Dieter Kochheim, Verdeckte Ermittlungen im Internet - Cyberfahnder
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<strong>Kochhe<strong>im</strong></strong>, <strong>Verdeckte</strong> <strong>Ermittlungen</strong> <strong>im</strong> <strong>Internet</strong>, S. 57<br />
A.4.1 Vorermittlungen nach der StPO<br />
Vorermittlungen sind davon geprägt, dass bereits<br />
"ungewöhnliche" Tatsachen bekannt sind (Merkwürdigkeit),<br />
die nach der kr<strong>im</strong>inalistischen Erfahrung<br />
eine Straftat vermuten lassen und deshalb<br />
zur Erforschung der Ursachen zwingen.<br />
Solche Ursachenermittlungen sind der Strafprozessordnung<br />
nicht fremd, wie einige Kommentatoren<br />
zu Unrecht meinen 280 . Im Zusammenhang<br />
mit Leichenfunden enthält die StPO detaillierte<br />
Regeln und strukturiert damit diesen Sonderfall<br />
der Vorermittlungen.<br />
Daran schließt sich der BGH an, der die Auffassung<br />
vertritt, "Leichensachen" gemäß §§ 159, 87<br />
StPO seien keine Ermittlungsverfahren 281 . Das<br />
betrachtet er jedoch aus einer besonderen Sicht,<br />
nämlich nach dem Maßstab des § 22 Nr. 4. StPO,<br />
wonach der Richter dann sein Amt nicht ausüben<br />
kann, wenn er bereits in der Sache als Staatsanwalt<br />
tätig gewesen ist. "Ermittlungsverfahren" und<br />
"Untersuchung" <strong>im</strong> Sinne von § 94 Abs. 1 StPO<br />
sind hingegen keine deckungsgleichen Begriffe.<br />
Der Begriff des Ermittlungsverfahrens ist geprägt<br />
von § 152 Abs. 2 StPO und setzt voraus, dass die<br />
Staatsanwaltschaft davon überzeugt ist, dass eine<br />
Straftat begangen wurde. Genau das steht während<br />
der Vorermittlungen noch nicht fest.<br />
Um aus den Vorermittlungen zum Ermittlungsverfahren<br />
überzuleiten, bedarf es nach herrschender<br />
Meinung eines Willensaktes der zuständigen<br />
Strafverfolgungsbehörde, der erst möglich ist,<br />
wenn sie davon überzeugt ist, dass eine Straftat<br />
begangen wurde.<br />
280 z.B. Werner Beulke in LR, § 152 StPO, Rn. 33<br />
281 BGH, Urteil vom 02.12.2003 - 1 StR 102/03, Rn<br />
20<br />
A.4.2 Prävention und Vorfeld<br />
Die Kr<strong>im</strong>inalitätsvorbeugung (Prävention) ist eine<br />
polizeiliche Aufgabe. Davon macht die StPO einige<br />
Ausnahmen.<br />
Der Erkennungsdienst wird von § 81b StPO nur<br />
knapp angesprochen und hat eine strafverfahrensrechtliche<br />
("Durchführung des Strafverfahrens")<br />
und eine polizeiliche Ausrichtung ("Erkennungsdienst"<br />
<strong>im</strong> engeren Sinne), deren Einzelheiten in<br />
den Polizeigesetzen der Länder geregelt werden.<br />
Er umfasst vor allem Messungen am Körper (Größe,<br />
Armlänge usw.), die Erfassung von Merkmalen<br />
(Narben, fehlende Glieder), die Fertigung von Fotografien<br />
und die Abnahme von Fingerabdrücken<br />
282 .<br />
Eine große Bedeutung hat die molekulargenetische<br />
Untersuchung erlangt (genetischer Fingerabdruck<br />
283 , § 81g StPO), die ausdrücklich zur<br />
Aufklärung künftiger Straftaten dient 284 .<br />
Polizei und Staatsanwaltschaft sind darüber hinaus<br />
zum Abgleich von Dateien befugt (§ 98c<br />
StPO), um Straftaten aufzuklären. Die sehr allgemein<br />
gehaltene Formulierung umfasst auch die<br />
Erkundung von Tat- und Täterzusammenhängen<br />
sowie von organisierten Strukturen, die noch <strong>im</strong><br />
Vorfeld angesiedelt sind. Die Strafverfolgungsbehörden<br />
dürfen hierzu auch gemeinsame Datensammlungen<br />
erstellen (§§ 483 ff. StPO).<br />
282 CF, biometrische Erkennungsverfahren,<br />
01.02.2009<br />
283 CF, genetischer Fingerabdruck, 27.03.2009<br />
284 BVerfG zur eingehenden Prognosebegründung:<br />
CF, genetischer Fingerabdruck, 19.06.2009;<br />
BVerfG, Beschluss vom 22.05.2009 - 2 BvR<br />
287/09, 400/09