initiativermittlungen),<br />
die sich auf kr<strong>im</strong>inelle Umfelder konzentrieren,<br />
nicht aber auf best<strong>im</strong>mte Straftaten und Straftäter,<br />
sind präventiv und deshalb eine Obliegenheit der<br />
Polizei. Sobald dabei konkrete Hinweise auf Straftaten<br />
zu Tage treten (§ 152 Abs. 2 StPO), endet<br />
die Prävention und sind alle weiteren Erkundungen<br />
nach Maßgabe der Strafprozessordnung zu<br />
führen. Sie sind selbst <strong>im</strong> Fall einer "Gemengelage"<br />
... einheitlich an den Regelungen der StPO zu<br />
messen 35 .<br />
Zwischen den Vorfeldermittlungen und dem förmlichen<br />
Ermittlungsverfahren sind die Vorermittlungen<br />
angesiedelt 36 . Sie dienen zur Aufklärung von<br />
besonderen Ereignissen, die für sich alleine keinen<br />
zwingenden Schluss auf eine Straftat zulassen<br />
(Merkwürdigkeiten 37 ). Sie markieren einen<br />
fließenden Übergang vom Polizei- zum Strafverfahrensrecht<br />
und rechtfertigen zu best<strong>im</strong>mten Eingriffsmaßnahmen,<br />
die die Strafprozessordnung<br />
32 A.2 Verhältnis zur Polizei<br />
33 Daraus folgt auch die Verpflichtung zur Amtshilfe<br />
(Art 35 Abs. 1 GG), die von Auskunftsrechten<br />
begleitet wird: zum Beispiel § 8 Abs. 2 BND-<br />
Gesetz, § 18 Abs. 1 BVerfSchG, § 30 Abs. 2<br />
StVollstrO.<br />
34 A.3.1 Vorfeldermittlungen<br />
A.4.2 Prävention und Vorfeld<br />
A.4.4 Initiativermittlungen<br />
35 BGH zum Einsatz eines Lockspitzels: BGH, Urteil<br />
vom 18.11.1999 - 1 StR 221/99, Rn 52.<br />
36 A.3.2 Vorermittlungen<br />
37 A.4.6 Merkwürdigkeiten<br />
ausdrücklich zulässt 38 . Spätestens bei ihrem Einsatz<br />
beginnt das Ermittlungsverfahren nach Maßgabe<br />
der StPO.<br />
Nichts anderes gilt für die <strong>Ermittlungen</strong> <strong>im</strong> <strong>Internet</strong>.<br />
Die Beobachtung von möglicherweise betrügerischen<br />
Webshops und von sozialen Kommunikationsplattformen<br />
sind grundsätzlich von der Aufgabe<br />
der Gefahrenabwehr geprägt. Sobald jedoch<br />
Hinweise auf konkrete Straftaten bemerkt werden,<br />
„kippt“ sozusagen die Gefahrenabwehr zur Strafverfolgung<br />
um 39 . Das ist vor Allem bei der Beobachtung<br />
von Hackerboards aus der Carding-<br />
Szene sehr schnell zu erwarten.<br />
Das stellt jedoch kein Hindernis dar, weil auch <strong>im</strong><br />
Zusammenhang mit polizeilichen <strong>Ermittlungen</strong> <strong>im</strong><br />
Strafverfahren zunächst die Ermittlungsgeneralklausel<br />
des § 161 Abs. 1 StPO greift und die Polizei<br />
zum ersten Zugriff berechtigt ist (§ 163 Abs. 1<br />
StPO). Erst die jüngste Entscheidung des BVerfG<br />
40 zu den Auskünften über die Telekommunikation<br />
verlangt ausdrücklich nach „normenklaren“ Auskunftspflichten<br />
der Provider und die Auswirkung<br />
davon auf die Ermittlungsgeneralklauseln für die<br />
Staatsanwaltschaft und ihre Ermittlungspersonen<br />
ist noch unklar 41 .<br />
1.2 Dokumentation und Auswertung<br />
Als Folge des Grundrechts auf informationelle<br />
Selbstbest<strong>im</strong>mung 42 hat das BVerfG auch <strong>im</strong> Zusammenhang<br />
mit der Onlinedurchsuchung darauf<br />
hingewiesen, dass die gezielte Sammlung, Dokumentation<br />
und Auswertung von Daten nach einer<br />
besonderen Eingriffsermächtigung verlangen<br />
kann, wenn sich daraus eine besondere Gefah-<br />
38 A.4.7 Eingriffsrechte <strong>im</strong> Stadium der<br />
Vorermittlungen<br />
39 BGH, Urteil vom 18.11.1999 - 1 StR 221/99, Rn<br />
52 (Gemengelage be<strong>im</strong> Lockspitzel)<br />
40 BVerfG, Beschluss vom 24.01.2012 - 1 BvR<br />
1299/05<br />
41 CF, Manuelles Auskunftsverfahren, 26.02.2012<br />
42 BVerfG, Urteil vom 15.12.1983 - 1 BvR 209, 269,<br />
362, 420, 440, 484/83 (Volkszählungsurteil)