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Dieter Kochheim, Verdeckte Ermittlungen im Internet - Cyberfahnder

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<strong>Kochhe<strong>im</strong></strong>, <strong>Verdeckte</strong> <strong>Ermittlungen</strong> <strong>im</strong> <strong>Internet</strong>, S. 31<br />

3.1.7 Beschlagnahme<br />

Die Beschlagnahme ist eine Form der Sicherstellung<br />

von Gegenständen, wobei die amtliche Inverwahrnahme<br />

durch Zwang erfolgt (§§ 94 Abs. 2, 98<br />

StPO). Sie beruht auf einem gerichtlichen Beschluss<br />

oder – bei Gefahr in Verzug – auf einer<br />

Anordnung der Staatsanwaltschaft oder ihrer Ermittlungspersonen<br />

140 . Beschränkungen wegen<br />

des Verdachtsgrades, der Schwere der Straftat<br />

oder eine besondere Verhältnismäßigkeitsprüfung<br />

sieht das Gesetz nicht vor 141 .<br />

3.1.8 Beschlagnahme von E-Mails<br />

Die be<strong>im</strong> Hostprovider gespeicherten E-Mails unterliegen<br />

dem Schutz des Fernmeldegehe<strong>im</strong>nisses<br />

nach Art 10 GG 142 . Ihre Beschlagnahme ist<br />

dennoch bereits nach § 94 Abs. 2 StPO zulässig<br />

143 . BVerfG: Der Senat hat bereits entschieden,<br />

dass die §§ 94 ff. StPO diesen Anforderungen hinsichtlich<br />

der Sicherstellung und Beschlagnahme<br />

von Datenträgern und den hierauf gespeicherten<br />

Daten genügen … 144 . Gleiches gilt für die Sicherstellung<br />

und Beschlagnahme von E-Mails, die auf<br />

dem Mailserver des Providers gespeichert sind 145 .<br />

Der Entscheidung liegt die Beschlagnahme von<br />

2.500 be<strong>im</strong> Hostprovider gespeicherten E-Mails<br />

aus einem Zeitraum von gut zwei Jahren zugrunde.<br />

In einem ähnlichen Fall hat der BGH in einer<br />

140 § 98 Abs. 2 StPO stellt ein gestaffeltes Rechtsschutzverfahren<br />

zur Verfügung. Erfolgte die Beschlagnahme<br />

in Abwesenheit des Betroffenen,<br />

muss die richterliche Bestätigung eingeholt werden,<br />

ansonsten nur auf Antrag des Betroffenen.<br />

141 Weitere Einzelheiten:<br />

3. Ermittlungsmethoden. Wahl der Mittel.<br />

142 BVerfG, Beschluss vom 16.06.2009 - 2 BvR<br />

902/06, Rn 52<br />

143 Ebenda, Rn 55 ff.<br />

144 Verweise auf:<br />

BVerfG, Beschluss vom 12.04.2005 - 2 BvR<br />

1027/02;<br />

BVerfG, Urteil vom 02.03.2006 - 2 BvR 2099/04.<br />

145 BVerfG, Beschluss vom 16.06.2009 - 2 BvR<br />

902/06, Rn 61<br />

kurz zuvor veröffentlichten Entscheidung schärfere<br />

Anforderungen als das BVerfG gestellt 146 : Vielmehr<br />

ist die Beschlagnahme von E-Mails bei einem<br />

E-Mail-Provider, welche dort bis zu einem<br />

ersten oder weiteren Aufruf abgespeichert sind,<br />

auch unter Berücksichtigung des heutigen Kommunikationsverhaltens<br />

in jeder Hinsicht vergleichbar<br />

mit der Beschlagnahme anderer Mitteilungen,<br />

welche sich zumindest vorübergehend bei einem<br />

Post- oder Telekommunikationsdiensteleister befinden,<br />

bspw. von Telegrammen, welche gleichfalls<br />

auf dem Telekommunikationsweg dorthin<br />

übermittelt wurden. Daher können be<strong>im</strong> Provider<br />

gespeicherte, eingegangene oder zwischengespeicherte,<br />

E-Mails - auch ohne spezifische gesetzliche<br />

Regelung - jedenfalls unter den Voraussetzungen<br />

des § 99 StPO beschlagnahmt werden.<br />

Unabhängig davon, ob die E-Mail-Beschlagnahme<br />

schon nach § 94 Abs. 2 StPO oder nur unter den<br />

strengeren Voraussetzungen der Postbeschlagnahme<br />

(§ 99 StPO) gerechtfertigt ist, unterliegt sie<br />

keinen Einschränkungen wegen der Schwere der<br />

Straftaten, wohl aber wegen des Verdachtsstadiums.<br />

Die Postbeschlagnahme fordert einen Beschuldigten<br />

und kann deshalb nicht während der<br />

Vorermittlungen angeordnet werden.<br />

Dem BVerfG war die Entscheidung des BGH bekannt<br />

und es geht über sie mit mehrdeutigen Worten<br />

hinweg: … dadurch die Anwendbarkeit<br />

der §§ 94 ff. StPO nicht in Frage gestellt 147 . Die<br />

praktischen Konsequenzen sind noch nicht geklärt,<br />

zumal der BGH später auch entschieden hat<br />

148 : Die Anordnung der Beschlagnahme des gesamten<br />

auf dem Mailserver des Providers gespeicherten<br />

E-Mail-Bestandes eines Beschuldigten<br />

verstößt regelmäßig gegen das Übermaßverbot.<br />

Auf die E-Mail-Beschlagnahme sind jedenfalls die<br />

besonders strengen Anforderungen des § 100a<br />

146 BGH, Beschluss vom 31.03.2009 - 1 StR 76/09,<br />

S. 3<br />

147 BVerfG, Beschluss vom 16.06.2009 - 2 BvR<br />

902/06, Rn 58<br />

148 BGH, Beschluss vom 24.11.2009 – StB 48/09 (a),<br />

Leitsatz 1

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