Dieter Kochheim, Verdeckte Ermittlungen im Internet - Cyberfahnder
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<strong>Kochhe<strong>im</strong></strong>, <strong>Verdeckte</strong> <strong>Ermittlungen</strong> <strong>im</strong> <strong>Internet</strong>, S. 20<br />
3. Ermittlungsmethoden<br />
Ungeachtet des Ermittlungsgegenstandes müssen<br />
die <strong>Ermittlungen</strong> geplant und die Erfolg versprechenden<br />
Methoden ausgewählt werden. Deshalb<br />
stellen sich zunächst <strong>im</strong>mer die Fragen nach dem<br />
Anfangsverdacht, den zulässigen und den geeigneten<br />
Ermittlungsmethoden:<br />
3.0.1 tatsächlichen Anhaltspunkte (§ 152 Abs.<br />
2 StPO) für eine Straftat<br />
Damit verbunden ist eine Bewertung der Fakten<br />
und die Frage, was sie einzeln betrachtet und in<br />
ihrer Gesamtschau tatsächlich aussagen 83 . Dabei<br />
ist anhand der Alltags- und der kr<strong>im</strong>inalistischen<br />
Erfahrung auch zu prüfen, welchen Aussagewert<br />
sie haben 84 . Eine Orientierung ohne Anspruch auf<br />
Messgenauigkeit gibt dazu das von mir vorgeschlagene<br />
Modell vom Geltungsgrad 85 . Dadurch<br />
lassen sich starke und unsichere Fakten best<strong>im</strong>men<br />
und kann es sich anbieten, zunächst die unsicheren<br />
zu überprüfen.<br />
3.0.2 welche Straftat kommt in Betracht?<br />
Mit dieser Frage ist zunächst die klassische Subsumtion<br />
verbunden, also die Prüfung eines Sachverhalts<br />
anhand eines gesetzlichen Tatbestandes.<br />
Das Ergebnis gibt sogleich Auskunft über die<br />
Schwere der in Betracht kommenden Straftat 86 ,<br />
die für die Auswahl der Ermittlungsmethoden und<br />
die ständige Frage nach der Verhältnismäßigkeit 87<br />
von ausschlaggebender Bedeutung ist. Danach<br />
entscheidet sich auch, ob tiefer in Grundrechte<br />
eingreifende Maßnahmen überhaupt in Betracht<br />
83 A.5 Geltung von Beweisen und Erfahrungen<br />
84 A.5.1 Geltung;<br />
A.5.2 Geltung und Wechselwirkungen.<br />
85 A.5.3 Kategorisierung des Geltungsgrades<br />
86 Kasten: Straftaten von erheblicher Bedeutung<br />
87 Das Gebot der Verhältnismäßigkeit wird aus dem<br />
Rechtsstaatsprinzip abgeleitet und bindet nach<br />
Art 20 Abs. 3 GG die Rechtsprechung und die<br />
Exekutive. Siehe auch: A.1 Staatsanwaltschaft<br />
und Strafverfolgung.<br />
kommen.<br />
3.0.3 Wahl der Mittel<br />
Die Frage nach der Wahl der Mittel verlangt nach<br />
einer Bewertung der Erfolgsaussichten verschiedener<br />
Ermittlungsmaßnahmen. Bei gleicher Erfolgserwartung<br />
ist – dem Verhältnismäßigkeitsprinzip<br />
folgend – das mildere Mittel zu wählen. Mehrere<br />
Vorschriften zu schweren Eingriffsmaßnahmen<br />
heben diese Verpflichtung nochmals hervor (zum<br />
Beispiel §§ 100a Abs. 1 Nr. 3, 100c Abs. 1 Nr. 4,<br />
100g Abs. 1 S. 2 StPO 88 ), obwohl die Prüfungspflicht<br />
<strong>im</strong>mer besteht.<br />
An die Eignung der Beweismittel und Zulässigkeit<br />
der Eingriffsmaßnahme stellt das Gesetz unterschiedliche<br />
Anforderungen. Ganz niedrig setzt §<br />
94 Abs. 1 StPO wegen der Beweisgegenstände<br />
an. Sie sind in Verwahrung zu nehmen oder in anderer<br />
Weise sicherzustellen, soweit ihnen auch<br />
nur eine potentielle Beweisbedeutung zukommt<br />
(wenn sie als Beweismittel für die Untersuchung<br />
von Bedeutung sein können). Folgerichtig lässt<br />
dagegen § 100a Abs. 1 Nr. 3 StPO die Überwachung<br />
der Telekommunikation erst zu, wenn ohne<br />
sie die Erforschung des Sachverhalts ... auf andere<br />
Weise wesentlich erschwert oder aussichtslos<br />
wäre.<br />
Entscheidend für die Zulässigkeit einer Maßnahme<br />
ist auch die Rolle des Betroffenen. Wegen der<br />
Durchsuchung setzt § 102 StPO wieder einen<br />
niedrigen Maßstab an. Das gilt zunächst für den<br />
Verdachtsgrad: Die Maßnahme ist bereits gegenüber<br />
dem Verdächtigen <strong>im</strong> Rahmen der Vorermittlungen<br />
89 zulässig, ohne dass sich der Verdacht<br />
bereits so stark verdichtet hat, dass die Straftat<br />
und die Beteiligung des (jetzt:) Beschuldigten wegen<br />
ihrer wesentlichen Einzelheiten bekannt sind<br />
(siehe Belehrung gemäß § 136 Abs. 1 S. 1 StPO).<br />
88 Das BVerfG beschränkt die Verwertung von<br />
Vorratsdaten wegen Straftaten nach § 100g Abs.<br />
1 Nr. 2 StPO auf ihrerseits schwere Straftaten;<br />
BVerfG, Urteil vom 02.03.2010 - 1 BvR 256, 263,<br />
586/08, Leitsatz 5, S. 2.<br />
89 A.4 Eingriffsrechte während der Vorermittlungen