Sonderheft 255 Special Issue - Johann Heinrich von Thünen-Institut
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W. Hartl / <strong>Sonderheft</strong> Landbauforschung Völkenrode (2003) SH <strong>255</strong>:19 19<br />
2.1.1.2 Evaluierung verschiedener nichtchemischer Regulierungsmaßnahmen bei der<br />
Acker-Kratzdistel mit besonderer Berücksichtigung der Wurzelökologie<br />
<strong>von</strong> Wilfried Hartl<br />
Zusammenfassung<br />
Ziel des vorliegenden Projektes war, einerseits die<br />
aktuellen Probleme mit Acker-Kratzdistel auf biologisch<br />
wirtschaftenden Betrieben Österreichs sowie die<br />
derzeit angewandten Bekämpfungsmethoden zu erfassen<br />
und andererseits konkrete Regulierungsmaßnahmen<br />
mit den Schwerpunkten Konkurrenzpflanzen<br />
und Bodenbearbeitung auf ihre Wirksamkeit in der<br />
Praxis zu überprüfen.<br />
Fragebogenerhebungen bei biologisch wirtschaftenden<br />
Landwirten (Rücklauf n=423) ergaben, dass die<br />
Probleme durch Acker-Kratzdistel mit der Umstellung<br />
auf biologische Wirtschaftsweise und dem Anbau <strong>von</strong><br />
konkurrenzschwachen Grünbrachen einhergehen.<br />
Betroffen sind sowohl reine Marktfruchtbetriebe als<br />
auch Betriebe mit Viehhaltung und Ackerbau, selten<br />
Betriebe mit einem höheren Anteil an Klee oder Luzerne.<br />
In der Praxis werden oft sehr arbeitsintensive<br />
Bekämpfungsmaßnahmen wie Distelstechen bzw.<br />
Ausreißen mit beschränktem Erfolg eingesetzt.<br />
Die Ergebnisse der 12 mehrjährigen Praxisversuche<br />
konnten die Möglichkeiten des Einsatzes <strong>von</strong> Konkurrenzpflanzen<br />
bzw. <strong>von</strong> Bodenbearbeitungsmethoden<br />
und deren kurz- und mittelfristige Auswirkungen<br />
aufzeigen.<br />
Der Vergleich <strong>von</strong> lockernder mit wendender Bodenbearbeitung<br />
im Zuge der Grundbodenbearbeitung<br />
ergab nur geringe Auswirkungen auf die Entwicklung<br />
der Acker-Kratzdistel. Bei mehrmaligem Einsatz im<br />
Rahmen einer Schwarzbrache konnte die wendende<br />
Bodenbearbeitung das Auftreten der Acker-<br />
Kratzdistel wesentlich stärker reduzieren als die lockernde<br />
Bodenbearbeitung. In diesem Versuch wurden<br />
aber auch die Nachteile einer Schwarzbrache<br />
deutlich: trotz hoher Kosten kam es nur zu einer kurzfristigen<br />
Unterdrückung der Acker-Kratzdistel, jedoch<br />
zu einer negativen Beeinflussung des Stickstoffhaushaltes<br />
im Boden. Die Verlagerung <strong>von</strong> Nitrat in tiefe<br />
Bodenschichten hat Nährstoffverluste und mittelfristig<br />
einen Konkurrenzvorteil der Acker-Kratzdistel als<br />
Tiefwurzler zur Folge.<br />
Eine einmalige Tiefenlockerung auf 60 cm konnte die<br />
Verunkrautung durch Acker-Kratzdistel längerfristig<br />
Ludwig Boltzmann-<strong>Institut</strong> für Biologischen Landbau und<br />
angewandte Ökologie, A-1110 Wien<br />
reduzieren, ohne die Stickstoffdynamik des Bodens<br />
negativ zu beeinflussen.<br />
Die große Bedeutung der Pflanzenkonkurrenz als für<br />
den Biologischen Landbau adequates Regulierungsinstrument<br />
zeigte sich in zwei Versuchen mit Winterwicke<br />
(Vicia villosa). Sowohl als vollwertiges Fruchtfolgeglied<br />
zur Saatgutproduktion wie auch als Hauptkomponente<br />
in einer Grünbrachemischung bewirkte<br />
sie eine effektive und langandauernde Unterdrückung<br />
der Distel.<br />
Weitere Versuche bestätigten die hohe Konkurrenzkraft<br />
der Luzerne (Medicago sativa) unter der Voraussetzung<br />
eines dichten Bestandes und optimaler<br />
Pflege (mehrmaliges Häckseln).<br />
Die Bedeutung der Sortenwahl bei den Kulturpflanzen<br />
wird durch das Ergebnis einer konkurrenzstarken<br />
Kartoffelsorte A, welche die Distelbiomasse im Vergleich<br />
zu einer konkurrenzschwachen Sorte B um<br />
65% reduzierte, unterstrichen.<br />
Im Rahmen einer Diplomarbeit, welche sich der Untersuchung<br />
der Reservekohlenhydratdynamik in den<br />
Wurzeln der Acker-Kratzdistel widmete, wurden die<br />
physiologisch günstigsten Bekämpfungszeitpunkte<br />
(kurz vor der Vollblüte und nach dem Austrieb neuer<br />
Blätter Anfang September) ermittelt.<br />
Durch Kombination der in diesem Projekt evaluierten<br />
Maßnahmen kann die Acker-Kratzdistel auch im<br />
Biologischen Landbau nachhaltig unterdrückt werden.<br />
Bei zahlreichen Fachtagungen, Seminaren, “Disteltagen”<br />
und Exkursionen zu Versuchsflächen wurden die<br />
Ergebnisse Landwirten und Beratern vorgestellt und<br />
Erfahrungen ausgetauscht.