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Dieter Kochheim, Verdeckte Ermittlungen im Internet - Cyberfahnder

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<strong>Kochhe<strong>im</strong></strong>, <strong>Verdeckte</strong> <strong>Ermittlungen</strong> <strong>im</strong> <strong>Internet</strong>, S. 51<br />

3.3.5 Scheinkauf<br />

Die gerichtliche Auseinandersetzung mit dem<br />

Scheinkauf hat ihren Ursprung bei den <strong>Ermittlungen</strong><br />

<strong>im</strong> Zusammenhang mit Rauschgiften. Er dient<br />

einerseits dazu, Rauschgift und andere gefährliche<br />

Gegenstände (Waffen, Falschgeld, Fälscherwerkzeuge,<br />

Arzneien) dem kr<strong>im</strong>inellen Schwarzmarkt<br />

zu entziehen und andererseits die handelnden<br />

Täter zu fassen. Die Zulässigkeit des Scheinkaufes<br />

wird zusammen mit der Zulässigkeit des<br />

NoeP-Einsatzes seit 1995 von BGH vertreten 259 .<br />

Wichtig für ihn ist, dass die Grenzen zur unzulässigen<br />

Tatprovokation gewahrt bleiben 260 und das<br />

ist der Fall, wenn der Täter bereits tatgeneigt ist<br />

und nur noch die Einzelheiten des kr<strong>im</strong>inellen Geschäftes<br />

vereinbart und abgewickelt werden müssen.<br />

Das ist der Fall, wenn der Polizist nur die offen<br />

erkennbare Bereitschaft zur Begehung oder<br />

Fortsetzung von Straftaten ausnutzt 261 .<br />

Nach der Systematik des Gesetzes, das längerfristige<br />

Observationen und <strong>Verdeckte</strong> Ermittler bereits<br />

<strong>im</strong> Bereich der erheblichen Straftaten zulässt,<br />

ist das auch für den Scheinkauf anzunehmen 262 .<br />

Der von der Polizei überwachte Scheinkauf führt<br />

grundsätzlich zu einem schuldunabhängigen<br />

Strafmilderungsgrund 263 , so dass die Sachleitungsbefugnis<br />

der Staatsanwaltschaft deren Zust<strong>im</strong>mung<br />

verlangt.<br />

259 3.3.2 Grenzen zwischen VP und NoeP;<br />

BGH, Urteil vom 07.03.1995 - 1 StR 685/94.<br />

260 Einzelheiten und Nachweise: CF, keine<br />

Tatprovokation, 20.04.2008.<br />

261 BGH, Urteil vom 18.11.1999 - 1 StR 221/99, Rn<br />

55<br />

262 Die Rechtsprechung bezieht sich in aller Regel<br />

auf die schwere Kr<strong>im</strong>inalität.<br />

263 BGH, Urteil vom 18.11.1999 - 1 StR 221/99, Rn<br />

65<br />

3.3.6 Keuschheitsprobe<br />

Nr. A.II.2.2 S. 1 Anlage D zu den RiStBV formuliert<br />

einen ehernen Grundsatz, der für alle verdeckten<br />

<strong>Ermittlungen</strong> gilt: <strong>Verdeckte</strong> Ermittler dürfen keine<br />

Straftaten begehen. Das schränkt den Zugang zu<br />

geschlossenen Benutzerkreisen ein, wenn sie das<br />

Begehen einer Straftat zur Voraussetzung für den<br />

Zugang machen.<br />

In diesen Fällen sind der kr<strong>im</strong>inalistischen List keine<br />

weiteren Grenzen gesetzt, weil die Abrede und<br />

Durchführung von Straftaten keinen Grundrechtsschutz<br />

genießt 264 . Die absolute Grenze ist erreicht,<br />

wenn die Vorbereitung oder Leistung der<br />

Keuschheitsprobe eine Straftat darstellt. Sie ist<br />

zum Beispiel bei der Beschaffung und Weitergabe<br />

kinderpornographischer Abbildungen überschritten,<br />

deren Besitz bereits nach § 184b Abs. 4 StGB<br />

strafbar ist.<br />

In diesem Zusammenhang wird häufig der rechtfertigende<br />

Notstand (§ 34 S. 1 StGB) bemüht: Wer<br />

in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren<br />

Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum<br />

oder ein anderes Rechtsgut eine Tat begeht,<br />

um die Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden,<br />

handelt nicht rechtswidrig, wenn bei Abwägung<br />

der widerstreitenden Interessen, namentlich<br />

der betroffenen Rechtsgüter und des Grades<br />

der ihnen drohenden Gefahren, das geschützte<br />

Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiegt.<br />

Eine derart gegenwärtige Gefahr lässt sich<br />

aus dem Verbreiten betagten Bildmaterials jedenfalls<br />

nicht herleiten. Sie kann auch keine generelle<br />

Freizeichnung für eine best<strong>im</strong>mte Art von Kr<strong>im</strong>inalität<br />

oder Ermittlungsmaßnahme sein, weil sie nur<br />

einen extremen Einzelfall betreffen kann.<br />

264 2. Grundrechte und Eingriffsmaßnahmen

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