Dieter Kochheim, Verdeckte Ermittlungen im Internet - Cyberfahnder
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<strong>Kochhe<strong>im</strong></strong>, <strong>Verdeckte</strong> <strong>Ermittlungen</strong> <strong>im</strong> <strong>Internet</strong>, S. 47<br />
längerfristige Observation vom Gericht angeordnet<br />
werden muss (§ 163f Abs. 3 StPO), gibt der<br />
Gesetzgeber aber eine Auslegungshilfe: Maßnahmen,<br />
deren Dauer zwei Tage überschreiten<br />
sollen, verlangen <strong>im</strong> Zweifel nach einer gerichtlichen<br />
Anordnung. Die Schwelle für die Schwere<br />
der Kr<strong>im</strong>inalität liegt in beiden Anwendungsfällen<br />
bei den Straftaten von erheblicher Bedeutung.<br />
� Sowohl der <strong>Verdeckte</strong> Ermittler als auch der<br />
NoeP treten mit den Verdächtigen oder Beschuldigten<br />
in persönlichen Kontakt, ohne dass sie<br />
offenbaren, dass sie Polizeibeamte sind. Im Hinblick<br />
auf die Verfahrensregeln zum Täuschungsverbot<br />
und den polizeilichen Belehrungspflichten<br />
verlangen sie deshalb <strong>im</strong> Zweifel nach einer<br />
spezialgesetzlichen Ermächtigungsgrundlage.<br />
Solange es bei einer einfachen Legende (Tarnung)<br />
bleibt, reicht dazu die Ermittlungsgeneralklausel<br />
aus 239 .<br />
In bemerkenswerter Kleinarbeit hat der BGH<br />
2010 die Voraussetzungen und Grenzen für den<br />
Einsatz eines <strong>Verdeckte</strong>n Ermittlers herausgearbeitet<br />
240 und <strong>im</strong> Ergebnis festgestellt<br />
, dass jedenfalls die Ausnutzung der<br />
situativen Unfreiheit in einem Gefängnis der<br />
Selbstbelastungsfreiheit aus Art 6 Abs. 1 MRK<br />
widerspricht 241 . Von Bedeutung ist an<br />
dieser Stelle vor allem, dass allein aus der fehlenden<br />
Belehrung nach § 136 StPO kein Verwertungsverbot<br />
abgeleitet werden kann : Diese Vorschrift ist nur auf „offene“ Vernehmungen<br />
anwendbar und will (lediglich) sicherstellen,<br />
dass der Beschuldigte vor der irrtümlichen<br />
Annahme einer Aussagepflicht bewahrt<br />
wird, zu der er möglicherweise eben<br />
durch die Konfrontation mit dem amtlichen Auskunftsverlangen<br />
veranlasst werden könnte.<br />
Dasselbe gilt für private Ermittlungshelfer 242 und<br />
239 3.3 personale <strong>Ermittlungen</strong><br />
240 BGH, Beschluss vom 18.05.2010 – 5 StR 51/10<br />
241 So auch: BGH, Beschluss vom 27.01.2009 - 4<br />
StR 296/08<br />
242 BGH, Beschluss vom 31.03.2011 - 3 StR 400/10,<br />
Rn 8, 9<br />
deshalb sicherlich auch für den NoeP.<br />
� Die Absicherung einer Ermittlungsmaßnahme<br />
durch staatsanwaltschaftliche Zust<strong>im</strong>mungen<br />
oder gerichtliche Beschlüsse dient nicht nur der<br />
rechtsstaatlichen Kontrolle von Eingriffsmaßnahmen,<br />
sondern vor allem auch dem Schutz<br />
der eingesetzten Beamten.<br />
Insoweit gilt für den NoeP dasselbe wie für den<br />
<strong>Verdeckte</strong>n Ermittler: Sie verschweigen, dass<br />
sie Polizeibeamte sind, und handeln unter Tarnidentitäten,<br />
nur dass sie das nur vorübergehend<br />
und innerhalb eines umgrenzten Ermittlungsauftrags<br />
tun.<br />
Für die <strong>Ermittlungen</strong> <strong>im</strong> <strong>Internet</strong> ist daraus zu folgern,<br />
dass die auf Dauer angelegte Kontaktaufnahme<br />
zu „einem best<strong>im</strong>mten Beschuldigten“ einer<br />
gerichtlichen Zust<strong>im</strong>mung gemäß § 110b<br />
StPO bedarf 243 .<br />
In verschiedenen Entscheidungen zu besonderen<br />
Eingriffsmaßnahmen hat sich das BVerfG <strong>im</strong>mer<br />
wieder für eine effektive gerichtliche Kontrolle ausgesprochen,<br />
die nicht nur die Anordnung als solche,<br />
sondern auch die Art und Weise der Durchführung<br />
betrifft. Damit verbindet es auch die Gefahr<br />
der Umgehung des Richtervorbehalts 244 . Den<br />
Grundgedanken daraus hat der Gesetzgeber bei<br />
der Schaffung des geltenden § 101 StPO übernommen.<br />
Angesichts der bestehenden gesetzlichen<br />
Regelungen zum Einsatz eines <strong>Verdeckte</strong>n<br />
Ermittlers müssen deshalb die Anwendungsfälle<br />
unterhalb des Schwellenbereiches zum <strong>Verdeckte</strong>n<br />
Ermittler begrenzt und klar definiert werden.<br />
Deshalb sind nur kurzfristige Kontakte, die dem<br />
Scheingeschäft vergleichbar sind, unterhalb dieser<br />
Schwelle angesiedelt. Das gilt etwa für Scheingeschäfte<br />
<strong>im</strong> <strong>Internet</strong> oder für andere Kontaktaufnah-<br />
243 Im Einzelnen: 3.3.3 <strong>Verdeckte</strong>r Ermittler <strong>im</strong><br />
gewalttätigen Umfeld.<br />
244 Zuletzt <strong>im</strong> Zusammenhang mit der längerfristigen<br />
Observation: BVerfG, Beschluss vom 02.07.2009<br />
– 2 BvR 1691/07, Rn 75.