Sonderheft 255 Special Issue - Johann Heinrich von Thünen-Institut
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Tabelle 1:<br />
Bindung <strong>von</strong> C. arvense an Bodeneigenschaften. Erhebungen aus 141 Ackerflächen in Bayern (Albrecht 1989).<br />
Nur auf nährstoffarmen Sanden ist die Art seltener zu finden. Häufigkeit: < 8% der Vorkommen; 8-15% der<br />
Vorkommen; 15-30% der Vorkommen; > 30% der Vorkommen<br />
Wie auch andere nitrophytische Ackerwildpflanzen, z.<br />
B. Galium aparine, ist die Acker-Kratzdistel in der<br />
Lage, auch außerhalb der Äcker zu existieren. Neben<br />
Ackerflächen werden Uferbereiche, Waldschläge,<br />
Viehweiden und Ruderalfluren besiedelt (Hegi 1929).<br />
Dies eröffnet ihr theoretisch die Möglichkeit, dass<br />
sich Populationen aus Waldschlägen etc. auch in<br />
Ackerflächen hinein ausbreiten. Eine gute Nährstoffversorgung<br />
liegt i. d. R. in allen genannten Lebensräumen<br />
vor; die Etablierung der Art wird durch offenen<br />
Boden nach Bodenverletzungen, die diese Lebensräume<br />
ebenfalls gemein haben, besonders begünstigt.<br />
Hat sich C. arvense einmal etabliert, kann<br />
sie sich sehr lange im Bestand halten. Zwar wird die<br />
höchste Stetigkeit und Artmächtigkeit auf stillgelegten<br />
Äckern schon im 4. bis 9. Brachejahr erreicht<br />
(Schmidt 1981, Wild 1997, Albrecht unveröff.), aber<br />
erst das Aufkommen <strong>von</strong> Gehölzen scheint der lichtbedürftigen<br />
Art endgültig die Existenzgrundlage zu<br />
entziehen.<br />
Vegetative Ausbreitung<br />
Nach Angaben <strong>von</strong> Chancellor (1970) beträgt das<br />
maximale jährliche Wachstum älterer Wurzeln <strong>von</strong> C.<br />
arvense 12 m; das Wachstum einjähriger Wurzeln ist<br />
mit 1,5 m deutlich geringer. Die Hauptwurzelmasse<br />
liegt nach Stach (1996) in einer Bodentiefe <strong>von</strong> 25-75<br />
cm, nach Hodgson (1968) dagegen nur zwischen 8<br />
und 23 cm. Von den Wurzeln gehen kräftige Triebe<br />
zur Bodenoberfläche, die sich in den oberirdischen<br />
Trieben fortsetzen. Untersuchungen <strong>von</strong> Stach (1996)<br />
zeigen, dass ein m³ Boden bis zu 400 m Wurzeln<br />
enthält. Ein Klon kann bis zu 6 m² pro Jahr neu besiedeln.<br />
In einem Modellversuch mit Wurzelstücken <strong>von</strong> Aegopodium<br />
podagraria untersuchte Mayer (2000) die<br />
vegetative Ausbreitung durch Bodenbearbeitungsgeräte.<br />
Geprüft wurden Pflug, Schwergrubber, Fräse,<br />
Kreiselegge und Striegel. Die Wurzelstücke wurden<br />
über die gesamte Arbeitsbreite dieser Geräte auf 12-<br />
15 cm Tiefe im Boden vergraben. Die weiteste gemessene<br />
Ausbreitungsdistanz wurde beim Einsatz des<br />
Schwergrubbers erreicht, der mit zwölf ± senkrecht<br />
stehenden Scharen und 20 cm Bearbeitungstiefe die<br />
Wurzelstücke offenbar besonders gut erfasste. Bis in<br />
5,5 m Entfernung vom Depositionsort wurden austreibende<br />
Wurzelstücke <strong>von</strong> A. podagraria gefunden.<br />
Beim Pflug, der nur fünf spitz in Bearbeitungsrichtung<br />
zulaufende Schare besitzt, wurden Wurzelfragmente<br />
bis zu 2,5 m weit transportiert. Bei Fräse, Kreiselegge<br />
und Striegel wurde keine entsprechende Verfrachtung<br />
beobachtet.<br />
Generell lässt sich folgern, dass sich Wurzelstücke<br />
durch den einmaligen Einsatz der genannten Geräte<br />
kaum weiter ausbreiten als durch natürliches Längenwachstum.<br />
Ändern kann sich diese Situation allerdings,<br />
wenn mehrere Geräte in Kombination eingesetzt<br />
werden. So könnte z. B. der Pflug Wurzelstücke<br />
an die Bodenoberfläche bringen und eine anschließende<br />
Bearbeitung mit einer Egge diese dann über<br />
weitere Distanzen verschleppen.<br />
Eine weitere Gefahr der Ausbreitung durch Bodenbearbeitungsgeräte<br />
besteht in der Wurzelübertragung<br />
<strong>von</strong> Feld zu Feld. Hier sind vermutlich wiederum<br />
Pflug und Schwergrubber die wichtigeren Vektoren,<br />
da ihnen bei der Bodenbearbeitung besonders viel<br />
Boden anhaftet. Folgende Bodenmengen wurden <strong>von</strong><br />
den einzelnen Geräten transportiert (TS): Pflug 35,4<br />
kg, Schwergrubber 14,0 kg, Fräse 3,0 kg, Kreiselegge<br />
1,6 kg und Striegel 0,5 kg (Mayer 2000). Dass die<br />
Distelklone bevorzugt im Randbereich <strong>von</strong> Ackerflächen<br />
stehen, wo die Geräte am Ende der Bodenbearbeitung<br />
aus dem Boden gehoben werden, erhöht<br />
das Risiko einer Verschleppung. Ein häufigerer<br />
Transport <strong>von</strong> Wurzelstücken über Ackergrenzen<br />
hinweg könnte auch eine der Ursachen sein, weshalb<br />
sich die meisten Distelklone innerhalb <strong>von</strong> Ackerflächen<br />
genetisch deutlich <strong>von</strong>einander unterscheiden<br />
(Hettwer und Steinmann 2002). Für eine erfolgreiche<br />
Etablierung genügen bereits kleinste Wurzelstücke.<br />
So stellte Hamdoun (1972) fest, dass sich schon Wurzelfragmente<br />
mit 3,5 mm Radius und 2,5 cm Länge zu<br />
100 % regenerieren können. Und sogar Stücke mit nur<br />
0,5 cm Länge waren noch zu 10 % in der Lage auszu-