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Reichwald, Ralf / Piller, Frank

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Interaktive Wertschöpfung in der Produktion: Mass Customization<br />

4.1.2 Mass Customization als Ausprägung einer<br />

Produktindividualisierung<br />

Mass Customization wird in der Literatur als Antwort auf die zunehmende<br />

Individualisierung der Nachfrage gesehen, die wir in Abschnitt 2.2.3 diskutiert haben<br />

(Blaho 2001; <strong>Piller</strong> 1998, 2006a; Pine 1993; <strong>Reichwald</strong> / <strong>Piller</strong> 2002; Schnäbele 1997). Der<br />

Ausdruck Mass Customization ist ein Oxymoron, das die an sich gegensätzlichen<br />

Begriffe “Mass Production” und “Customization” verbindet (als deutsche Übersetzung<br />

hat sich “kundenindividuelle Massenproduktion” durchgesetzt). Der Begriff wurde<br />

von Davis (1987) geprägt, der ausgehend von einem Beispiel aus der Bekleidungsindustrie<br />

das Phänomen zum ersten Mal beschrieben hat: “Mass Customization of<br />

markets means that the same large number of customers can be reached as in mass<br />

markets of the industrial economy, and simultaneously they can be treated individually<br />

as in the customized markets of pre-industrial economies” (Davis 1987: 169). Er<br />

bezieht sich dabei auf Gedanken von Toffler (1970), der aufbauend auf der These der<br />

zunehmenden Individualisierung der Gesellschaft den Zerfall von Massenmärkten<br />

(“Entmassung”) und die Orientierung der Produkterstellung an den Wünschen und<br />

Bedürfnissen des einzelnen Individuums vorhersagte. Seit Pine (1993) mit seiner<br />

Buchveröffentlichung den Grundstein für die breite Diskussion um Mass<br />

Customization gelegt hat, sind unzählige Veröffentlichungen zu diesem Thema<br />

erschienen (siehe <strong>Piller</strong> 2006a für eine Übersicht). Dominiert in den meisten Beiträgen<br />

die Euphorie, werden verstärkt auch kritische Stimmen laut (Agrawal / Kumaresh /<br />

Mercer 2001; <strong>Piller</strong> / Ihl 2002; Zipkin 2001).<br />

Auf eine kurze Formel gebracht, bedeutet Mass Customization “producing goods and<br />

services to meet individual customer’s needs with near mass production efficiency”<br />

(Tseng / Jiao 2001). Angesichts der breiten Verwendung des Begriffs für alle möglichen<br />

Formen kundenbezogener Leistungserstellung (oder auch einer klassischen<br />

Variantenfertigung) wollen wir aber eine etwas ausführlichere Beschreibung verwenden,<br />

die die Definition von Tseng und Jiao sowie auch unsere eigenen früheren<br />

Definitionen konkretisiert (siehe <strong>Piller</strong> 1998, 2006a; <strong>Reichwald</strong> / <strong>Piller</strong> 2003).<br />

Mass Customization (kundenindividuelle Massenproduktion) bezeichnet die<br />

Produktion von Gütern und Leistungen für einen (relativ) großen Absatzmarkt, welche<br />

die unterschiedlichen Bedürfnisse jedes einzelnen Nachfragers dieser Produkte treffen.<br />

Die Produkte und Leistungen werden dabei in einem Co-Design-Prozess gemeinsam<br />

mit den Kunden in einem Interaktionsprozess definiert. Die Produkte werden dabei zu<br />

Preisen angeboten, die der Zahlungsbereitschaft von Käufern vergleichbarer massenhafter<br />

Standardprodukte entsprechen, d. h. die Individualisierung impliziert keinen<br />

Wechsel des Marktsegments in exklusive Nischen, wie dies bei einer klassischen<br />

Einzelfertigung der Fall ist. Eine solche Position kann langfristig nur erreicht werden,<br />

wenn aus einer Gesamtkostenbetrachtung die Leistungserstellung entlang der gesamten<br />

Wertschöpfungskette trotz Individualisierung zu einer Effizienz möglich ist, die<br />

der von Produktion und Vertrieb (massenhafter) Standardprodukte nahe kommt.<br />

Wesentliches Element zur Erreichung dieser Position ist die Etablierung eines stabilen<br />

Lösungsraumes, der dann abnehmerbezogen konkretisiert wird (<strong>Piller</strong> 2006a).<br />

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