Dieter Kochheim, Verdeckte Ermittlungen im Internet - Cyberfahnder
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<strong>Kochhe<strong>im</strong></strong>, <strong>Verdeckte</strong> <strong>Ermittlungen</strong> <strong>im</strong> <strong>Internet</strong>, S. 49<br />
die Voraussetzungen für seinen Einsatz und die<br />
hierfür erforderliche richterliche Zust<strong>im</strong>mung (§§<br />
110a Abs. 1 Satz 4, 110b Abs. 2 Nr. 2 StPO) vorlagen<br />
… Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte<br />
fordert verstärkt eine gesetzliche<br />
Grundlage, die spezifische und detaillierte Anforderungen<br />
an die Zulässigkeit dieser he<strong>im</strong>lichen<br />
Ermittlungsmaßnahme stellt und damit einen hinreichenden<br />
Schutz gegen Willkür bietet 249 .<br />
Ein Verwertungsverbot kann nur verfassungsrechtlicher<br />
Natur sein 250 und es besteht kein<br />
Rechtssatz des Inhalts, dass ein Beweiserhebungsverbot<br />
in jedem Fall ein Beweisverwertungsverbot<br />
nach sich zieht 251 . Insoweit sind die<br />
Grenzen, die eine Verletzung des Rechts auf ein<br />
faires Verfahren erwarten lassen, sehr hoch gesetzt<br />
252 . Dennoch lässt gerade ein Verstoß gegen<br />
die formellen Einsatzvoraussetzungen schnell befürchten,<br />
dass rechtsstaatlich zwingende Folgerungen<br />
nicht gezogen worden sind oder rechtsstaatlich<br />
Unverzichtbares preisgegeben wurde 253 .<br />
Das schränkt die Zulässigkeit von NoeP-Einsätzen<br />
auf die Fälle ein, die der BGH schon 1995 herausgearbeitet<br />
hat, nämlich auf einzelne wenige, konkret<br />
best<strong>im</strong>mte Ermittlungshandlungen 254 . Dem<br />
Leitbild des Gesetzgebers folgend sind deshalb<br />
die länger dauernden Beobachtungen eines Beschuldigten<br />
<strong>im</strong> <strong>Internet</strong> nach Maßgabe der Vorschriften<br />
über die Observation und den <strong>Verdeckte</strong>n<br />
Ermittler zu beurteilen.<br />
Dieser Schluss steht der weiten Öffnung nicht entgegen,<br />
die das BVerfG wegen der einfachen Ermittlungshandlungen<br />
<strong>im</strong> <strong>Internet</strong> formuliert hat 255 ,<br />
249 Zum Einsatz von Aufzeichnungsgeräten am<br />
<strong>Verdeckte</strong>n Ermittler: EGMR Nr. 4378/02 - Urteil<br />
der Großen Kammer vom 21.01.2009 (Bykov v.<br />
Russland), Leitsatz 1. Siehe auch § 161 Abs. 3<br />
StPO.<br />
250 BGH, Beschluss vom 18.01.2011 - 1 StR 663/10,<br />
Rn 22<br />
251 Ebenda, Rn 25.<br />
252 Siehe oben: Faires Verfahren. BVerfG, Beschluss<br />
vom 15.10.2009 - 2 BvR 2438/08, Rn 7.<br />
253 BVerfG ebenda.<br />
254 BGH, Urteil vom 07.03.1995 - 1 StR 685/94<br />
255 3.3 personale <strong>Ermittlungen</strong><br />
weil es nur einfache Legenden nach Maßgabe der<br />
vier einschlägigen Grundrechte 256 vor Augen hatte<br />
und nicht auch die bundesrechtlichen Anforderungen<br />
an die formelle Gerechtigkeit und das faire<br />
Verfahren.<br />
3.3.4 Beobachtungen und Kommunikation<br />
bei <strong>Internet</strong>ermittlungen<br />
Keinen maßgeblichen Grundrechtseingriff lassen<br />
die einfachen <strong>Internet</strong>ermittlungen erwarten, die<br />
das BVerfG hervorgehoben hat 257 :<br />
� Kenntnisnahme aller öffentlich zugänglichen Informationen,<br />
� Recherche in allgemein zugänglichen Informations-<br />
und Kommunikationsdiensten, die sich zumindest<br />
an einen nicht weiter abgegrenzten<br />
Personenkreis richten,<br />
� Verwendung einer einfachen Legende (Fake Account)<br />
und<br />
� legendierte Kommunikation über einen längeren<br />
Zeitraum.<br />
Sie sind von der Ermittlungsgeneralklausel in §<br />
161 Abs. 1 StPO abgedeckt.<br />
Zwei Einschränkungen sind zu machen:<br />
Im Hinblick auf die „Fake Accounts“ hat das<br />
BVerfG nur eine einfache Legende vor Augen, die<br />
sich mehr oder weniger auf das Verschweigen der<br />
Rolle als Polizist beschränkt. Ausgefeilte Legenden<br />
nach Maßgabe von § 110a Abs. 3 StPO erfordern<br />
mindestens die Zust<strong>im</strong>mung der Staatsanwaltschaft<br />
(§ 110b Abs. 1 StPO).<br />
Die Frage nach der zulässigen Dauer einfach legendierter<br />
<strong>Ermittlungen</strong> ist noch ungeklärt. Die<br />
Entscheidung des Gesetzgebers, für die längerfristige<br />
Observation dann eine gerichtliche Zust<strong>im</strong>mung<br />
zu fordern, wenn sich die Maßnahme gegen<br />
einen best<strong>im</strong>mten Beschuldigten richtet und länger<br />
als zwei Tage dauern soll (§ 163f Abs. 1<br />
StPO), ist eine Auslegungshilfe ohne zwingende<br />
Sperrwirkung.<br />
256 2. Grundrechte und Eingriffsmaßnahmen<br />
257 3.3 personale <strong>Ermittlungen</strong>