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Dieter Kochheim, Verdeckte Ermittlungen im Internet - Cyberfahnder

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<strong>Kochhe<strong>im</strong></strong>, <strong>Verdeckte</strong> <strong>Ermittlungen</strong> <strong>im</strong> <strong>Internet</strong>, S. 34<br />

tigten zur Verfügung gestellt werden 160 : Dagegen<br />

ist ein Eingriff in Art 10 Abs. 1 GG zu verneinen,<br />

wenn etwa ein Teilnehmer eines geschlossenen<br />

Chats der für die Verfassungsschutzbehörde handelnden<br />

Person seinen Zugang freiwillig zur Verfügung<br />

gestellt hat und die Behörde in der Folge<br />

diesen Zugang nutzt.<br />

Daraus ist zu schließen, dass die Grundsätze, die<br />

für die Hörfalle entwickelt wurden, nicht gelten. Insoweit<br />

hat das BVerfG 2002 best<strong>im</strong>mt 161 : Die Gewährleistung<br />

des Rechts am gesprochenen Wort<br />

als Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in<br />

Art 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art 1 Abs. 1 GG<br />

schützt vor der Nutzung einer Mithöreinrichtung,<br />

die ein Gesprächsteilnehmer einem nicht an dem<br />

Gespräch beteiligten Dritten bereitstellt. Art 10<br />

Abs. 1 GG umfasst diesen Schutz nicht.<br />

Dieser Argumentation fehlt noch die Definition für<br />

das Grundrecht auf die Integrität informationsverarbeitender<br />

Syteme 162 , n<strong>im</strong>mt sie aber vorweg.<br />

Die Schutzrichtung zielt auf die technische<br />

Integrität, mithin darauf, dass die Technik so neutral<br />

funktioniert, wie es der Techniknutzer erwartet.<br />

Darum geht es aber bei der Nutzung von Zugangsdaten<br />

durch die Strafverfolgungsbehörden<br />

nicht.<br />

Zum Ermittlungshelfer hat der BGH ausgeführt 163 :<br />

Hat eine Privatperson auf Veranlassung der Ermittlungsbehörden<br />

mit dem Tatverdächtigen ohne<br />

Aufdeckung der Ermittlungsabsicht ein auf die Erlangung<br />

von Angaben zum Untersuchungsgegenstand<br />

gerichtetes Gespräch geführt, so darf der<br />

Inhalt des Gesprächs <strong>im</strong> Zeugenbeweis jedenfalls<br />

dann verwertet werden, wenn es um die Aufklärung<br />

einer Straftat von erheblicher Bedeutung<br />

geht und die Erforschung des Sachverhalts unter<br />

Einsatz anderer Ermittlungsmethoden erheblich<br />

160 BVerfG, Urteil vom 27.02.2008 - 1 BvR 370/07,<br />

595/07, Rn 292<br />

161 BVerfG, Beschluss vom 09.10.2002 – 1 BvR<br />

1611/96, 1 BvR 805/98, 3. Leitsatz<br />

162 2.3 Integrität informationstechnischer Systeme<br />

163 BGH, Beschluss vom 13.05.1996 - GSSt 1/96,<br />

Leitsatz 1<br />

weniger erfolgversprechend oder wesentlich erschwert<br />

gewesen wäre.<br />

Über legendierte Kontakte hat das BVerfG<br />

schließlich ausgeführt 164 : Ein Eingriff in das Recht<br />

auf informationelle Selbstbest<strong>im</strong>mung liegt nicht<br />

schon dann vor, wenn eine staatliche Stelle sich<br />

unter einer Legende in eine Kommunikationsbeziehung<br />

zu einem Grundrechtsträger begibt, wohl<br />

aber, wenn sie dabei ein schutzwürdiges Vertrauen<br />

des Betroffenen in die Identität und die Motivation<br />

seines Kommunikationspartners ausnutzt, um<br />

persönliche Daten zu erheben, die sie ansonsten<br />

nicht erhalten würde ...<br />

In diesem Spannungsfeld bewegt sich die Frage<br />

nach der Nutzung sichergestellter Zugangsdaten.<br />

Mit ihnen werden keine Kommunikationsgeräte<br />

verändert oder missbraucht, so dass weder das<br />

Fernsprechgehe<strong>im</strong>nis noch die Integrität informationsverarbeitender<br />

Systeme betroffen sind. Der<br />

Kommunikationspartner wird hingegen über die<br />

Identität des Verwenders der Zugangsdaten getäuscht.<br />

Insoweit kann die informationelle Selbstbest<strong>im</strong>mung<br />

betroffen sein.<br />

Die Lösungen liegen in den Besonderheiten der<br />

Einzelfälle. Ist der Partner der Zugangsdaten nur<br />

ein Automat, dann kann er kein Grundrechtsträger<br />

<strong>im</strong> Sinne der informationellen Selbstbest<strong>im</strong>mung<br />

sein, so dass die Verwendung der Zugangsdaten<br />

wegen jeder Form von Kr<strong>im</strong>inalität aufgrund der<br />

Ermittlungsgeneralklausel 165 zulässig ist. Das betrifft<br />

vor allem Hostspeicher und Mediendienste,<br />

die keine menschliche Kommunikation zum Gegenstand<br />

haben.<br />

Handelt es sich hingegen um Zugangsdaten zu<br />

geschlossenen Benutzerkreisen (Chat, Foren,<br />

Boards), dann kann eine Ausnutzung des Vertrauens<br />

des Betroffenen in die Identität und die Motivation<br />

seines Kommunikationspartners (siehe<br />

oben) vorliegen, so dass die Maßnahme mindestens<br />

<strong>Ermittlungen</strong> wegen erheblicher Formen der<br />

164 BVerfG, Urteil vom 27.02.2008 - 1 BvR 370/07,<br />

595/07, Rn 310<br />

165 3.1.1 Auskünfte von Behörden und anderen<br />

Einrichtungen

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