Dieter Kochheim, Verdeckte Ermittlungen im Internet - Cyberfahnder

Weitere Magazine

Empfehlungen

Info

Kochheim, Verdeckte Ermittlungen im Internet, S. 44 zergruppen in der kriminellen Szene 225 verlangen aber nach Bewerbungen mit detaillierten Angaben zu den Erfahrungen und zum Vorleben, Referenzen durch Taten oder Fürsprecher sowie Keuschheitsproben. Diese Angaben müssen nicht nur stimmig und überprüfbar sein, sondern nötigenfalls auch einer Konfrontation in der Realität standhalten. Je feiner die Legende ausgefeilt und untermauert werden muss, desto mehr läuft der legendierte Beamte Gefahr, die vom BVerfG gezogene Grenze zum schutzwürdigen Vertrauen des Betroffenen zu überschreiten, zumindest in die Absprachen von Straftaten einbezogen zu werden und in einen Konflikt mit dem Legalitätsprinzip zu geraten (§ 152 Abs. 2 StPO). Schutz bietet ihm dann nur eine klare Absicherung seiner Handlungen, ihre Dokumentation und fachliche Begleitung. Der Gesetzgeber hat dafür besondere Instrumente zur Verfügung gestellt, die jedenfalls bei einer längerfristige Beobachtung des Beschuldigten oder dauerhafte Kontaktaufnahmen zu ihm nach einer gerichtlichen Zustimmung gemäß §§ 163f oder 110b StPO bedürfen. Maßnahmen unterhalb dieser Schwelle sind wie Scheingeschäfte und zeitlich sowie sachlich umgrenzte Ermittlungsaufträge an einen Nicht offen ermittelnden Polizeibeamten – NoeP – zu behandeln. Als Leitlinie dient der gesetzgeberische Wille, wonach jedenfalls die längerfristige Observation einer gerichtlichen Anordnung bedarf, wenn sie länger als zwei Tage andauern soll. 225 Einleitung, B. Hintergrund: Carding-Boards. 3.3.1 verdeckte personale Ermittlungen Legendierte Kontakte zu Verdächtigen und Beschuldigten führen zu ständigen Auseinandersetzungen in der Rechtsprechung. Dabei geht es im Wesentlichen um drei streitige Begriffe: � Scheinkauf � Nicht offen ermittelnder Polizeibeamter – NoeP � Verdeckter Ermittler In der Anlage D 226 zu den RiStBV 227 werden insgesamt vier Rollen von Personen beschrieben, die zwar zeugenschaftliche Aussagen machen, deren Identität aber zunächst oder auf Dauer nicht offenbart werden soll, wozu es im Endeffekt einer Sperrerklärung im Sinne von § 96 StPO bedarf 228 . Privatpersonen sind der Informant und die Vertrauensperson – VP. Informant ist eine Person, die im Einzelfall bereit ist, gegen Zusicherung der Vertraulichkeit der Strafverfolgungsbehörde Informationen zu geben (Nr. A.I.2.1 Anlage D zu den RiStBV). Er zeichnet sich dadurch aus, dass er zu einem abgeschlossenen und umgrenzten Sachverhalt Angaben macht, die von einem Polizeibeamten anonymisiert und in dieser Form zu den Ermittlungsakten gegeben werden. Sie können zur Begründung weiterer Ermittlungsmaßnahmen genutzt und über den „führenden“ Polizeibeamten auch in die gerichtliche Hauptverhandlung eingeführt werden 229 . Vertrauensperson ist eine Person, die, ohne einer Strafverfolgungsbehörde anzugehören, bereit ist, diese bei der Aufklärung von Straftaten auf längere Zeit vertraulich zu unterstützen, und deren Identität grundsätzlich geheimgehalten wird 226 Richtlinien über die verdeckte Informationsgewinnung im Rahmen der Strafverfolgung durch Informantinnen und Informanten, Vertrauenspersonen, Verdeckte Ermittlerinnen und Ermittler und sonstige nicht offen ermittelnde Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte 227 Richtlinien für das Straf- und Bußgeldverfahren 228 3.1.1 Auskünfte von Behörden und anderen Einrichtungen 229 Auf die Probleme mit dem Zeugenbeweis vom Hörensagen und dem Unmittelbarkeitsprinzip (vor Allem: § 250 StPO) wird später eingegangen.
