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Dieter Kochheim, Verdeckte Ermittlungen im Internet - Cyberfahnder

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<strong>Kochhe<strong>im</strong></strong>, <strong>Verdeckte</strong> <strong>Ermittlungen</strong> <strong>im</strong> <strong>Internet</strong>, S. 60<br />

Stufen der Verdachtsprüfung<br />

1 tatsächliche Anhaltspunkte<br />

Fakten, Fakten, Fakten<br />

2 Inhalt ihrer Aussage<br />

wortgetreue und grammatische Beschreibung<br />

der Anhaltspunkte<br />

3 Geltungssicherheit, Absicherung<br />

Wiederholbarkeit, Häufigkeit, Seltenheit;<br />

Bewertung der Anhaltspunkte selber<br />

4 Zusammenwirken<br />

Schlussfolgerungen aus der Summe der<br />

Anhaltspunkte (Gesamtschau)<br />

5 Geltungssicherheit, Absicherung<br />

Bewertung des Zusammenwirkens der Fakten<br />

A.4.6 Merkwürdigkeiten<br />

Um eine Ausuferung von Eingriffsrechten <strong>im</strong> Stadium<br />

der Vorermittlungen zu vermeiden, bedarf es<br />

einer genauen Definition, die sich an § 160 Abs. 1<br />

StPO orientiert: Staatsanwaltschaft und Polizei<br />

sind zur Handlung und Prüfung nach Maßgabe<br />

des Werkzeugs, das die StPO zur Verfügung<br />

stellt, und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes<br />

verpflichtet, sobald sie Kenntnis von der Möglichkeit<br />

einer Straftat erhalten. Die Quelle ihrer Kenntnis<br />

ist dabei egal. Es kann sich gleichermaßen um<br />

die Empörung eines Bürgers (Strafanzeige), die<br />

Beobachtungen von Streifenpolizisten, öffentliche<br />

Anschläge (Presse, <strong>Internet</strong>) oder ihre Kenntnisse<br />

aus anderen Vorgängen handeln.<br />

Das begrenzende sachliche Kriterium ist das, was<br />

ich als Merkwürdigkeit bezeichne: "Merkwürdig"<br />

sind Vorgänge, die von der Alltagserfahrung abweichen<br />

und naturgesetzlich eher unwahrscheinlich<br />

sind. Sie können sich durch eine Leiche,<br />

bäuchlings auf Flüssen treibenden toten Fischen,<br />

verheerenden Bränden oder anderen Erscheinungen<br />

äußern, die ungewöhnlich sind, nicht zwingend<br />

auf eine Straftat schließen lassen und sie jedoch<br />

nahe legen.<br />

Die Beispiele zeigen, dass die "Merkwürdigkeit"<br />

nur mit Tatsachen begründet werden kann, die<br />

eine Straftat als wahrscheinlich erscheinen lässt,<br />

ohne dass es sich um eine "überwiegende" Wahrscheinlichkeit<br />

handeln müsste. Alle weiteren Ermittlungshandlungen<br />

unterliegen dem Gebot der<br />

Verhältnismäßigkeit. Ein schwacher Verdacht<br />

rechtfertigt nur flache Eingriffsmaßnahmen und<br />

ein stärkerer entsprechend tiefere. Besonders tiefe<br />

Eingriffsmaßnahmen hat der Gesetzgeber <strong>im</strong><br />

Einzelfall best<strong>im</strong>mt und damit aus den Vorermittlungen<br />

ausgeschlossen.<br />

Die Vorermittlungen finden <strong>im</strong> Übergangsbereich<br />

zwischen dem Polizei- und dem Strafverfahrensrecht<br />

statt. Sie rechtfertigen noch polizeirechtliche<br />

Maßnahmen, etwa zur Störerabwehr oder zur Eigentumssicherung,<br />

und schon strafprozessuale<br />

Maßnahmen, wenn sie zur Klärung einer möglichen<br />

Straftat dienen. Das gilt besonders für die Sicherstellung<br />

und Beschlagnahme von Beweismitteln.<br />

Sie lässt der Gesetzgeber bereits zu, wenn<br />

sie eine auch nur mögliche Beweisbedeutung haben<br />

(§ 94 Abs. 1 StPO).<br />

A.4.7 Eingriffsrechte <strong>im</strong> Stadium der<br />

Vorermittlungen<br />

Das Stadium der Vorermittlungen wird sachlich<br />

von der Merkwürdigkeit geprägt. Dieser von mir<br />

stammende und keineswegs Allgemeinüblichkeit<br />

beanspruchende Begriff verlangt nach einem<br />

Sachverhalt, der eine Straftat wahrscheinlich erscheinen<br />

lässt, ohne strafrechtlich harmlose Prozesse<br />

ausschließen zu können. Die §§ 160 und<br />

163 StPO best<strong>im</strong>men bereits in diesem Stadium<br />

eine flache Handlungspflicht für die Staatsanwaltschaft<br />

und die Polizei, wobei der Gesetzgeber nur<br />

wenige Eingriffsmaßnahmen für dieses Stadium<br />

der Untersuchung eröffnet hat. Dazu gehören Anhörungen<br />

(163 Abs. 1 S. 2 StPO), förmliche Vernehmungen<br />

(§ 161 Abs. 1 StPO), behördliche<br />

Auskünfte (§ 161 Abs. 1 StPO), Beschlagnahmen<br />

(§§ 94, 95 StPO) und Durchsuchungen (§§ 102,<br />

103 StPO).<br />

Eine einsame Entscheidung ist die des LG Offenburg<br />

von 1993 286 . Es hat die Ermittlungskompetenz<br />

der Staatsanwaltschaft <strong>im</strong> Stadium der Vorermittlungen<br />

anerkannt und eine richterliche Zeugenvernehmung<br />

angeordnet, bezieht sich jedoch<br />

286 LG Offenburg, Beschluss vom 25.05.1993 - Qs<br />

41/93, NStZ 1993, 506.

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