Sonderheft 255 Special Issue - Johann Heinrich von Thünen-Institut
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Fallanalysen / <strong>Sonderheft</strong> Landbauforschung Völkenrode (2003) SH <strong>255</strong>:81-85 81<br />
3 Fallanalysen<br />
Im zweiten Teil des Kolloquiums stand eine anwendungsorientierte<br />
Umsetzung der zuvor erarbeiteten<br />
Ergebnisse im Mittelpunkt. Am Beispiel mehrerer<br />
Praxisbetriebe wurden die Ursachen einer vorhandenen<br />
Distel- bzw. Ampferverunkrautung analysiert und<br />
standortspezifische Lösungen zur Regulierung dieser<br />
Wurzelunkräuter erarbeitet.<br />
3.1 Acker-Kratzdistel (Cirsium arvense)<br />
3.1.1 Vorstellung und Diskussion des<br />
Problembetriebes<br />
Im nachfolgenden Teil werden Betriebe mit unterschiedlichem<br />
Bekämpfungserfolg vorgestellt. Es wurde<br />
mit einem real existierenden Betrieb begonnen, der<br />
starke Probleme mit Acker-Kratzdistel hat. Bei dem<br />
vorliegenden Betrieb handelt es sich um einen Gemischtbetrieb,<br />
der im Haupterwerb <strong>von</strong> 1 Voll-AK<br />
und 2 Saison-AK bewirtschaftet wird. Der Betrieb<br />
umfasst 85 ha Ackerland und 36 ha Grünland. Der<br />
mittlere Jahresniederschlag liegt bei 870 mm. Die<br />
mittlere Jahrestemperatur beträgt 7,8 °C. Es überwiegt<br />
schwerer Boden, der <strong>von</strong> schluffigem Lehm bis Ton<br />
reicht. Die Direktvermarktung spielt eine bedeutende<br />
Rolle in diesem Betrieb, der dem Biolandverband<br />
angehört. Die Fruchtfolge setzt sich aus zweijährigem<br />
Kleegras mit drei- bis vierfacher Nutzung pro Jahr (1-<br />
2 Schnitte, 2x Beweidung), Silomais, Winterweizen,<br />
Hafer und Dinkel mit Untersaat Kleegras zusammen.<br />
Nach Angaben des Betriebsleiters trat der höchste<br />
Acker-Kratzdistel-Besatz im letzten Fruchtfolgeglied<br />
auf. Auf Grünlandflächen bestehen geringe Probleme<br />
mit Acker-Kratzdistel. Die mittleren Erträge sind für<br />
einen ökologisch wirtschaftenden Betrieb vergleichsweise<br />
hoch und liegen z. B. für Winterweizen bei 40<br />
dt/ha. Als Besonderheiten sind eine nicht wendende<br />
Bodenbearbeitung vor Winterungen sowie ein hoher<br />
Anteil überbetrieblicher Maschinennutzung zu nennen.<br />
Die Stoppelbearbeitung erfolgt mit dem Doppelherzschargrubber.<br />
Als direkte Unkrautregulierungsmaßnahme<br />
ist ausschließlich Blindstriegeln anzuführen.<br />
Nach der Betriebsvorstellung wurden mit dem Auditorium<br />
nachfolgende Verbesserungsmöglichkeiten im<br />
Sinne einer wirkungsvollen Acker-<br />
Kratzdistelregulierung erarbeitet. Zunächst wurde<br />
darauf hingewiesen, dass Mais aufgrund seiner geringen<br />
Unkrautunterdrückung nach Möglichkeit nicht<br />
mehr oder nur bei gleichzeitiger intensiver Unkrauthacke<br />
oder Untersaat angebaut werden sollte. Die<br />
Einführung des "Weite-Reihe"-Systems würde weiterhin<br />
die Möglichkeit bieten, auch im Getreide zu<br />
hacken. Aufgrund der sich andeutenden Bodenheterogenität<br />
wurde jeweils eine angepasste Fruchtfolge für<br />
leichte und schwere Standorte gefordert.<br />
Ebenso bestand Konsens bei der Empfehlung, den<br />
Doppelherzschargrubber durch einen Flügelschargrubber<br />
zu ersetzen, da die breitschneidenden Flügelschare<br />
i. d. R. eine bessere Wirkung gegen die Acker-<br />
Kratzdistel zeigen. Eine Scharüberlappung <strong>von</strong> mindestens<br />
5 cm hat sich hierbei als vorteilhaft erwiesen.<br />
Es wurde weiterhin bei Problemen mit der Acker-<br />
Kratzdistel <strong>von</strong> der nicht wendenden Bodenbearbeitung<br />
abgeraten; somit ist für diesen Beispielsbetrieb<br />
generell eine wendende Grundbodenbearbeitung vorzusehen.<br />
Um die Konkurrenzkraft des Kleegrases zu erhöhen,<br />
sollte das Kleegras nicht im Dinkel als Untersaat<br />
sondern erst im August oder im nachfolgenden Frühjahr<br />
als Blanksaat ausgesät werden. Weiterhin wurde<br />
im ersten Jahr <strong>von</strong> einer Beweidung des Kleegrases<br />
abgeraten: Zur besseren Bestandesentwicklung sollte<br />
im ersten Jahr lediglich eine dreimalige Schnittnutzung<br />
erfolgen. Abschließend wurde der zweijährige<br />
Kleegrasanbau für diesen Betrieb als wirksamstes<br />
Element für eine Acker-Kratzdistelregulierung herausgestellt.<br />
Ob sich diese Verbesserungsvorschläge realisieren<br />
lassen, hängt vom zusätzlichen Zeitaufwand und <strong>von</strong><br />
der zur Verfügung stehenden Zeit des Betriebsleiters<br />
ab. Da es sich bei diesem Betrieb um keinen reinen<br />
Ackerbaubetrieb handelt und die Direktvermarktung<br />
eine bedeutende Rolle spielt, ist der Zeitbedarf für die<br />
Umsetzung dieser Maßnahmen entscheidend.<br />
3.1.2 Vorstellung und Diskussion der<br />
Betriebe mit erfolgreichen Regulierungsstrategien<br />
Nachfolgend wurden am Beispiel zweier Praxisbetriebe<br />
erfolgreiche Strategien zur Regulierung der<br />
Acker-Kratzdistel vorgestellt. Diese Strategien führen<br />
nach Aussage der Betriebsleiter auf Ackerflächen zu<br />
guten und nachhaltigen Regulierungserfolgen. Bei<br />
den Betrieben handelte es sich um viehlose Marktfruchtbetriebe<br />
mit einem geringen Anteil an Futterbau.<br />
Beispielbetrieb A befindet sich im nördlichen Brandenburg<br />
in der Uckermark. Die anlehmigen Sandflächen<br />
des Betriebs weisen durchschnittliche Ackerzahlen<br />
<strong>von</strong> 42 auf, der Jahresniederschlag liegt im Mittel<br />
bei etwa 530 mm. Die Fruchtfolge des Betriebs setzt<br />
sich aus Winterweizen, Winterroggen, Körnerleguminosen<br />
und Dinkel oder Triticale mit einer Luzernegras-Untersaat<br />
zusammen. Auf den leichteren Standorten<br />
wird anstelle des Winterweizens wahlweise<br />
Hafer angebaut. Die Stoppelbearbeitung erfolgt in<br />
diesem Betrieb mit einem Flügelschargrubber. Dieser<br />
wird je nach Verunkrautung bis zu dreimal eingesetzt.