Kochheim, Verdeckte Ermittlungen im Internet, S. 45 (Nr. A.I.2.2 Anlage D zu den RiStBV). Die VP arbeitet längerfristig mit der Polizei zusammen und vermittelt ihr Informationen über kriminelle Subkulturen, über das Umfeld bestimmter Täter und über begangene oder geplante Straftaten. Über die Qualität der vermittelten Informationen lässt sich streiten. Je näher sich die VP im unmittelbaren privaten Umfeld des Täters bewegt, desto leichter kann sie enttarnt werden, so dass die Auskünfte häufig gar nicht verwendet werden können, um Gefahren für die VP zu vermeiden. Die Zusage der Geheimhaltung ist zu widerrufen, wenn die VP lügt oder Straftaten begeht (Nr. 4. Anlage zu den RiStBV). Verdeckte Ermittler und Nicht offen ermittelnde Beamte - NoeP – sind hingegen Polizeibeamte, die ihre polizeiliche Rolle nicht offenbaren. Verdeckte Ermittler sind Beamte des Polizeidienstes, die unter einer ihnen verliehenen, auf Dauer angelegten, veränderten Identität (Legende) ermitteln. Sie dürfen unter der Legende am Rechtsverkehr teilnehmen (§ 110a Abs. 2 StPO). Die Einzelheiten über den Einsatz, die Pflichten und Aufgaben der Verdeckten Ermittler ergeben sich aus dem Teil A.II. der Anlage D zu den RiStBV. So darf er zum Beispiel Ermittlungen zurückstellen, zu denen er nach dem Legalitätsprinzip sofort verpflichtet wäre; dies gilt nicht, wenn sofortige Ermittlungsmaßnahmen wegen der Schwere der neu entdeckten Tat geboten sind (Nr. A.II.2.6.2 Anlage D zu den RiStBV). Die Ermittlungstätigkeit sonstiger nicht offen ermittelnder Polizeibeamter richtet sich nach den allgemeinen Bestimmungen, ist die schlichte Aussage von Nr. A.II.2.9 der Anlage D zu den RiStBV. Das ist wenig aussagekräftig. 3.3.2 Grenzen zwischen VP und NoeP Schon 1981 hat das BVerfG die Zusage der Vertraulichkeit für Informanten oder der Geheimhaltung an Vertrauenspersonen und Verdeckte Ermittler als zulässig angesehen, wenn es um die Aufklärung der schweren Kriminalität geht 230 . Gesetzliche Regelungen sind mit den §§ 110a bis 110c StPO nur für den Verdeckten Ermittler eingeführt worden. Sein Einsatz setzt als untere Schwelle Formen der erheblichen Kriminalität voraus, das heißt Serientaten in gewerbs- oder gewohnheitsmäßiger Form (§ 110a Abs. 1 S. 1 Nr. 3 StPO). Der Einsatz bedarf der Zustimmung der Staatsanwaltschaft (§ 110b Abs. 1 StPO) und dann, wenn er gegen einen bestimmten Beschuldigten gerichtet ist, einer gerichtlichen Zustimmung (§ 110b Abs. 2 S. 1 Nr. 1 StPO). Die gesetzlichen Vorschriften dienen vor allem auch dem Schutz der eingesetzten Beamten 231 : Der Gesetzgeber wollte ihre heimliche und auf Täuschung ausgerichtete amtliche Tätigkeit, die zu den sonst für sie geltenden Täuschungsverboten und Belehrungspflichten (§§ 136a, 163a Abs. 4 und 5 StPO) in Widerspruch geraten kann, zum Schutz der Polizeibeamten auf eine die Generalklauseln ausformende spezielle Gesetzesgrundlage stellen. Eine solche Fürsorgepflicht besteht gegenüber Vertrauenspersonen nicht, weil sie die Polizei als Privatpersonen unterstützen und dabei nicht gegen sonst für sie geltende Amtspflichten verstoßen können. Als Regelfall sieht § 110b StPO den Polizeibeamten an, der zunächst verdeckt ermittelt, in der gerichtlichen Verhandlung aber offen als Zeuge zur Verfügung steht. Erst § 110b Abs. 3 StPO lässt es als Ausnahme davon zu, dass seine Identität auch nach Beendigung des Einsatzes geheimgehalten werden kann, wenn er persönlich oder sein künftiger Einsatz gefährdet wäre. Das hat zur Folge, dass die Erkenntnisse des Verdeckten Ermittlers durch einen VE-Führer, also einem Zeugen vom 230 BVerfG, Beschluss vom 26.05.1981 - 2 BvR 215/81 231 BGH, Urteil vom 22.012.1995 – 3 StR 552/94
Seite 1 und 2: Kochheim, Verdeckte Ermittlungen im
Seite 43: Kochheim, Verdeckte Ermittlungen im
Seite 69: Kochheim, Verdeckte Ermittlungen im

Dieter Kochheim, Verdeckte Ermittlungen im Internet - Cyberfahnder

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Template löschen?

Als Template speichern?