Dieter Kochheim, Verdeckte Ermittlungen im Internet - Cyberfahnder
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<strong>Kochhe<strong>im</strong></strong>, <strong>Verdeckte</strong> <strong>Ermittlungen</strong> <strong>im</strong> <strong>Internet</strong>, S. 12<br />
renlage für die Persönlichkeit des Betroffenen ergibt<br />
43 . Solche Ermächtigungsgrundlagen sind in<br />
der Strafprozessordnung vorhanden und betreffen<br />
die Aktenführung, ihre Vollständigkeit und die Ermächtigung<br />
der Strafverfolgungsbehörden zum<br />
„Quervergleich“ ihrer Kenntnisse aus verschiedenen<br />
Verfahren.<br />
Die Strafprozessordnung ermächtigt nicht nur,<br />
sondern verpflichtet die Staatsanwaltschaft und<br />
ihre Ermittlungspersonen (§ 152 Abs. 1 GVG) in<br />
verschiedenen Zusammenhängen zur Dokumentation<br />
ihrer Ermittlungshandlungen und -ergebnisse.<br />
Das gilt zunächst für die Staatsanwaltschaft,<br />
die das Ergebnis ihrer Untersuchungen aktenkundig<br />
machen und über Vernehmungen Protokolle<br />
fertigen muss (§ 168b StPO). Nach dem Abschluss<br />
der <strong>Ermittlungen</strong> (§ 169a StPO) erlangt<br />
der Verteidiger ein unbeschränktes Akteneinsichtsrecht<br />
(§ 147 Abs. 1, 2 StPO). Bei der Anklageerhebung<br />
sind dem Gericht neben der Anklageschrift<br />
auch die vollständigen Akten vorzulegen<br />
(§ 199 Abs. 2 S. 2 StPO). Dazu gehört das gesamte<br />
vom ersten Zugriff der Polizei ... an gesammelte<br />
Beweismaterial, einschließlich etwaiger<br />
Bild- und Tonaufnahmen nebst hiervon gefertigter<br />
Verschriftungen, zugänglich gemacht werden, das<br />
gerade in dem gegen den Angeklagten gerichteten<br />
Ermittlungsverfahren angefallen ist (...). Eine<br />
Ausnahme gilt nur für Unterlagen oder Daten, denen<br />
eine allein innerdienstliche Bedeutung zukommt.<br />
Dies können etwa polizeiliche Arbeitsvermerke<br />
<strong>im</strong> Fortgang der <strong>Ermittlungen</strong> unter Bewertung<br />
der bisherigen Ermittlungsergebnisse oder<br />
sonstige rein interne polizeilichen Hilfs- oder Arbeitsmittel<br />
nebst entsprechender Dateien sein<br />
(...). Im Bereich der Justizbehörden sind vom Akteneinsichtsrecht<br />
ausgenommen etwa entsprechende<br />
Bestandteile der staatsanwaltschaftlichen<br />
Handakten, Notizen von Mitgliedern des Gerichts<br />
während der Hauptverhandlung oder so genannte<br />
Senatshefte (...). 44<br />
Die Dokumentationspflicht trifft die Polizei in glei-<br />
43 BVerfG, Urteil vom 27.02.2008 - 1 BvR 370/07,<br />
595/07, Rn 309<br />
44 BGH, Urteil vom 18.06.2009 - 3 StR 89/09, Rn 20<br />
chem Maße. Bereits nach dem ersten Zugriff<br />
muss sie ihre „Verhandlungen“ ohne Verzug der<br />
Staatsanwaltschaft übersenden (§ 163 Abs. 2 S. 1<br />
StPO). Einzelheiten über die Form der Aktenführung<br />
ergeben sich zum Beispiel aus § 101 Abs. 2<br />
StPO.<br />
Die Berechtigung zum Vergleich und zur Auswertung<br />
von Daten folgt bereits aus der Ermittlungsgeneralklausel<br />
des § 161 Abs. 1 S. 1 StPO, die die<br />
Staatsanwaltschaft ausdrücklich dazu ermächtigt,<br />
Auskünfte von anderen Behörden einzuholen.<br />
Das untermauert § 98c StPO, der ohne formelle<br />
Hürden auch den maschinellen Abgleich zwischen<br />
den Daten aus anderen Verfahren zulässt.<br />
Die Verwertungsverbote, die sich aus § 161 Abs. 2<br />
StPO ergeben, greifen nicht schon bei der Datenauswertung,<br />
sondern erst bei Übernahme in ein<br />
neues Verfahren, wobei die Schwellengleichheit<br />
der verfolgten Vorwürfe zu prüfen ist 45 . Insoweit<br />
ist von der Rechtsprechung anerkannt, dass bei<br />
der Freibeweisführung alle Erkenntnisse verwertet<br />
werden dürfen, auch wenn für sie Verwertungshindernisse<br />
bestehen (Spurenansatz 46 ).<br />
Die Ermächtigung zum Datenabgleich ist keine<br />
Rasterfahndung. § 98a StPO setzt nämlich voraus,<br />
dass ein Dritter, der keine Strafverfolgungsbehörde<br />
ist, die Daten zur Verfügung stellen muss<br />
47 .<br />
45 BGH, Urteil vom 27.11.2008 - 3 StR 342/08, Rn<br />
13. Siehe auch: CF, Schwellengleichheit,<br />
21.12.2008<br />
46 BVerfG, Urteil vom 03.03.2004 - 1 BvR 2378/98,<br />
1 BvR 1084/99, S. 64; BVerfG, Beschluss vom<br />
25.04.2005 - 2 BvR 866/05. Siehe auch: CF,<br />
zulässige Verwertung verdeckter<br />
Zufallserkenntnisse, 28.02.2009.<br />
47 Abgrenzung zum staatsanwaltschaftlichen<br />
Auskunftsersuchen und zur Anwendung der<br />
Ermittlungsgeneralklausel: BVerfG, Beschluss<br />
vom 17.02.2009 - 2 BvR 1372/07, 2 BvR 1745/07<br />
(Mikado).