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Dieter Kochheim, Verdeckte Ermittlungen im Internet - Cyberfahnder

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<strong>Kochhe<strong>im</strong></strong>, <strong>Verdeckte</strong> <strong>Ermittlungen</strong> <strong>im</strong> <strong>Internet</strong>, S. 26<br />

3.1 Auskünfte und Sachbeweise<br />

Die Strafprozessordnung unterscheidet <strong>im</strong> Wesentlichen<br />

zwischen dem Personen- und dem<br />

Sachbeweis, wobei die besonderen Ermittlungsermächtigungen<br />

ab § 98a StPO nicht <strong>im</strong>mer genau<br />

zugeordnet sind. Die Betrachtung beginnt deshalb<br />

mit den eher klassischen Methoden der Auskünfte<br />

und Sachbeweise.<br />

3.1.1 Auskünfte von Behörden und anderen<br />

Einrichtungen<br />

Die Ermittlungsgeneralklausel – EGK – des § 161<br />

Abs. 1 S. 2 StPO ermächtigt die Staatsanwaltschaft<br />

dazu, wegen jeder Straftat von allen Behörden<br />

Auskunft zu verlangen und <strong>Ermittlungen</strong> jeder<br />

Art durchzuführen, die, so das BVerfG, weniger intensiv<br />

in Grundrechte des Bürgers eingreifen 96.<br />

Die Staatsanwaltschaft kann auf dieser Grundlage<br />

in freier Gestaltung des Ermittlungsverfahrens die<br />

erforderlichen Maßnahmen zur Aufklärung von<br />

Straftaten ergreifen ... § 161 Abs. 1 StPO bildet<br />

auch die Rechtsgrundlage für die allgemeine Erhebung<br />

personenbezogener Daten (...) und damit<br />

für eine Ermittlungsanfrage der Staatsanwaltschaft<br />

gegenüber privaten Stellen … 97 . Diese Ermächtigung<br />

überträgt § 163 Abs. 1 S. 2 StPO auf<br />

die Polizei, wenn sie <strong>im</strong> Auftrag der Staatsanwaltschaft<br />

ermittelt 98 oder <strong>im</strong> Ersten Zugriff handelt (§<br />

163 Abs. 1 StPO).<br />

Die grundsätzliche Ermächtigung zur Erteilung behördlicher<br />

Auskünfte leitet sich aus der Pflicht zur<br />

Amtshilfe ab (Art 35 Abs. 1 GG). Die Strafprozessordnung<br />

lässt mit § 96 StPO ausnahmsweise verwaltungsrechtliche<br />

Sperrerklärungen zu, wenn die<br />

oberste Dienstbehörde erklärt, dass das Bekannt-<br />

96 BVerfG, Beschluss vom 17.02.2009 - 2 BvR<br />

1372/07, Rn 26<br />

97 Ebenda. Wegen der Verweise: CF, BVerfG:<br />

Direkte Auskunft über Bestandsdaten,<br />

15.06.2011.<br />

98 Wegen der Bestandsdaten hat das BVerfG einen<br />

selbständigen Auskunftsanspruch der Polizei <strong>im</strong><br />

Rahmen der EGK festgestellt: BVerfG, Beschluss<br />

vom 13.11.2010 - 2 BvR 1124/10.<br />

werden des Inhalts dieser Akten oder Schriftstücke<br />

dem Wohl des Bundes oder eines deutschen<br />

Landes Nachteile bereiten würde. Solche<br />

Sperrerklärungen müssen von den Strafverfolgungsbehörden<br />

akzeptiert werden 99 , wenn sie<br />

nicht offensichtlich willkürlich erfolgt sind 100 . Der<br />

schlichten Weigerung von Behörden (ohne Sperrerklärung),<br />

Auskünfte oder Akten herauszugeben,<br />

kann mit den Zwangsmitteln der StPO begegnet<br />

werden 101 .<br />

Weitere Einschränkungen ergeben sich aus dem<br />

Gebot der Schwellengleichheit 102 (§§ 161 Abs. 2,<br />

477 Abs. 2 S. 2 StPO) und aus besonderen Gesetzen,<br />

die zum Beispiel das Steuer- (§ 30 AO)<br />

oder das Sozialgehe<strong>im</strong>nis betreffen (§ 73 SGB<br />

10). Soweit solche Gesetze Öffnungsklauseln zu<br />

Zwecken der Strafverfolgung aufweisen, akzeptiert<br />

das BVerfG sie großzügig <strong>im</strong> Allgemeininteresse<br />

an einer effektiven Strafverfolgung 103 .<br />

Die EGK hat das Problem der fehlenden Ungehorsamsfolgen.<br />

Solche sehen nur § 95 Abs. 2 StPO<br />

wegen des Herausgabeverlangens 104 , das auch<br />

von der Polizei mit dem Hinweis auf die Folgen<br />

verbunden werden kann 105 , und § 161a Abs. 2<br />

99 BGH, Urteil vom 16.02.1995 - 4 StR 733/94<br />

100 Gute Zusammenfassung bei: LG Potsdam,<br />

Beschluss vom 08.08.2006 - 21 Qs 127/06.<br />

101 Siehe schon: Heinz Lohmeyer, Beschlagnahme<br />

von Fahndungsakten und Steuergehe<strong>im</strong>nis, JR<br />

1964, 171 (Faks<strong>im</strong>ile).<br />

102 Gebot der Schwellengleichheit<br />

103 Zum Beispiel wegen der allgemeinen<br />

Auskunftsberechtigung der BAFin auf<br />

Kontoanfragen gemäß § 24c Abs. 3 S. 1 Nr. 2<br />

KWG: BVerfG, Beschluss vom 13.06.2007 - 1<br />

BvR 1550/03, 2357/04, 603/05, Rn 127.<br />

104 Erst 2000 erkannte das erste Gericht einen<br />

strafbewehrten Herausgabeanspruch der<br />

Staatsanwaltschaft an, dem später die<br />

herrschende Meinung folgte: LG Lübeck,<br />

Beschluss vom 03.02.2000 - 6 Qs 3/00.<br />

105 Ordnungsgeld, Ordnungshaft und Beugehaft kann<br />

nur das Gericht anordnen. Ob dem eine<br />

gerichtliche Androhung der Ungehorsamsfolgen<br />

vorausgehen muss, ist streitig. Die überwiegende<br />

Meinung in der Kommentarliteratur scheint die<br />

polizeiliche Androhung ausreichen zu lassen.

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