Sonderheft 255 Special Issue - Johann Heinrich von Thünen-Institut
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M. Sobotik / <strong>Sonderheft</strong> Landbauforschung Völkenrode (2003) SH <strong>255</strong>:53-61 53<br />
2.2.1.2 Biologie der Ampfer-Wurzelunkräuter – Schwerpunkt Bewurzelungseigenschaften<br />
–<br />
<strong>von</strong> Monika Sobotik<br />
Einleitung<br />
Von den 200 auf der Welt vorkommenden Arten der<br />
Gattung Rumex (Engler 1964) sind es vor allem drei<br />
Arten, die als Unkräuter auftreten. Es sind dies Rumex<br />
obtusifolius, R. crispus und R. alpinus. Alle drei Arten<br />
zeichnen sich durch besondere Fähigkeiten in ihrer<br />
inneren und äußeren Gestalt ihrer Bewurzelung aus.<br />
Bereits im Hinblick auf die Bekämpfung <strong>von</strong> R. obtusifolius<br />
und R. crispus befassten sich Korsmo (1930)<br />
und Wehsarg (1935) intensiv mit ihrer Jungpflanzenentwicklung,<br />
ihrer Grundachsenentwicklung mit ihren<br />
jährlichen Neuzuwächsen und ihren Alterungserscheinungen.<br />
Darstellungen über die gesamten Wurzelsysteme<br />
aller drei Arten liegen in den Wurzelatlasbänden<br />
<strong>von</strong> Kutschera (1960) und Kutschera und<br />
Lichtenegger (1992) vor. Wichtige Angaben über die<br />
Biologie und weitere Literaturangaben über R. obtusifolius<br />
und R. crispus sind in Cavers und Harper<br />
(1964, 1967) zu finden. Wesentliche Aufschlüsse über<br />
die klimatisch bedingten Lebensansprüche und Widerstandsfähigkeiten<br />
der Arten geben ihre geografische<br />
Verbreitung. Über die unmittelbaren Standortansprüche<br />
hinsichtlich Feuchtigkeit, Mineralstoffangebot<br />
und die Reaktion auf die Art der Nutzung<br />
gibt das Vorkommen in verschiedenen Pflanzengesellschaften<br />
Auskunft. Das Vorkommen in verschiedenen<br />
Pflanzengesellschaften in ihren Deckungswerten<br />
konnte für R. obtusifolius und R.<br />
crispus anhand zahlreicher Vegetationsaufnahmen im<br />
Ennstal untersucht werden.<br />
Anhand der Reaktion des Stumpfblatt-Ampfers auf<br />
unterschiedliche Nutzungsmaßnahmen werden Möglichkeiten<br />
der Regulierung erläutert. Für das Erkennen<br />
der Arten werden die wichtigsten Merkmale angeführt.<br />
Material und Methoden sowie Grundlagen zur<br />
Biologie<br />
Morphologische Untersuchungen<br />
Die Ausgrabung der Wurzel erfolgte nach der <strong>von</strong><br />
Kutschera (1960) beschriebenen trockenen Freilegung<br />
der Wurzeln, da dadurch die Lage der Wurzeln zeichnerisch<br />
und fotografisch festgehalten werden kann.<br />
Anatomische Untersuchungen<br />
Für die anatomischen Untersuchungen wurden die<br />
Wurzeln bei den Geländeuntersuchungen entnommen<br />
und sofort in 4 %-iger wässriger Lösung <strong>von</strong> Formaldehyd<br />
fixiert. Von diesem Material wurden zum Teil<br />
Handschnitte gefertigt und zum Teil wurde es in Paraplast<br />
eingebettet und mit einem Leitz Grundschlitten<br />
Pichlern 9, A-4822 Bad Goisern<br />
Mikrotom in einer Dicke <strong>von</strong> 4 – 10 µm geschnitten.<br />
Der Holz- und Zellulosennachweis erfolgte mit der<br />
Safranin-Astrablau-Färbung. Der Gerbstoffnachweis<br />
erfolgte mit Eisenchlorid, der Stärkenachweis mit<br />
Jodjodkali, der Suberinisierungs- und Verkorkungsnachweis<br />
mit Sudan 3.<br />
Vegetationskundliche Untersuchungen<br />
Die Vegetationsaufnahmen erfolgten nach der Methode<br />
<strong>von</strong> Braun-Blanquet (1964). Die Artmächtigkeit<br />
wurde allerdings nach einer modifizierten Skala geschätzt.<br />
Die Braun-Blanquet-Klassen (BR.-BL.) 1 - 5<br />
wurden jeweils in drei Subklassen unterteilt (z. B.<br />
1a = 1,0 - 1,9 % Deckung; 1 = 2,0 - 3,9 % Deckung;<br />
1b = 4,0 - 5 % Deckung). Die Benennung der Pflanzensippen<br />
richtet sich nach Adler et al. (1994).<br />
Die Versuchsanordnung der Untersuchungen <strong>von</strong><br />
Hohenlehen sind den Ausführungen <strong>von</strong> Hann und<br />
Kromp (2001, 2003 in diesem Band) zu entnehmen.<br />
Allgemeines zur Biologie der Ampferarten<br />
Systematische Merkmale zum Erkennen der Arten<br />
Die Zugehörigkeit zur Familie der Knöterichgewächse,<br />
Polygonaceae, ist durch die häutige Nebenblattscheide<br />
am Grund des Blattstieles, die den Stängel<br />
oberhalb des Knotens in Form einer geschlossenen<br />
Röhre einschließt (Abb. 1) und einer einfachen Blütenhülle<br />
(= Perigon) gekennzeichnet (Abb. 2).<br />
Abbildung 1:<br />
Ochrea, typisch für<br />
alle Polygonaceae,<br />
hier: Polygonum<br />
persicaria, ein abgeschnittenesLaubblatt,<br />
e Blattscheide,<br />
o Ochrea, a Hauptachse,<br />
b Seitenspross,<br />
(aus: Hegi<br />
1981)<br />
Die Gattung Rumex ist erkenntlich an den sechs Perigonblättern,<br />
wobei die drei inneren zur Fruchtzeit viel<br />
größer als die drei äußeren sind. Die Frucht ist eine<br />
dreiseitige trockenhäutige glattwandige Nuss. Hinsichtlich<br />
der Lebensdauer handelt es sich um mehrjährige<br />
Stauden. Wehsarg (1935) schätzt als Gesamtlebenszeit<br />
vier bis fünf, höchstens sechs Jahre. Hongo<br />
(1989) kam bei Aussaatversuchen in neu eingesätem<br />
Grasland zu ähnlichen Ergebnissen. Von der Lebensform<br />
her zählen sie zu den Hemikryptophyten, den<br />
Erdschürfepflanzen, da sich ihre Überdauerungsknospen<br />
nahe der Bodenoberfläche befinden.