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Dieter Kochheim, Verdeckte Ermittlungen im Internet - Cyberfahnder

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<strong>Kochhe<strong>im</strong></strong>, <strong>Verdeckte</strong> <strong>Ermittlungen</strong> <strong>im</strong> <strong>Internet</strong>, S. 50<br />

Allgemeine <strong>Internet</strong>-Patrouillen und die längerfristige,<br />

auch aktive Teilnahme in sozialen Netzwerken<br />

sind von der Freizeichnung des BVerfG sicherlich<br />

gedeckt. Das gilt auch für die Foren und<br />

Boards, die zwar kr<strong>im</strong>inelle Angebote erwarten<br />

lassen, aber keine besonderen Zugangssperren<br />

aufweisen. Verdichtet sich der Verdacht so stark,<br />

dass Beschuldigte identifiziert werden können, bedürfen<br />

längerfristige Beobachtungen des Beschuldigten<br />

ohne kommunikative Kontakte eines Beschlusses<br />

nach § 163f Abs. 3 StPO, wobei die<br />

zeitliche Grenzziehung von zwei Tagen beachtlich<br />

ist. Der Beschluss setzt erhebliche Straftaten voraus<br />

und die Staatsanwaltschaft und die Polizei<br />

sind zur Anordnung bei Gefahr in Verzug berechtigt.<br />

Ihre Anordnung muss binnen drei Werktage<br />

gerichtlich bestätigt werden.<br />

Sachlich und zeitlich begrenzte kommunikative<br />

Kontakte für ein Scheingeschäft oder eine Identifikation<br />

des Beschuldigten sind von der Ermittlungsgeneralklausel<br />

abgedeckt. Lassen die Gesprächskontakte<br />

in einem Forum oder Board die<br />

Vorbereitung von Straftaten oder eine Beutesicherung<br />

erwarten, dann ist eine staatsanwaltschaftliche<br />

Zust<strong>im</strong>mung zu weiteren Gesprächskontakten<br />

nach § 110b Abs. 1 S. 1 StPO geboten, die bei<br />

Gefahr in Verzug von der Polizei ersetzt werden<br />

darf. Die polizeiliche Anordnung bedarf der staatsanwaltschaftlichen<br />

Zust<strong>im</strong>mung binnen drei Werktage.<br />

Das führt zu folgender Staffelung:<br />

� Die allgemeine Informationsbeschaffung, Nutzung<br />

von Fake Accounts und Kommunikation in<br />

Sozialen Netzwerken, Foren und Boards sind<br />

von der Ermittlungsgeneralklausel abgedeckt,<br />

auch wenn sie längerfristig aufrecht erhalten<br />

werden.<br />

� Die Kommunikation mit einem Beschuldigten,<br />

um ein Scheingeschäft abzuwickeln oder ihn anhand<br />

weniger Kontakte zu identifizieren, ist ein<br />

anerkannter NoeP-Einsatz, der von der Ermittlungsgeneralklausel<br />

gerechtfertigt ist. Der Einsatz<br />

ist nach Maßgabe der Sachleitungsbefug-<br />

nis der Staatsanwaltschaft mit ihr abzust<strong>im</strong>men<br />

258 .<br />

� Legendierte längerfristige Gesprächskontakte in<br />

Foren und Boards, die kr<strong>im</strong>inelle Inhalte aus<br />

dem Bereich der erheblichen Kr<strong>im</strong>inalität erwarten<br />

lassen, bedürfen als Einsatz eines <strong>Verdeckte</strong>n<br />

Ermittlers der Zust<strong>im</strong>mung der Staatsanwaltschaft<br />

(§ 110b Abs. 1 StPO). Sie ist schriftlich zu<br />

erteilen und zu befristen (§ 110b Abs. 1 S. 3<br />

StPO) und kann verlängert werden (§ 110b Abs.<br />

1 S. 4 StPO).<br />

� Die über zwei Tage hinaus gehende Beobachtung<br />

eines Beschuldigten ohne Gesprächskontakt<br />

zu ihm bedarf einer gerichtlichen Zust<strong>im</strong>mung<br />

gemäß § 163f Abs. 3 StPO. Sie setzt Formen<br />

der erheblichen Kr<strong>im</strong>inalität voraus und<br />

kann bei Gefahr <strong>im</strong> Verzug von der Staatsanwaltschaft<br />

oder der Polizei ersetzt werden. Diese<br />

Anordnung muss binnen drei Werktage gerichtlich<br />

bestätigt werden. Es gelten die formellen<br />

Anforderungen des § 100b Abs. 2 StPO<br />

(Schriftform, Best<strong>im</strong>mtheit).<br />

� Legendierte längerfristige Gesprächskontakte in<br />

Foren und Boards mit Beschuldigten, die ihren<br />

Merkmalen nach identifiziert sind, bedürfen eines<br />

gerichtlichen Beschlusses nach § 110b Abs.<br />

2 StPO, wenn sicher zu erwarten ist, dass die<br />

Maßnahme länger als zwei Tage dauern wird. §<br />

163f Abs. 2 StPO dient insoweit als Auslegungshilfe.<br />

� Die Gehe<strong>im</strong>haltung des verdeckt ermittelnden<br />

Beamten über den Einsatz hinaus ist jedenfalls<br />

<strong>im</strong> Zusammenhang mit den <strong>Ermittlungen</strong> in Foren<br />

und Boards <strong>im</strong> <strong>Internet</strong> eine Ausnahme (§<br />

110b Abs. 3 StPO). Gewalttätige Tätergruppen<br />

sind nach den bisherigen Erfahrungen die Ausnahme<br />

und Erfahrungen mit der „Wiederverwendung“<br />

sind mir jedenfalls nicht bekannt.<br />

258 In diesen Fällen ist ein schriftlicher Einsatzplan zu<br />

empfehlen, in dem die Art, Dauer und Umstände<br />

ausgeführt sind und der zu den Akten genommen<br />

wird. Er beschreibt vor allem auch die verwendete<br />

Legende und muss von der Staatsanwaltschaft<br />

genehmigt werden.

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