Dieter Kochheim, Verdeckte Ermittlungen im Internet - Cyberfahnder
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<strong>Kochhe<strong>im</strong></strong>, <strong>Verdeckte</strong> <strong>Ermittlungen</strong> <strong>im</strong> <strong>Internet</strong>, S. 14<br />
2. Grundrechte und Eingriffsmaßnahmen<br />
Die Frage nach der Tiefe, mit der best<strong>im</strong>mte Ermittlungsmaßnahmen<br />
in grundrechtlich geschützte<br />
Rechtsgüter eindringen, ist in zweierlei Hinsicht<br />
bedeutsam:<br />
1) Danach richtet sich, ob eine allgemeine Eingriffsbefugnis<br />
wie die Ermittlungsgeneralklausel<br />
in § 161 Abs. 1 StPO zur Begründung reicht<br />
oder eine besondere Eingriffsbefugnis mit einschränkenden<br />
Voraussetzungen zu fordern ist<br />
48 und<br />
2) ob eine fehlerhaft begründete oder durchgeführte<br />
Ermittlungsmaßnahme zu einem Verwertungsverbot<br />
führen kann 49 .<br />
Dem Einstieg dient ein knapper Überblick über die<br />
in Betracht kommenden Grundrechte. Für sie gilt,<br />
dass ihr Wesensbereich unangetastet bleiben<br />
muss (Art 19 Abs. 2 GG), <strong>im</strong> Interesse anderer, <strong>im</strong><br />
Einzelfall stärkerer Rechte aber aufgrund eines<br />
Gesetzes in sie eingegriffen werden darf (Art 19<br />
Abs. 1 GG). Von besonderer Bedeutung ist insoweit<br />
der vom BVerfG 50 hervorgehobene und vom<br />
Gesetzgeber in verschiedene Eingriffsnormen<br />
übernommene Schutz des Kernbereichs der privaten<br />
Lebensgestaltung. Dazu hat das Gericht bereits<br />
deutliche Worte gefunden: Angaben über die<br />
Planung bevorstehender oder Berichte über begangene<br />
Straftaten … gehören ... dem unantastbaren<br />
Bereich privater Lebensgestaltung nicht an<br />
51 und wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen,<br />
dass kernbereichsbezogene Kommunikationsinhalte<br />
mit Inhalten verknüpft werden, die dem<br />
Ermittlungsziel unterfallen, um eine Überwachung<br />
48 Grundlegend: BVerfG, Beschluss vom<br />
17.02.2009 - 2 BvR 1372/07, Rn 26<br />
49 Einschränkende Voraussetzungen für ein<br />
Verwertungsverbot (hier: Vorratsdaten):<br />
BGH, Beschluss vom 18.01.2011 – 1 StR 663/10,<br />
Rn 22, 25. Siehe auch: CF, Verwertungsverbot und<br />
Vorratsdaten, 10.03.2011.<br />
50 Seit BVerfG, Urteil vom 16.01.1957 - 1 BvR<br />
253/56, Rn 14 – 16 (Elfes)<br />
51 BVerfG, Beschluss vom 26.06.2008 - 2 BvR<br />
219/08<br />
zu verhindern 52 , dann bleibt die Überwachung zulässig.<br />
2.1 Telekommunikationsgehe<strong>im</strong>nis<br />
Das Telekommunikationsgehe<strong>im</strong>nis aus Art 10<br />
Abs. 1 GG umfasst die Telekommunikation insgesamt,<br />
einerlei, welche Übermittlungsart (Kabel<br />
oder Funk, analoge oder digitale Vermittlung) und<br />
welche Ausdrucksform (Sprache, Bilder, Töne,<br />
Zeichen oder sonstige Daten) genutzt werden,<br />
und schützt die unkörperliche Übermittlung von Informationen<br />
an individuelle Empfänger mit Hilfe<br />
des Telekommunikationsverkehrs unabhängig davon<br />
..., ob die (Eingriffs-) Maßnahme technisch<br />
auf der Übertragungsstrecke oder am Endgerät<br />
der Telekommunikation erfolgt. Neben den Inhalten<br />
schützt es auch die Umstände der Telekommunikation,<br />
also ob, wann und wie oft zwischen<br />
welchen Personen oder Telekommunikationseinrichtungen<br />
Telekommunikationsverkehr stattgefunden<br />
hat oder versucht worden ist 53 . Der Schutz<br />
des Fernmeldegehe<strong>im</strong>nisses endet in dem<br />
Moment, in dem die Nachricht bei dem Empfänger<br />
angekommen und der Übertragungsvorgang beendet<br />
ist 54 .<br />
Von dieser strengen Betrachtung ist das BVerfG<br />
jetzt <strong>im</strong> Zusammenhang mit den Auskünften über<br />
dynamische IP-Adressen abgerückt 55 . Die „einfachen“<br />
Bestandsdatenabfragen der Sicherheitsbehörden<br />
<strong>im</strong> Automatisierten Auskunftsverfahren<br />
nach § 112 TKG berühren „nur“ die Informationelle<br />
Selbstbest<strong>im</strong>mung , so dass es überhaupt<br />
nur einer Eingriffsermächtigung bedarf. Dafür<br />
dürfte die Ermittlungsgeneralklausel weiterhin<br />
ausreichen.<br />
Das TK-Gehe<strong>im</strong>nis schützt das Vertrauen des<br />
52 BVerfG, Urteil des vom 27.02.2008 - 1 BvR<br />
370/07, 595/07, Rn 281<br />
53 BVerfG, Urteil vom 27.02.2008 - 1 BvR 370/07,<br />
595/07, Rn 182, 183, 184 (Onlinedurchsuchung)<br />
54 BVerfG, Beschluss vom 13.11.2010 - 2 BvR<br />
1124/10, Rn 13<br />
55 BVerfG, Beschluss vom 24.01.2012 - 1 BvR<br />
1299/05