Sonderheft 255 Special Issue - Johann Heinrich von Thünen-Institut
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Ergebnisse und Diskussion<br />
Bewurzelungseigenschaften<br />
Auf die starke Vorwüchsigkeit der Polwurzel weist<br />
bereits Korsmo (1930) hin. Im ersten Entwicklungsjahr<br />
ist daher das Wachstum der Seitenwurzeln noch<br />
sehr gering (Abb. 7).<br />
Abbildung 7:<br />
Verschiedene Altersstadien vom Keimling bis zur<br />
reifen Pflanze <strong>von</strong> R. obtusifolius<br />
Tiefen- und Seitenausdehnung der Pol-, Spross- und<br />
Seitenwurzeln<br />
Alle drei Arten sind durch tiefreichende Bewurzelung<br />
gekennzeichnet. Die bisher gefundene tiefste Wurzel<br />
bildete eine Pflanze <strong>von</strong> Rumex crispus, gewachsen in<br />
einer weißkleereichen – Gewöhnlichen Rispengraswiese<br />
östlich <strong>von</strong> Klagenfurt auf Mullgleyboden. Ihre<br />
Polwurzel erreichte eine Tiefe <strong>von</strong> 327 cm (Kutschera<br />
1960). Ebenfalls eine ansehnliche Tiefe erreichte eine<br />
Pflanze, die sich in einer Weidelgrasweide auf schwerem<br />
Mullgley bei Kiel mit einer Tiefe <strong>von</strong> 190 cm<br />
entwickelte. Die sich rasch verjüngende Polwurzel<br />
mit einer annähernd gleich starken Seitenwurzel, die<br />
bereits nahe der Bodenoberfläche abzweigt, weist auf<br />
eine Störung im Wachstumsverlauf hin (Abb. 8,<br />
links). Eine Pflanze mit geringerem Tiefenwachstum<br />
entwickelte sich ebenfalls an der Ostsee an einem<br />
ruderal bewachsenen Ackerrand auf kalkiger Braunerde<br />
am Meeresstrand auf der Insel Fehmarn unter<br />
starkem Grundwassereinfluss (Abb. 8, rechts). Ihre<br />
Tiefenentwicklung erreichte etwa 180 cm. Der<br />
Grundwassereinfluss zeigt sich vor allem in dem<br />
starken vorwiegend ebenem Seitenwurzelverlauf ab<br />
der Bodentiefe <strong>von</strong> etwa 120 cm (Kutschera und Lichtenegger<br />
1992).<br />
Eine Pflanze <strong>von</strong> Rumex obtusifolius (Abb. 9), die<br />
sich in einer Wiesenrispengrasweide auf braunem<br />
Auboden im Talboden der Enns mit einer Tiefe <strong>von</strong><br />
265 cm entwickelte, zeigt im Bv-Horizont ein auffäl-<br />
Abbildung 8:<br />
links: R. crispus Kiel, rechts: R. crispus Insel Fehmarn<br />
(aus: Kutschera und Lichtenegger 1992)<br />
liges Abwärtswachstum der Seitenwurzeln. Der weitgehend<br />
ebene Seitenwurzelverlauf in der oberen<br />
Krumenschicht entspricht den Standortbedingungen<br />
des humiden Gebietes (Lichtenegger 1983). Bei der<br />
abgebildeten Pflanze handelt es sich um eine noch<br />
relativ junge Pflanze, bei der die Bestockung durch<br />
Sprosswurzeln noch nicht einsetzte. Bei einer Pflanze<br />
in einem Rotkleeacker in Kärnten in 1.200 m NN auf<br />
braunem Auboden erreichte die Polwurzel und zwei<br />
weitere Seitenwurzeln eine Tiefe <strong>von</strong> etwa 200 cm<br />
(Kutschera 1960).<br />
Die Sprosswurzelpflanze <strong>von</strong> Rumex alpinus<br />
(Abb. 10), gewachsen in einer Läger-Flur auf Braunlehm-Sediment,<br />
erreichte mit sieben Sprosswurzeln<br />
eine annähernd gleiche Tiefe <strong>von</strong> 290 cm bei einer<br />
Seitenausdehnung <strong>von</strong> ca. 230 cm. Für die gleichmäßige<br />
Durchlüftung des Bodens spricht die gleichmäßige<br />
Feinverzweigung.<br />
Anatomischer Bau der Wurzeln<br />
Für die Lebensbedingungen der betreffenden Pflanzen<br />
bedeuten die tiefreichenden Wurzeln im Gegensatz zu<br />
den eher flach wachsenden Arten nicht nur günstigere<br />
Bedingungen für die Wasserversorgung in trockenen<br />
Zeiten, sowie die geringe Konkurrenz in den größeren<br />
Tiefen durch Wurzeln anderer Arten, sondern besonders<br />
auch günstige Bedingungen für die Reservestoffeinlagerung<br />
aufgrund der niedrigeren Temperaturen.<br />
Die mengenmäßig ausgiebigste Stärkespeicherung<br />
erfolgt allerdings in den dicken Wurzeln im Parenchym<br />
des Holzes wie des Bastes. Eine Erhöhung der