Dieter Kochheim, Verdeckte Ermittlungen im Internet - Cyberfahnder
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<strong>Kochhe<strong>im</strong></strong>, <strong>Verdeckte</strong> <strong>Ermittlungen</strong> <strong>im</strong> <strong>Internet</strong>, S. 30<br />
3.1.6 Herausgabeersuchen<br />
Das Herausgabeersuchen (§ 95 Abs. 1 StPO) bezieht<br />
sich – <strong>im</strong> Gegensatz zum Auskunftsersuchen<br />
136 – auf Gegenstände, also auf Sachbeweismittel<br />
<strong>im</strong> Sinne von § 94 Abs. 1 StPO. Für die Herausgabeersuchen<br />
der Staatsanwaltschaft ist inzwischen<br />
anerkannt, dass auf die Verweigerung das Gericht<br />
die Zwangsmittel nach § 95 Abs. 2 StPO anordnen<br />
kann 137 . Im Zusammenhang mit Bankauskünften<br />
hat sich deshalb die Praxis eingebürgert, staatsanwaltschaftliche<br />
Auskunfts- und Herausgabeersuchen<br />
zu verbinden und die Ungehorsamsfolgen<br />
aus beiden Vorschriften anzudrohen.<br />
§ 95 Abs. 1 StPO macht keinen Unterschied zwischen<br />
Staatsanwaltschaft und Polizei und die Ermittlungsgeneralklausel<br />
gilt für beide 138 . Das<br />
spricht dafür, dass auch auf die erfolglosen Herausgabeersuchen<br />
der Polizei, die unter Hinweis<br />
auf § 95 Abs. 2 StPO erfolgten, das Gericht ohne<br />
nochmalige Androhung die Ungehorsamsfolgen<br />
anordnen kann. Das würde die Rolle der Polizei<br />
angemessen stärken und das Ermittlungsverfahren<br />
von hindernden Förmeleien entlasten.<br />
Wegen der Sachbeweismittel stellt sich auch die<br />
Frage nach den Surrogaten. Häufig handelt es<br />
sich bei den geforderten Sachen um Schriftstücke,<br />
die entweder dem Urkunds- (§ 249 Abs. 1 S. 1<br />
StPO) oder dem Augenscheinsbeweis unterliegen<br />
(§ 86 StPO). In best<strong>im</strong>mten Fällen kann es notwendig<br />
sein, dass das Original zur Verfügung<br />
steht, wenn etwa weitere Untersuchungen in Betracht<br />
kommen (physikalisch-technische oder<br />
Schriftgutachten) oder es besonders auf die optische<br />
Beschaffenheit ankommt. Stehen diese<br />
Gründe zurück, dann ist es nach Maßgabe des<br />
Verhältnismäßigkeitsprinzips auch gerechtfertigt<br />
anstelle des Originals eine Kopie (Surrogat) heraus<br />
zu verlangen oder sicherzustellen.<br />
Dieselben Fragen stellen sich, wenn es um Daten<br />
136 3.1.5 Staatsanwaltschaftliches<br />
Auskunftsersuchen<br />
137 3.1.1 Auskünfte von Behörden und anderen<br />
Einrichtungen<br />
138 Ebenda<br />
geht, die sich auf einem Speichermedium befinden.<br />
Der Gegenstand der Sicherstellung ist das<br />
körperliche Speichermedium 139 , in den meisten<br />
Fällen reichen aber die Kopien ausgesuchter Dateien<br />
oder eine fachgerechte Komplettsicherung<br />
aus, die der weiteren Auswertung zugrunde gelegt<br />
werden. Die Entscheidung zwischen Original und<br />
Surrogat hängt vom Inhalt der Dateien und der<br />
Rolle des Betroffenen ab. Den Nachweis der Vollständigkeit<br />
kann nur das Original liefern und bei<br />
für sich strafbaren Inhalten (zum Beispiel <strong>im</strong> Falle<br />
des § 184b StGB) verbietet sich eine Aushändigung<br />
an den Beschuldigten <strong>im</strong>mer.<br />
Surrogate kommen auch wegen Personenbeweise<br />
oder bei mehrgliedrigen Beweiserhebungen in die<br />
engere Wahl. Ein übliches Beispiel dafür ist die<br />
von Banken geforderte „Kontoverdichtung“. Das<br />
Ergebnis ist eine schriftliche Zusammenstellung<br />
über die Soll- und Habenbuchungen sowie der<br />
Salden innerhalb eines Zeitrahmens für ein best<strong>im</strong>mtes<br />
(in aller Regel) Kontokorrentkonto. Dabei<br />
ist jedoch zunächst unklar, ob die Zusammenstellung<br />
bereits in Form eines schriftlichen Kontoabschlusses<br />
vorliegt (Sachbeweis), die Buchungsvorgänge<br />
nur einzeln vorliegen und von einem<br />
Sachbearbeiter bekundet werden können (Personenbeweis)<br />
oder von ihm zunächst zusammen gesucht,<br />
gestellt und bearbeitet werden müssen<br />
(sachverständiger Zeuge). In diesen Fällen kann<br />
es sich anbieten, <strong>im</strong> Rahmen eines staatsanwaltschaftlichen<br />
Auskunfts- und Herausgabeersuchen<br />
neben Kontoinformationen und Schriftstücken<br />
auch zur Vermeidung einer sonst nötigen Durchsuchung<br />
die Erstellung einer Kontoverdichtung zu<br />
verlangen. Sie kann nicht erzwungen werden, weil<br />
jedenfalls der Zeuge keiner Editionspflicht unterliegt.<br />
139 3.1.3 Verkehrsdaten und Dateien in Mobilgeräten